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02.07.2002; 17:10 Uhr
Auch umfassende Beratung und Hilfestellung begründet keine Miturheberschaft
Entscheidung des LG München I - Vorauswahl von Texten keine persönliche geistige Schöpfung

Auch eine umfassende, jahrelange Beratung und Hilfestellung bei der Auswahl von Texten als Grundlage für ein Musikwerk begründet noch keine Miturheberschaft. Das bekräftigte das Landgericht München I (LG) in einer Entscheidung vom 2.7.2002 (Az. 7 O 12953/01). Die Richter wiesen mit ihrem Urteil eine Klage der Erben des ehemaligen Leiters des Bayerischen Staatsarchivs Würzburg, Michel Hofmann, zurück. Hofmann hatte seit dem April 1934 mehrere Jahre lang den Musiker Carl Orff beraten, der bei der Suche nach einem Text für ein Chorwerk auf den sogenannten "Codex Buranus" gestoßen war, eine Sammlung mittelalterlicher Texte aus dem Kloster Benediktbeuren. Teile des "Codex Buranus" wurden schließlich Grundlage der "Carmina Burana", des bekanntesten Chorwerks Orffs. Die Erben Hofmanns beriefen sich darauf, dessen Tätigkeit habe sich nicht auf untergeordnete Hilfsdienste beschränkt, er habe vielmehr eine eigene schöpferische Leistung in die Textauswahl eingebracht. Das LG folgte dem aber nicht. Die Richter meinten, Orff habe sich die Entscheidung über die Verwendung einzelner Texte und ihre Einbindung ins Gesamtwerk immer vorbehalten. In der bloßen Vorauswahl, die Hofmann vorgenommen habe, liege dem gegenüber keine persönliche schöpferische Leistung.

Nach § 8 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) sind mehrere Personen dann Miturheber, wenn sie ein Werk gemeinsam geschaffen haben, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen. Voraussetzung für eine Miturheberschaft ist, dass jeder Miturheber bei der Erschaffung einen eigenen schöpferischen Beitrag geleistet hat. Abzugrenzen ist hier von bloßen Hilfsdiensten und Anregungen einerseits und Organisation, Koordination und Verwertung fremden Schaffens andererseits. Liegt Miturheberschaft vor, stehen das Recht der Veröffentlichung und zur Verwertung des gemeinsam geschaffenen Werkes den Miturhebern zur gesamten Hand zu. Jeder Miturheber ist in diesem Fall berechtigt, Ansprüche aus dem Urheberrecht geltend zu machen, er kann allerdings nur Leistung an alle Miturheber verlangen. Zu unterscheiden ist die Miturheberschaft von der Alleinurheberschaft an mehreren miteinander verbundenen Werken, die in § 9 UrhG geregelt ist. Sie liegt dann vor, wenn mehrere Urheber ihre selbständigen Werke zur gemeinsamen Verwertung miteinander verbunden haben. Der Fall ist dies beispielsweise bei einer Oper, wenn Musik und Libretto von unterschiedlichen Urhebern stammen.

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