GEMA droht Herstellern von CD-Brennern mit Millionenklage
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Verwertungsrechte (GEMA) hat Herstellern und Importeuren von CD-Brennern eine Klage in Millionenhöhe angedroht. GEMA-Sprecher Hans-Herwig Geyer bestätigte am 4.4.2002 gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) einen entsprechenden Bericht der Welt. Die Tageszeitung hatte berichtet, die Verwertungsgesellschaft werde den Rechtsweg beschreiten, wenn die Unternehmen nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen die von der GEMA geforderte Urheberrechtsabgabe von zehn Euro pro Gerät zahlen sollten. Entsprechende Aufforderungen seien am 3.4.2002 an den Markführer Hewlett Packard Deutschland und rund 30 weitere Unternehmen verschickt worden, darunter die deutschen Töchter von Philips, Sony, Panasonic, JVC und TDK. Die GEMA ist zuversichtlich, ihre Forderungen vor Gericht durchsetzen zu können. Das Landgericht Stuttgart hatte bereits im Juni 2001 in einem Musterverfahren gegen Hewlett Packard die Auffassung der Verwertungsgesellschaften bestätigt, dass CD-Brenner nach dem Urheberrechtsgesetz (UrhG) abgabenpflichtig sind. Hersteller und Importeure wurden dazu verurteilt, den Verwertungsgesellschaften Auskunft über die Anzahl verkaufter Geräte zu erteilen. Über die Höhe der Abgaben sollten sich die Streitparteien nach dem Willen der Stuttgarter Richter außergerichtlich einigen. Obwohl Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) sich bemüht hatte, zwischen Geräteherstellern und Verwertungsgesellschaften zu vermitteln, waren entsprechende Gespräche Anfang März 2002 aber kurz vor einer Einigung erfolglos abgebrochen worden.
Die Gerätehersteller streiten sich mit den Verwertungsgesellschaften schon seit über einem Jahr darüber, ob und in welcher Höhe Urheberrechtsabgaben in Zukunft auch auf Computer, Drucker und CD-Brenner erhoben werden sollen. Bundesjustizministerin Däubler-Gmelin hatte sich im Mai 2001 in die Verhandlungen eingeschaltet. Nachdem ihre Vermittlungsversuche allerdings erfolglos geblieben waren, hatte sich das BMJ im Oktober 2001 schon einmal aus den Verhandlungen zurückgezogen. Nicht einmal eine Drohung von Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) war in der Lage gewesen, Bewegung in die festgefahrenen Gespräche zu bringen. Müller hatte im Juni 2001 erfolglos eine gesetzliche Regelung für den Fall angedroht, dass die Verhandlungen scheitern sollten. Als verfrüht erwiesen sich auch Meldungen vom November 2001, Verwertungsgesellschaften und Gerätehersteller seien sich so gut wie einig. Damals war berichtet worden, die Gerätehersteller wollten die bisher bestrittene Vergütungspflicht für Drucker und CD-Brenner grundsätzlich anerkennen und sich für die nächsten drei Jahre zur Zahlung pauschaler Urheberrechtsabgaben für diese Geräte verpflichten. Die Verwertungsgesellschaften sollten im Gegenzug angeblich zunächst darauf verzichten, gerichtlich die Frage klären zu lassen, ob auch Computer im Sinne des Urheberrechtsgesetzes vergütungspflichtig sind.
Die Gerätehersteller halten pauschale Urheberrechtsabgaben seit langem für überholt und setzen statt dessen auf Systeme zum digitalen Rechtemanagement (DRM). Der Branchenverband BITKOM hat erst Ende Januar 2002 eine Studie des TÜV Informationstechnik Essen (TÜViT) vorgelegt, nach der DRM-Systeme mittlerweile technisch ausgereift, benutzerfreundlich und sicher seien. Die dadurch mögliche Einzelabrechnung von Nutzungen eröffne vor allem Journalisten, Publizisten, Musik- und Filmautoren völlig neue Aussichten bei der Zweit- und Drittfachverwertung ihrer Werke, meinte der Verband. Die Gerätehersteller fordern, der Gesetzgeber müsse den Urhebern deshalb durch die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für DRM die Freiheit zurückgeben, die Nutzung ihrer Werke individuell zu bestimmen und abzurechnen. Entsprechende Lösungen sind nach Auffassung der Unternehmen auch gerechter als pauschale Urheberrechtsabgaben. Letztere würden nämlich auch Geräte verteuern, die nicht zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Inhalte genutzt würden.
Nach Meinung der Verwertungsgesellschaften sind Urheberrechtsabgaben dagegen nach wie vor unverzichtbar. Sie seien nach wie der einzige Weg, den Urhebern zu einer angemessenen Vergütung für die Nutzung ihrer Werke zu verhelfen. Unterstützung bekommen die Verwertungsgesellschaften mit dieser Ansicht seit neuestem auch aus Brüssel. Nach einem Arbeitspapier, das die Dienste der Europäischen Kommission Ende Februar 2002 vorlegten, sind die bestehenden Ansätze für DRM zur Zeit noch keine echte Alternative für Urheberrechtsabgaben. Die Verfasser weisen darauf hin, die bislang verwendeten Verschlüsselungsverfahren hätten sich bisher durchweg als verletzlich erwiesen. Außerdem seien sie zum Teil umständlich und würden dadurch die Nutzung der geschützten Inhalte erschweren. Als weiteres Problem macht die Untersuchung aus, dass die Rechteinhaber dazu neigten, durch DRM auch allgemein akzeptierte Nutzungen auszuschließen. Als Beispiel nennt das Arbeitspapier elektronische Bücher (E-Books), die nur einmal gelesen werden könnten. Schließlich warnen die Autoren auch, durch DRM werde zunehmend die Privatsphäre der Nutzer und der Datenschützer gefährdet.
Dokumente:
- Arbeitspapier der EU-Kommission vom 27.2.2002
- Studie des TÜV Informationstechnik Essen vom Januar 2002
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 597:
https://www.urheberrecht.org/news/597/
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