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07.10.2002; 18:35 Uhr
Software ermöglicht "Entschärfung" von Videofilmen für den Hausgebrauch
Sex, Gewalt und Flüche lassen sich per Mausklick ausblenden

Der Streit in den USA um die "Entschärfung" nicht jugendfreier oder gewalttätiger Filme auf Kundenwunsch könnte sich durch eine neue Software teilweise erledigen. Mit dem Programm "MovieMask" des US-Unternehmens Trilogy Studios können Verbraucher aus DVDs, die sie auf dem heimischen Rechner ablaufen lassen, Sexszenen, Gewalttätigkeiten und vulgäre und obszöne Ausdrücke per Mausklick ausblenden lassen. Die DVD wird dabei nicht geändert, die "Überblendung" der unerwünschten Szenen übernimmt "MovieMask". Die Software greift dafür auf eine von Trilogy Studios erstellte Datenbank zu, die bereits für über 120 Filme entsprechende Angaben enthält, darunter so bekannte Titel wie "Titanic", "The Matrix", "Fight Club" und "Gladiator". Die einzelnen Einstellungen werden von "MovieMask" in die Altersstufen bis acht, zwölf, 16 und 19 Jahre eingeordnet. Achtjährigen werden auf diesem Weg auf Wunsch beispielsweise nicht nur Begriffe wie "Trottel" ("moron") und "Halt's Maul" ("shut up") vorenthalten, sondern auch Familienstreit und Scheidungsszenen. Trilogy Studios empfiehlt die Software für allem für verantwortungsbewusste Eltern, die ihre Kinder vor unerwünschten Einflüssen schützen wollen. Was die Urheberrechte an den Filmen betrifft macht sich Trilogy Studios nach eigenen Angaben keine Gedanken. Wer einen Film gekauft habe, dürfe ihn auch bearbeiten, zitiert das Unternehmen in seinem Internetangebot den US-Urheberrechtler Lee Hollar. "Wenn die Leute ein Buch kaufen, zwingt sie ja auch niemand, es von vorn bis hinten durchzulesen", meint der Professor.

In den USA schwelt seit Monaten ein Streit zwischen den Filmregisseuren und einer Reihe von Videotheken, die sich auf die "Zensur" von Videofilmen im Kundenauftrag verlegt haben. Die Unternehmen entfernen aus aktuellen Hollywood-Filmen Nackt- und Gewaltszenen und blenden vulgäre oder obszöne Ausdrücke aus. Teilweise müssen die Kunden dafür eigene Videokassetten zur Verfügung stellen, teilweise bieten die Firmen die Beschaffung der Vorlage gleich selbst an. Ansässig sind die Unternehmen vor allem im US-Bundesstaat Utah, wo ein Großteil der als sehr konservativ geltenden Anhänger der Kirche der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) lebt. Die "entschärften" Filme finden aber in den gesamten USA Abnehmer. Die in der Directors Guild of America (DGA) organisierten Filmregisseure der USA werfen den Videotheken vor, ihr Angebot sei rechtswidrig. Die "Entschärfung" sei urheberrechtlich gesehen eine Bearbeitung und deshalb erlaubnispflichtig. Wer sich einen "entschärften" Film ansehe, sehe außerdem nicht das, was der Regisseur habe zeigen wollen. Der Verkauf und die Vermietung entsprechender Filme sei aus diesem Grund auch irreführend und verletze fremde Markenrechte. Eines der umstrittenen Unternehmen, die Firma CleanFlicks, hat mittlerweile die Flucht nach vorn angetreten und gegen 16 bekannte Regisseure Klage vor einem US-Bezirksgericht in Denver erhoben. CleanFlicks, mit mehr als 70 Läden Marktführer der Branche, will gerichtlich feststellen lassen, dass es zum Vertrieb von im Kundenauftrag "gereinigter" Filme berechtigt ist.

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