US-Gericht untersagt Bertelsmann Übernahme von Napster
Der deutsche Medienkonzern Bertelsmann ist endgültig mit seinem Plan gescheitert, die angeschlagene Musiktauschbörse Napster zu übernehmen. Ein US-Konkursgericht in Delaware lehnte am 3.9.2002 überraschend einen Einstieg der Gütersloher bei dem US-Unternehmen ab. Richter Peter Walsh begründete die Entscheidung vor allem damit, dass das bisherige Verhalten des von Bertelsmann entsandten vorübergehenden Napster-Geschäftsführers Konrad Hilbers Interessenkonflikte bei der Weiterführung der Musiktauschbörse befürchten lasse. Für Napster, das bereits Anfang Juni Gläubigerschutz beantragt hatte, bedeutet die Entscheidung mangels anderweitiger Geldgeber das endgültige Aus. Den letzten 42 Angestellten der Firma wurde noch am gleichen Tag gekündigt. Bertelsmann will nach eigenen Angaben nicht gegen den Gerichtsbeschluss vorgehen. Unternehmenssprecher Gerd Koslowski erklärte für die Bertelsmann Direct Group, man werde die Entscheidung des Gerichts "akzeptieren". Das Aus für die Übernahme von Napster kommt für die Gütersloher möglicherweise nicht ungelegen. Gunter Thielen, der Nachfolger des vor wenigen Wochen geschassten Konzernchefs Thomas Middelhoff, will sich ohnehin verstärkt aus dem Direktvertrieb über das Internet zurückziehen.
Napster war im Mai 1999 von dem damals 19jährigen Shawn Fanning im kalifornischen Redwood City gegründet worden. Im Internetangebot des Unternehmens konnten Nutzer untereinander kostenlos Musikdateien im beliebten MP3-Format austauschen. Napster hatte innerhalb kurzer Zeit ungeheuren Erfolg. Vorübergehend nutzten nach Unternehmensangaben weltweit mehr als 65 Millionen Nutzer die Musiktauschbörse. Nach einer Klage der US-Musikindustrie wegen Urheberrechtsverletzungen musste das Internetangebot allerdings bereits im Juni 2000 wieder schließen. Im folgenden Jahr durfte Napster seinen Betrieb wieder aufnehmen, musste aber einen Großteil der angebotenen Musikdateien sperren und Filter einsetzen, um weitere Rechtsverletzungen zu verhindern. Bereits im Oktober 2000 hatte sich die Bertelsmann-Gruppe an dem Unternehmen beteiligt. Die Gütersloher hofften, die große Bekanntheit des Internangebots beim Aufbau eines kostenpflichtigen Musikdienstes nutzen zu können. Kredite von rund 85 Millionen US-Dollar und die Entsendung des erfahrenen Bertelsmann-Managers Hilbers waren aber weitgehend erfolglos. Streitigkeiten im Napster-Aufsichtsrat verhinderten lange Zeit, dass Bertelsmann das Ruder des Unternehmens übernehmen konnte. Auch ein millionenschwerer außergerichtlicher Vergleich mit den Rechteinhabern im September 2001 brachte nicht den erhofften Durchbruch.
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