EU-Regisseure fordern Einfuhrverbot für "entschärfte" US-Filme
Die Filmregisseure in der Europäischen Union (EU) fordern ein europaweites Einfuhrverbot für in den USA auf Kundenwunsch "entschärfter" Filme mit nicht jugendfreien oder gewalttätigen Szenen. Die Fédération européenne des Réalisateurs de l'Audiovisuel (FERA) erklärte am 18.10.2002 in Brüssel, sie unterstütze die US-amerikanischen Filmregisseure in ihrem Kampf mit der Verwertungswirtschaft um die Integrität ihrer Werke. Es sei nicht hinzunehmen, das wegen der fehlenden Anerkennung von Urheberpersönlichkeitsrechten in den USA "Zensur aus kommerziellen Gründen" ("censures pour des raisons commerciales") möglich werde. Die EU und die Regierungen in den EU-Mitgliedsstaaten forderte die FERA auf, "geschlossen" gegen eine Entwicklung vorzugehen, in deren Verlauf Filme aus kommerziellen Gründen ohne Rücksicht auf die Urheber geschnitten und in anderer Weise verändert würden. Der Verband warnte, bei dieser "Zensur" handele es sich "regelrecht um Angriffe auf die Meinungsfreiheit der Urheber" (véritablement d'attaques contre la liberté d'expression des auteurs") und damit letzten Endes um die Verletzung von Menschenrechten. Auch die USA hätten sich durch die Ratifizierung der Berner Übereinkunft im Jahr 1989 zum Schutz der Urheberpersönlichkeitsrechte verpflichtet.
In den USA schwelt seit Monaten ein Streit zwischen den Filmregisseuren und einer Reihe von Videotheken, die sich auf die "Zensur" von Videofilmen im Kundenauftrag verlegt haben. Die Unternehmen entfernen aus aktuellen Hollywood-Filmen Nackt- und Gewaltszenen und blenden vulgäre oder obszöne Ausdrücke aus. Teilweise müssen die Kunden dafür eigene Videokassetten zur Verfügung stellen, teilweise bieten die Firmen die Beschaffung der Vorlage gleich selbst an. Ansässig sind die Unternehmen vor allem im US-Bundesstaat Utah, wo ein Großteil der als sehr konservativ geltenden Anhänger der Kirche der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) lebt. Die "entschärften" Filme finden aber in den gesamten USA Abnehmer. Die in der Directors Guild of America (DGA) organisierten Filmregisseure der USA werfen den Videotheken vor, ihr Angebot sei rechtswidrig. Die "Entschärfung" sei urheberrechtlich gesehen eine Bearbeitung und deshalb erlaubnispflichtig. Wer sich einen "entschärften" Film ansehe, sehe außerdem nicht das, was der Regisseur habe zeigen wollen. Der Verkauf und die Vermietung entsprechender Filme sei aus diesem Grund auch irreführend und verletze fremde Markenrechte. Eines der umstrittenen Unternehmen, die Firma CleanFlicks, hat mittlerweile die Flucht nach vorn angetreten und gegen 16 bekannte Regisseure Klage vor einem US-Bezirksgericht in Denver erhoben. CleanFlicks, mit mehr als 70 Läden Marktführer der Branche, will gerichtlich feststellen lassen, dass es zum Vertrieb von im Kundenauftrag "gereinigter" Filme berechtigt ist.
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