Verleihrichtlinie in der EU sehr uneinheitlich umgesetzt
Die Richtlinie zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums vom 19.11.1992 (Vermiet- und Verleihrechts-RL) wird innerhalb der Europäischen Union (EU) sehr unterschiedlich gehandhabt. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht der Europäischen Kommission (Kommission), der am 16.9.2002 in Brüssel veröffentlicht wurde. In einigen Mitgliedsstaaten sei die Richtlinie bisher überhaupt nicht umgesetzt worden, in anderen sei die Umsetzung ungenügend, rügen die Verfasser des Papiers. Der für den EU-Binnenmarkt zuständige Kommissar Frits Bolkestein meinte anlässlich der Vorstellung des Berichts, das Verleihrecht sei "an einem entscheidenden Punkt angelangt". Zwar müsse der Öffentlichkeit auch in Zukunft ein bequemer Zugang zu Kulturgütern möglich sein. Andererseits müsse eine angemessene Vergütung für die Urheber gewährleistet sein. Besonderes Augenmerk verdiene in diesem Zusammenhang die Entwicklung des Einsatzes neuer Technologien beispielsweise in Bibliotheken, die möglicherweise bald eine "Online-Ausleihe" ermögliche. Die Kommission kündigte an, die Einleitung weiterer Maßnahmen zu prüfen.
Mit der Umsetzung der Vermiet- und Verleihrechts-RL ist es nach dem Bericht in einer ganzen Reihe von EU-Mitgliedsstaaten schlecht bestellt. Gegen Belgien hat die Kommission bereits wegen Nichtumsetzung der Richtlinie Klage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) erhoben. In Frankreich, Griechenland und Luxemburg erhalten die Rechteinhaber für die öffentliche Ausleihe ihrer Werke keine Vergütung. In Schweden wird eine Entschädigung nur an einheimische oder im Land ansässige Urheber gezahlt, in Dänemark und Finnland gibt es Urheberrechtabgaben nur für Werke, die in der Landessprache verfasst sind. Bei der Kommission auf Kritik gestoßen sind auch die Regelungen in Spanien, Irland, Italien, den Niederlanden, Portugal, Finnland und dem Vereinigte Königreich. Die Behörde moniert, in einigen dieser Länder seien so weitreichende Ausnahmen vom Vermiet- und Verleihrecht geschaffen worden, dass im Ergebnis die meisten betroffenen Einrichtungen freigestellt würden. Dadurch werde das Verleihricht "ausgehöhlt", heisst es in dem Bericht.
Dokumente:
- Pressemitteilung der Kommission v. 16.9.2002
- Bericht der Kommission v. 16.9.2002
- Richtlinie des Rates zum Vermietrecht und Verleihrecht v. 19.11.1992 (92/100/EWG), konsolidierte Fassung
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 832:
https://www.urheberrecht.org/news/832/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.