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01.07.2002; 17:31 Uhr
Internetwirtschaft gegen Pläne der Kommission für neue Tabakwerberichtlinie
"Vereinheitlichung nicht erforderlich" - "Angriff auf wirtschaftliche Grundlagen"

Die deutsche Internetwirtschaft hat erhebliche Bedenken gegen die Pläne der Europäischen Kommission (Kommission) für eine neue Tabakwerberichtlinie. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM) forderte die Abgeordneten des Europäischen Parlaments am 1.7.2002 auf, den Richtlinienvorschlag der Kommission vom Mai 2001 abzulehnen oder die geplanten Werbebeschränkungen wenigstens auf den Fernsehbereich zu begrenzen. Für eine Vereinheitlichung im Bereich von Internetangeboten bestehe dagegen "eindeutig" genauso wenig Bedarf wie bei Druckerzeugnissen oder im Hörfunk, meinte der Verband. Die unterschiedlichen Regelungen für diese Bereiche in den Mitgliedsstaaten führten nicht dazu, dass der freie Dienstleistungs- und Warenverkehr beschränkt werde. Obwohl das Internet ein weltweites Medium sei, sei seine grenzüberschreitende Wirkung eher gering. Internetangebote würden wegen der Sprachunterschiede und den unterschiedlichen Nutzerinteressen in der Europäischen Union (EU) in aller Regel nur national oder sogar nur regional genutzt. Die BITKOM warnte außerdem davor, das geplante Werbeverbot für Tabak bedeute "einen kaum zu unterschätzenden Angriff auf eine zentrale wirtschaftliche Grundlage einer vielfältigen und unabhängigen europäischen Medienwirtschaft". Internetangebote seien wegen der im Netz üblichen "Kostenlos-Kultur" in besonderem Maße auf Werbeeinnahmen angewiesen.

Die Kommission hat am 30.5.2001 in Brüssel einen neuen Richtlinienentwurf vorgelegt, der die bestehenden Regelungen in den EU-Mitgliedsstaaten zur Tabakwerbung vereinheitlichen soll. Nach dem Entwurf soll Tabakwerbung künftig in Druckerzeugnissen, Rundfunk und Internet völlig verboten sein. Die Richtlinie untersagt den Tabakherstellern auch das Sponsoring von länderübergreifenden Veranstaltungen. Um eine Umgehung der Verbote zu verhindern, soll auch die Gratisverteilung von Tabakerzeugnissen im Zusammenhang mit Veranstaltungen in bestimmten Fällen verboten sein. Vom Werbeverbot ausgenommen sein sollen nur Werbung im Kino, auf Plakaten und indirekte Werbung. Die Kommission hat darüber hinaus weiter gehende Vorschläge für Maßnahmen zur Bekämpfung des Rauchens angekündigt, beispielsweise für Warnhinweise auf Zigarettenautomaten, den Schutz Jugendlicher bei der Aufstellung solcher Automaten und die Überwachung der Verkaufsförderung von Tabakerzeugnissen. Mit dem Richtlinienentwurf reagierte die Kommission auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der im Oktober 2000 die erste Tabakwerberichtlinie der EU für unwirksam erklärt hatte. Nach Auffassung des EuGH hatte die EU beim Erlass der Richtlinie ihre Zuständigkeiten nach den europäischen Verträgen überschritten.

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