Vorstoß im US-Kongress für Recht auf digitale Privatkopie
Mitglieder des US-Repräsentantenhauses haben einen Vorstoß für die Beibehaltung des Rechts zur Privatkopie im digitalen Bereich unternommen. Die Abgeordnete Zoe Lofgren stellte am 2.10.2002 in Washington den Entwurf eines Digital Choice and Freedom Act of 2002 vor, der das ihrer Meinung nach verschobene Gleichgewicht zwischen Urheber- und Verbraucherinteressen im Bereich der digitalen Medien wiederherstellen soll. Nach den Vorstellungen der Demokratin sollen Verbraucher DVDs, Musik-CDs und E-Books nicht nur zu privaten Zwecken vervielfältigen und ohne Einschränkungen weiterverbreiten dürfen. Lofgren will darüber hinaus auch gestatten, technische Schutzmaßnahmen zu umgehen, die die Ausübung von Verbraucherrechten behindern. Darüber hinaus sollen Verbraucher auch durch ein Verbot von sogenannten "Schutzhüllenverträgen" ("shrink wrap licenses") geschützt werden, die ihnen die angemessene Nutzung urheberrechtlich geschützten Materials untersagen. Vor allem diese Forderung ist bemerkenswert für ein Land, dem der kontinentaleuropäische Ansatz der Kontrolle allgemeiner Geschäftsbedingungen weitgehend fremd ist. "Die Verbraucher benötigen eine Stimme in dieser Debatte", meinte Lofgren bei Vorstellung ihres Gesetzentwurfs. Bisher werde die Diskussion über die Anpassung des Urheberrechts nur zwischen Unterhaltungsindustrie und Geräteherstellern geführt. Die Rechte und Erwartungen der Verbraucher dürften aber nicht ignoriert werden, warnte die Abgeordnete.
Der Vorstoß im US-Repräsentantenhaus steht in deutlichem Widerspruch zu den Vorstellungen der Bundesregierung zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht. Der Ende August 2002 im Bundesrat eingebrachte Regierungsentwurf stellt zwar klar, dass sich das sogenannte "Recht zur Privatkopie" nach § 53 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) auch auf digitale Vervielfältigungen erstreckt. Andererseits wird es aber erstmals ausdrücklich für zulässig erklärt, dass die Rechteinhaber eben diese Vervielfältigungen durch "technische Maßnahmen", also beispielsweise Kopierschutzvorrichtungen, vereiteln. Eine Ausnahme macht der von der Bundesregierung vorgeschlagene neue § 95 b UrhG lediglich für Vervielfältigungen auf Papier oder einen ähnlichen Träger, und auch das nur für den Fall, dass die geschützten Inhalte nicht "aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung in einer Weise zugänglich gemacht werden, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind". Angesprochen sind damit die Versuche der Rechteinhaber, das Recht zur Privatkopie im Onlinebereich durch sogenannte "Mausklicklizenzen" völlig auszuhebeln. Nach dem Regierungsentwurf soll die Entfernung von Kopierschutzvorrichtungen in Zukunft auch strafbar sein. Straffrei bleiben soll allerdings der, der "ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch" oder zu Gunsten "persönlich verbundener Personen" handelt.
Dokumente:
- Pressemitteilung von Lofgren v. 2.10.2002
- Regierungsentwurf zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie v. 31.7.2002, BR-Drs. 684/02
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie) v. 22.5.2001, 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
Institutionen:
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