Premiere unternimmt offenbar neuen Anlauf zur Ausstrahlung von Pornografie
Premiere World unternimmt offenbar einen neuen Anlauf zur Ausstrahlung von Pornografie. Die in der Schweiz ansässige Erotic Media AG (Erotic Media) wolle ab dem Anfang 2003 auf der Plattform des Bezahlfernsehsenders Sexfilme anbieten, meldete die Nachrichtenagentur Reuters am 24.10.2002. Dabei sollten erstmals auch Filme gesendet werden, die bisher nur über Videotheken oder das Internet erhältlich seien. Ein Sprecher des deutschen Tochterunternehmens Erotic Media GmbH erklärte gegenüber Reuters, der gesetzlich geforderte Jugendschutz sei dabei durch die Eingabe zweier verschiedener PIN-Nummern gewährleistet. Nach Eingabe der PINs könnten die Kunden für 9,50 Euro das Angebot drei Stunden lang nutzen. Erotic Media rechnet für das erste Jahr nach eigenen Angaben mit 1000 bis 1500 Anrufern pro Jahr. Mit der Meldung von Reuters bestätigen sich Berichte der Zeitschrift Capital vom Juli 2002, Premiere World-Chef Georg Kofler hoffe, durch das Anbieten von Pornografie nicht nur neue Kunden zu gewinnen, sondern auch mehr Geld einzunehmen als bisher. Dass die Verbreitung pornografischer Darstellungen durch den Rundfunk nach geltendem Recht verboten sei, schrecke Kofler nicht.
Ob das Verbot der Verbreitung von Pornografie über den Rundfunk ohne Einschränkungen auch für den Bereich des Bezahlfernsehens gilt, ist umstritten. Die Bayerische Landesanstalt für Neue Medien (BLM) hat erst Mitte April 2002 in München ein Gutachten des Freiburger Professors Hans-Jörg Albrecht zu der Frage vorgestellt. Der Strafrechtler kommt in seiner Untersuchung zu dem Schluss, der Gesetzgeber habe Pornografie im Rundfunk unabhängig von der Ausstrahlungsart ausnahmslos untersagt. Eine einschränkende Auslegung, dass nur unverschlüsselte Sendungen strafbar seien, sei wegen des eindeutigen Wortlauts der entsprechenden Vorschriften nicht möglich. Strafbar mache sich deshalb grundsätzlich auch, wer pornografische Sendungen verschlüsselt ausstrahle. Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat im Februar 2002 bestätigt, dass das grundsätzliche Verbot von Pornografie im von der Rechtsprechung entwickelten Sinn auch für das Bezahlfernsehen gilt. Die Richter bestätigten eine Entscheidung der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM) vom Oktober 1997 gegenüber Premiere World, die im Oktober 2000 bereits vom Verwaltungsgericht Hamburg (VerwG) gebilligt worden war. Die Bundesrichter ließen allerdings offen, ob die Verschlüsselungstechnik von Premiere World zuverlässig verhindert, dass Jugendliche und Heranwachsende jugendgefährdende Filme sehen können. Diese Frage soll nun das VG klären, an das das BVerwG die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückverwies.
Nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sind im privaten wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Sendungen unzulässig, wenn sie gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen (StGB). Angesprochen ist damit vor allem § 184 Absatz 2 StGB, der die Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Rundfunk verbietet. Der Begriff der Pornografie selbst ist gesetzlich nicht geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Darbietung dann pornografisch, wenn unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreisserischer Weise in den Vordergrunde gerückt werden und dies ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt. Dabei soll es nach der Rechtsprechung anderer deutscher Obergerichte vor allem darauf ankommen, dass die Darstellung einen Menschen zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigung jedweder Art degradiert, ohne dass ein Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen verbleibt. Falls eine Darstellung keine Pornografie darstellt, aber geeignet ist, das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen, darf sie nach § 3 Absatz 2 des RStV nur gesendet werden, wenn der Veranstalter aufgrund der Sendezeit oder auf andere Weise Vorsorge trifft, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen die Sendungen üblicherweise nicht wahrnehmen.
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