Verhandlungen über Urheberrechtsabgaben auf Hardware gescheitert
Im Streit zwischen Verwertungsgesellschaften und Geräteherstellern um Urheberrechtsabgaben auf Computer, Drucker und CD-Brenner ist eine weitere Verhandlungsrunde gescheitert. Eine Sprecherin von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) erklärte am 1.3.2002 in Berlin, die vom Bundesjustizministerium (BMJ) moderierten Einigungsbemühungen hätten sich "fünf Meter vor dem Ziel festgefahren". Zwar hätten sich die Vorstellungen der Parteien über die Höhe der Urheberrechtsabgaben im Lauf der Verhandlungen "wesentlich angenähert". Keine Einigung habe es dagegen bei der Frage gegeben, ob das herkömmliche System pauschaler Urheberrechtsabgaben zu Gunsten einer individuellen Abrechnung von Urhebervergütungen aufgegeben werden solle. Nach Darstellung des BMJ hatte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) als Wortführer der Gerätehersteller eine verbindliche Vereinbarung aller Beteiligten über die künftige gesetzliche Regelung des Streits verlangt. Die Verwertungsgesellschaften hatten die Forderung zurückgewiesen. Auch das BMJ lehnte eine entsprechende Übereinkunft ab. Künftiges staatliches Recht könne nicht im Rahmen einer privaten Streitschlichtung festgeschrieben werden, erklärte die Behörde.
Die Gerätehersteller streiten sich mit den Verwertungsgesellschaften schon seit über einem Jahr darüber, ob und in welcher Höhe Urheberrechtsabgaben in Zukunft auch auf Computer, Drucker und CD-Brenner erhoben werden sollen. Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin hatte sich im Mai 2001 in die Verhandlungen eingeschaltet. Nachdem ihre Vermittlungsversuche allerdings erfolglos geblieben waren, hatte sich das BMJ im Oktober 2001 schon einmal aus den Verhandlungen zurückgezogen. Nicht einmal eine Drohung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) war in der Lage gewesen, Bewegung in die festgefahrenen Gespräche zu bringen. Müller hatte im Juni 2001 erfolglos eine gesetzliche Regelung für den Fall angedroht, dass die Verhandlungen scheitern sollten. Als verfrüht erwiesen sich auch Meldungen vom November 2001, Verwertungsgesellschaften und Gerätehersteller seien sich so gut wie einig. Damals war berichtet worden, die Gerätehersteller wollten die bisher bestrittene Vergütungspflicht für Drucker und CD-Brenner grundsätzlich anerkennen und sich für die nächsten drei Jahre zur Zahlung pauschaler Urheberrechtsabgaben für diese Geräte verpflichten. Die Verwertungsgesellschaften sollten im Gegenzug angeblich zunächst darauf verzichten, gerichtlich die Frage klären zu lassen, ob auch Computer im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vergütungspflichtig sind.
Die Gerätehersteller halten pauschale Urheberrechtsabgaben seit langem für überholt und setzen statt dessen auf Systeme zum digitalen Rechtemanagement (DRM). Der Branchenverband BITKOM hat erst Ende Januar 2002 eine Studie des TÜV Informationstechnik Essen (TÜViT) vorgelegt, nach der DRM-Systeme mittlerweile technisch ausgereift, benutzerfreundlich und sicher seien. Die dadurch mögliche Einzelabrechnung von Nutzungen eröffne vor allem Journalisten, Publizisten, Musik- und Filmautoren völlig neue Aussichten bei der Zweit- und Drittfachverwertung ihrer Werke, meinte der Verband. Die Gerätehersteller fordern, der Gesetzgeber müsse den Urhebern deshalb durch die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für DRM die Freiheit zurückgeben, die Nutzung ihrer Werke individuell zu bestimmen und abzurechnen. Entsprechende Lösungen sind nach Auffassung der Unternehmen auch gerechter als pauschale Urheberrechtsabgaben. Letztere würden nämlich auch Geräte verteuern, die nicht zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Inhalte genutzt würden.
Nach Meinung der Verwertungsgesellschaften sind Urheberrechtsabgaben dagegen nach wie vor unverzichtbar. Sie seien nach wie der einzige Weg, den Urhebern zu einer angemessenen Vergütung für die Nutzung ihrer Werke zu verhelfen. Unterstützung bekommen die Verwertungsgesellschaften mit dieser Ansicht seit neuestem auch aus Brüssel. Nach einem Arbeitspapier, das die Dienste der Europäischen Kommission Ende Februar 2002 vorlegten, sind die bestehenden Ansätze für DRM zur Zeit noch keine echte Alternative für Urheberrechtsabgaben. Die Verfasser weisen darauf hin, die bislang verwendeten Verschlüsselungsverfahren hätten sich bisher durchweg als verletzlich erwiesen. Außerdem seien sie zum Teil umständlich und würden dadurch die Nutzung der geschützten Inhalte erschweren. Als weiteres Problem macht die Untersuchung aus, dass die Rechteinhaber dazu neigten, durch DRM auch allgemein akzeptierte Nutzungen auszuschließen. Als Beispiel nennt das Arbeitspapier elektronische Bücher (E-Books), die nur einmal gelesen werden könnten. Schließlich warnen die Autoren auch, durch DRM werde zunehmend die Privatsphäre der Nutzer und der Datenschützer gefährdet.
Dokumente:
- Pressemitteilung des BMJ v. 1.3.2002
- Pressemitteilung der BITKOM vom 4.3.2002
- Pressemitteilung der GEMA vom 1.3.2002
- Arbeitspapier der EU-Kommission vom 27.2.2002
- Studie des TÜV Informationstechnik Essen vom Januar 2002
Institutionen:
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