Däubler-Gmelin kündigt härteres Vorgehen gegen Gewaltdarstellungen an
Die Bundesregierung will künftig härter gegen Gewaltdarstellungen unter anderem im Internet und in Computerspielen vorgehen. Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) kündigte am 11.6.2002 auf einer Justizministerkonferenz in Weimar einen Gesetzentwurf zur Verschärfung des Strafrechts an. Danach soll in Zukunft auch die Darstellung von Gewalt gegen menschenähnliche Figuren in bestimmten Fällen unter Strafe gestellt werden. Bisher ist nur die Schilderung von Gewalttätigkeiten gegen Menschen verboten. Nach dem Willen der Bundesjustizministerin sollen außerdem Regelungen geschaffen werden, die einen Missbrauch der bestehenden Ausnahmeregelungen zu Gunsten der Erziehungsberechtigten verhindern. Nach geltendem Recht bleibt das Anbieten, Überlassen und Zugänglichmachen von Gewaltdarstellungen an einen Minderjährigen straffrei, wenn es durch die Eltern oder einen anderen zur Personensorge Berechtigten erfolgt.
Nach dem Amoklauf von Erfurt hatten Politiker beider großer Volksparteien stärkere Einschränkungen für Gewaltdarstellungen in den Medien gefordert. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte bereits Ende April 2002 erklärt, man müsse sich Gedanken darüber machen, wie die Verbreitung von "Schmutz und Schund" über das Internet unterbunden werden könne. Auch der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hatte sich dafür ausgesprochen, entschiedener gegen gewaltverherrlichende Darstellungen in Computerspielen vorzugehen. Inzwischen haben die ersten Hersteller von Spielesoftware Konsequenzen aus der Diskussion gezogen. Ein deutsches Tochterunternehmen des Medienkonzerns Vivendi Universal kündigte bereits Mitte Mai 2002 an, auf den Vertrieb gewalttätiger US-Computerspiele in Deutschland vorerst verzichten zu wollen. Die Vivendi Universal Interactive GmbH teilte mit, man wolle sich stattdessen in Zukunft auf die Entwicklung "konsensfähiger Spiele für den deutschen Markt" konzentrieren. Ein Unternehmenssprecher verwahrte sich gegen den Vorwurf, Gewalt in Computerspielen führe zu tatsächlicher Gewalt.
Am 26.4.2002 hat ein 19jähriger ehemaliger Schüler des Erfurter Gutenberg-Gymnasiums bei einem Amoklauf sechzehn Menschen erschossen. Getötet wurden vor allem Lehrer der Schule, aber auch zwei Schüler und ein Polizist. Anschließend richtete sich der Täter, der mit einem Schrotgewehr und einer Pistole bewaffnet war, selbst. Nach Erkenntnissen der Polizei besaß der 19jährige für das Gewehr eine Waffenbesitzkarte, die ihm wegen der Mitgliedschaft in einem Erfurter Schützenverein ausgestellt worden war. In der Wohnung des Schülers, der in seinem Bekanntenkreis als unauffällig galt, fanden die Ermittler außerdem große Mengen an Munition für die beiden Waffen. Wie die Polizei weiter bekannt gab, spielte der Amokläufer unter anderem regelmäßig das für seine lebensnahen Gewaltdarstellungen bekannte Computerspiel "Counterstrike". Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPJS) hat eine Indizierung des Spiels Mitte Mai 2002 in einer viel beachteten Entscheidung allerdings abgelehnt.
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