ARD wirft FPD wegen TV-Duellen "Sabotage" vor
Die ARD wirft der FDP mit Blick auf deren Ankündigung, die Teilnahme ihres Spitzenkandidaten Guido Westerwelle an den geplanten TV-Duellen von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und seinem Herausforderer Edmund Stoiber (CSU) gerichtlich durchzusetzen, Sabotage vor. ARD-Politikkoordinator Hartmann von der Tann meinte am 28.6.2002 gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die FDP wolle ganz offensichtlich gar nicht teilnehmen, sondern durch den Gang nach Karlsruhe lediglich das TV-Duell "sabotieren". Das sei ein "Eingriff in die Rundfunkfreiheit" und ein "starkes Stück". Die Forderung der Liberalen, auch Westerwelle müsse an den geplanten Sendungen teilnehmen, wies von der Tann nochmals ausdrücklich zurück. Die ARD lasse sich ihr Programm von niemandem vorschreiben. Der Politikkoordinator verwahrte sich außerdem gegen Vorwürfe, die ARD verstoße gegen den Ausschluss Westerwelles gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot. Dieser Grundsatz verlange nur, tatsächlich gleiches gleich zu behandeln. Angesichts ihrer Wahlchancen müssten die freien Demokraten deshalb hinnehmen, anders behandelt zu werden als SPD oder Union.
Die FDP hat ARD und ZDF am 27.6.2002 ein Ultimatum gesetzt. Falls die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Westerwelle bis zum 1.7.2002 nicht doch noch zu den geplanten TV-Duellen einladen, werde man Klage zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erheben. Die Liberalen berufen sich auf ein Gutachten des Düsseldorfers Staatsrechtlers Martin Morlok. Dieser war in einer 26seitigen Untersuchung für die Partei zu dem Schluss gekommen, dass eine Klage der freien Demokraten "gute Chancen" auf Erfolg habe. Die gleiche Ansicht vertritt neben Morlok auch der Mainzer Professor Dieter Dörr. Dörr verweist auf einen Rechtsstreit in Nordrhein-Westfalen, in dem die NPD ihre Teilnahme an einer WDR-Sendung mit Spitzenkandidaten durch Anrufung des BVerfG durchsetzte. Der Staatsrechtler Josef Isensee steht dagegen auf dem Standpunkt, ein Ausschluss der FDP sei mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar. Zwischen den Kanzlerkandidaten von SPD und Union einerseits und denen der anderen im Bundestag vertretenen Parteien andererseits gebe es tatsächliche Unterschiede, die eine Auswahl nicht sachwidrig erscheinen ließen.
Die Berater von Schröder und Stoiber haben sich am 25.4.2002 in Berlin nach mehrstündigen Verhandlungen über die Einzelheiten für die geplanten beiden "TV-Duelle" verständigt. Das erste Zusammentreffen der beiden Kanzlerkandidaten ist danach für den 25.8.2002 bei den Privatsendern RTL und SAT.1 geplant. Das zweite Gespräch am 8.9.2002, also etwa zwei Wochen vor den Bundestagswahlen, von ARD und ZDF ausgestrahlt. Die Sendungen sollen jeweils etwa 75 Minuten dauern. Moderieren werden bei den Öffentlich-rechtlichen Sabine Christiansen und Maybrit Illner. Bei den Privatsendern führen die Moderatoren Peter Limbourg und Peter Kloeppel durch das Gespräch. In den Studios werden keine Zuschauer anwesend sein. Schröder und Stoiber sollen während der Debatte stehen. Der FDP haben die Sender die Teilnahme Westerwelles an zwei TV-Duellen mit Joschka Fischer (Grüne) angeboten, die jeweils direkt im Anschluss an das Aufeinandertreffen von Schröder und Stoiber ausgestrahlt werden sollen.
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