Wachsender Widerstand im US-Kongress gegen kopiergeschützte Musik-CDs
Im US-Kongress wächst der Widerstand gegen Versuche der Musikindustrie, sich durch die Einführung kopiergeschützte Musik-CDs vor rechtswidrigen Vervielfältigungen zu schützen. Der republikanische Abgeordnete Rick Boucher erklärte am 13.3.2002 in Washington, die Musikverleger gingen mit ihren Maßnahmen zu weit. Boucher kritisierte, die Kopierschutzverfahren vereitelten in erheblichem Umfang Verbraucherrechte, ohne einen wirksamen Schutz gegen rechtswidrige Vervielfältigungen zu bieten, wie sie massenhaft auf Musiktauschbörsen im Internet stattfänden. Der Abgeordnete wies darauf hin, dass kopiergeschützte CDs nicht auf allen Wiedergabegeräten abspielbar seien. Außerdem verhinderten sie das sogenannte "format shifting", also beispielsweise das Überspielen einer Musik-CD auf eine Tonbandkassette, um die einzelnen Titel auch unterwegs anhören zu können. Der Musikindustrie warf Boucher vor, diesen Bedenken nach wie vor nicht Rechnung zu tragen. Die Recording Industry Association of America (RIAA) habe ihm gegenüber sogar bekräftigt, sie habe das gesetzliche Recht und die Pflicht, technische Schutzvorrichtungen einzusetzen, um ihre Einkünfte und die der Urheber zu schützen.
Boucher hatte bereits im Januar 2002 mit seiner Forderung Aufregung verursacht, Verbrauchern in gewissem Umfang die Umgehung von Kopierschutzmechanismen zu erlauben. Der Abgeordnete kündigte damals ein Gesetz an, das die durch den Digital Millenium Copyright Act (DMCA) im Jahr 1998 eingeführte sogenannte "Umgehungsklausel" ("circumvention clause") teilweise aufheben werde. Nach dieser Regelung ist die Entfernung von Kopierschutzmechanismen in den USA grundsätzlich untersagt. Geht es nach dem Willen von Boucher, sollen Verbraucher Kopierschutzmechanismen in Zukunft ausschalten dürfen, wenn das für "legitime persönliche Nutzungen" ("legitimate personal uses") erforderlich ist. Die Entfernung zu Zwecken der "Piraterie" ("piracy") soll aber weiter verboten bleiben. Der Senator meinte bereits damals, es gebe eine zunehmende Anzahl von Fällen, wo die geltenden Regelungen zu "ungerechten Ergebnissen" führte, weil Verbraucherrechte durch technische Maßnahmen vereitelt würden. Das gelte beispielsweise mit Blick auf den Audio Home Recording Act (AHRA), der Verbrauchern die Anfertigung digitaler Vervielfältigungsstücke von Tonträgern zu privaten Zwecken ausdrücklich erlaube, im Gegenzug dazu aber die Erhebung von Urheberrechtsabgaben auf bestimmte Geräte und Tonträger regele.
Nach § 1201 des U. S. Copyright Act (USCA) ist die Umgehung technischer Maßnahmen zum Schutz urheberrechtlich geschützter Werke grundsätzlich untersagt. Ein Verstoß gegen dieses Verbot löst nicht nur zivilrechtliche Schadensersatzansprüche aus, sondern kann nach § 1204 USCA auch mit Geldstrafe von bis zu 500.000 US-Dollar oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Voraussetzung für die Strafbarkeit ist allerdings, dass der Verstoß vorsätzlich und zu gewerblichen Zwecken ("purposes of commercial advantage") oder aus privatem Gewinnstreben ("private financial gain") erfolgt. Ausnahmsweise zulässig ist die Umgehung technischer Maßnahmen nur in einer abschließend geregelten Anzahl von Fällen, beispielsweise für Zwecke der Verschlüsselungsforschung. In Deutschland ist die Zulässigkeit von Kopierschutzvorrichtungen bisher nicht gesetzlich geregelt. Das Urheberrechtsgesetz (UrhG) wird aber voraussichtlich bei Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht entsprechend ergänzt werden. Die Bundesregierung will dabei aber am Recht der Verbraucher zur Privatkopie grundsätzlich festhalten. Ein Vertreter des Bundesjustizministeriums hatte bereits im August 2001 erklärt, vollständig sperrende Kopierschutzverfahren seien in Deutschland "nicht erwünscht".
Dokumente:
- Digital Millenium Copyright Act (DMCA) von 1998
- U. S. Copyright Act (U. S. C. Title 17)
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie), 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 587:
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