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04.09.2002; 16:12 Uhr
Gutachten soll Streit um Unterrichtsmaterialien zu "Harry Potter" klären
Börsenverein und Schulbuchverleger beauftragen Karlsruher Professor

Buchhandel und Schulbuchverlage wollen durch ein Gutachten dazu beitragen, den Streit um die vom Verlag an der Ruhr herausgegebenen Unterrichtsmaterialien zu den "Harry-Potter"-Romanen der britischen Erfolgsschriftstellerin Joanne Rowling zu klären. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) und der ehemalige Verband der Schulbuchverlage (VdS Bildungsmedien) teilten am 4.9.2002 mit, bei dem Karlsruher Urheberrechtler Willi Erdmann ein Gutachten in Auftrag gegeben zu haben. Der Professor soll die Frage untersuchen, ob und wann Sekundärliteratur zu urheber- und markenrechtlich geschützten Werken zulässig ist. Vorgestellt werden soll das Gutachten Anfang Oktober 2002 auf der Frankfurter Buchmesse. Die dem Gutachter vorgelegten Fragen können bereits jetzt im Internetangebot des Börsenvereins heruntergeladen werden.

"Schulbuchverlage investieren täglich in die Herstellung von Unterrichtsmaterialien zu aktueller Literatur. Sie brauchen Rechtssicherheit, welche Grenzen sie dabei beachten müssen", erklärte der Vorsitzende des VdS Bildungsmedien, Wolf Dieter Eggert, anlässlich der Beauftragung von Erdmann. "Die derzeit laufenden gerichtlichen Auseinandersetzungen um Harry Potter dauern womöglich noch Jahre an und enden mit Einzelfallentscheidungen. Wichtig für die Branche ist aber eine rasche und grundsätzliche Klärung der anstehenden Rechtsprobleme. Mit dem neutralen Gutachten von Prof. Erdmann wird diese herbeigeführt", meinte auch der Vorsitzende des Verlegerausschusses des Börsenvereins, Jürgen Bach.

Rowling und Time Warner als Inhaber der weltweiten Nutzungsrechte an den "Harry Potter"-Romanen hatten es dem Verlag an der Ruhr Anfang Juni 2002 durch einstweilige Verfügung untersagen lassen, sogenannte "Literaturkarteien" für Bücher aus der "Harry Potter"-Serie zu vervielfältigen oder zu verbreiten. Die Antragsteller warfen dem Verlag vor, gegen Urheber-, Titel- und Markenrechte verstoßen zu haben. Bei den sogenannten Literaturkarteien handele es sich um unfreie Bearbeitungen. Die Handreichungen übernähmen unter anderem Handlungsstränge, Namen und Charaktere von Rowlings Romanen. Für eine freie Bearbeitung fehle es an einer Interpretation oder Analyse der verwendeten Vorlage. Anfang Juli 2002 wurde die einstweilige Verfügung aber wieder aufgehoben. Das Landgericht Berlin kam nach mündlicher Verhandlung zu dem Schluss, dass es sich bei den Literaturkarteien um freie Bearbeitungen handele. Die Unterrichtsmaterialien knüpften lediglich an einzelne Elemente der Romane an und stellten im übrigen selbstständige geistige Schöpfungen dar. Rowling und Time Warner haben gegen diese Entscheidung mittlerweile Berufung eingelegt.

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