Europäisches Parlament setzt bei audiovisuellen Medien weiter auf Selbstkontrolle
Das Europäische Parlament setzt beim Jugendschutz in den audiovisuellen Medien nach wie vor vor allem auf Selbstkontrolle. Das ergibt sich aus einem Entschließungsantrag des Abgeordneten Christopher Beazley, den das Parlament am 11.4.2002 fast einstimmig verabschiedete. In ihrem Beschluss betonen die Europaparlamentarier, der Schutz des Kindeswohls sei vorrangig Aufgabe der Erziehungsberechtigten. Gleichwohl entlasse dies weder die Anbieter und Verbreiter audiovisueller Inhalte noch die Gesetzgeber in den EU-Mitgliedsstaaten aus ihrer Verantwortung. Ausgesprochen kritisch äußerten sich die Abgeordneten gegenüber jüngsten Bestrebungen in einigen Mitgliedsstaaten, den Zugang zu bestimmten Internetangeboten zu sperren, um so die Verbreitung rechtsextremistischer oder jugendgefährdender Inhalte zu verhindern. Die Volksvertreter begründeten ihre Kritik damit, derart "drastische Maßnahmen" lösten weder das Problem von Internetangeboten außerhalb der Europäischen Union noch die Frage, wie Kinder und Jugendliche vor Inhalten geschützt werden könnten, die Erwachsenen rechtmäßig zugänglich gemacht werden dürften. Das Parlament regte an, statt dessen den Aufbau von Hotlines und die Entwicklung verlässlicher Filter- und Klassifizierungssysteme zu fördern. Auf diesem Weg könnten Eltern am ehesten unterstützt werden, meinten die Abgeordneten.
Der Kampf deutscher Behörden gegen Rechtsextremismus und Pornographie im Internet ist schwierig, weil viele Inhalte, die nach deutschem Recht strafbar sind, im Ausland vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt sind. Um diesem Missstand abzuhelfen, nehmen einige deutsche Bundesländer schon seit längerem die Zugangsanbieter stärker in die Pflicht, die lediglich den Zugriff auf die im Ausland abgelegten fremden Inhalten ermöglichen. Die Bezirksregierung Düsseldorf hatte im November 2001 erfolgreich ein Dutzend Internetprovider aufgefordert, rechtsextremistische Angebote aus den USA für Abrufe deutscher Nutzer zu sperren. Umgesetzt wurde die Blockade durch Änderungen an den Domain Name Servern (DNS) der Provider, die die Zuweisung von Domainnamen an die dazugehörigen IP-Adressen bewerkstelligen. Die Behörde beruft sich gegenüber den Zugangsanbietern auf ihre Befugnisse als Aufsichtsbehörde nach § 18 Absatz 3 des Mediendienstestaatsvertrages (MDStV.) Nach § 5 Absatz 3 des MdStV sind Anbieter für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den Zugang zur Nutzung vermitteln, zwar nicht verantwortlich. Bei Rechtsverstößen sind die zuständigen Behörden gehalten, vorrangig gegen die Anbieter und die Betreiber der Rechner, auf denen die rechtswidrigen Angebote vorgehalten werden, vorzugehen. Falls sich solche Maßnahmen aber als nicht durchführbar oder nicht durchführbar erweisen, ermöglicht es § 18 Absatz 3 des MDStV aber, Maßnahmen zur Sperrung auch gegen reine Zugangsvermittler zu richten.
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