Amazon steigt ins Geschäft mit gebrauchten Büchern ein
Nach dem US-amerikanischen Mutterunternehmen steigt nun auch Amazon Deutschland in das Geschäft mit gebrauchten Büchern ein. Verbraucher und Unternehmer haben ab sofort die Möglichkeit, auf den Seiten des Internetbuchhändlers gebrauchte Bücher, Musik-CDs oder DVDs zu Festpreisen anzubieten. Gebrauchtangebote werden dabei unmittelbar neben Neuware angezeigt, so dass Kunden, die ein bestimmtes Produkt suchen, die Möglichkeit zu einem Preisvergleich haben. Das Einstellen von Artikeln ist kostenfrei. Kommt ein Verkauf zustande, wird eine Gebühr von 99 Cent zuzüglich 15 Prozent des Verkaufspreises fällig. Durch die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern wie Mediumbooks, einem Fachhandel für preisgesenkte Bücher, und Funrecords, nach eigenen Angaben Deutschlands größtem Anbieter von gebrauchten CDs, bietet der neue "Marktplatz" schon jetzt eine große Zahl von Angeboten. Amazon Deutschland erhofft sich von dem neuen Geschäftsfeld einen insgesamt höheren Umsatz. Bestärkt wird das Unternehmen von den Erfahrungen in den Vereinigten Staaten. Dort wurden ein Jahr nach dem Start des Angebots Ende 2000 bereits 15 Prozent aller Bestellungen über den "Marktplatz" für gebrauchte Produkte getätigt.
In den USA hatte die Entscheidung von Amazon, in seinem Angebot auch gebrauchte Bücher anzubieten, zu heftigen Protesten US-amerikanischer Autoren und Buchverleger geführt. Die Authors Guild, mit 8000 Mitgliedern eine der größte Autorenvereinigungen der USA, und die Association of American Publishers (AAP) als wichtigster Berufsverband der US-amerikanischen Buchverleger, befürchteten wegen des neuen Dienstes sinkende Verkaufszahlen bei neuen Büchern, sinkende Umsätze und damit auch sinkende Gewinne. Sinkende Gewinne wiederum würden schließlich auch den Buchautoren schaden und sie entmutigen, neue Bücher zu schreiben. Authors Guild und AAP beklagten auch, dass Amazon keinerlei Vorkehrungen getroffen habe, um den Verkauf von Rezensions- und Ansichtsexemplaren, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, zu unterbinden. Positiv angenommen worden ist das neue Angebot in den USA nicht nur von Verbrauchern, sondern auch von kleinen Buchhandlungen und Verlagen, die den Dienst als Möglichkeit entdeckt haben, Remittenden oder zurückgegebene oder leicht beschädigte Bücher an den Mann zu bringen, die bisher oft nicht verwertet werden konnten.
Amazon hatte sich in den USA gegen die Kritik mit der Begründung verteidigt, das Anbieten gebrauchter Bücher werde insgesamt zu einer größeren Nachfrage nach Büchern führen, weil es durch günstigere Preise die Hemmschwelle für spontane Käufe senke. Schließlich habe es immer schon einen Markt für gebrauchte Bücher gegeben, der auf Kosten des Absatzes von neuen Büchern gegangen sei. Auf das Argument der Buchverlage, der Handel mit gebrauchten Büchern habe bisher nie zu nennenswerten Umsatzeinbußen geführt, weil die Suche nach einem bestimmten, gebrauchten Buch bisher ein Glücksspiel gewesen sei, ist Amazon nicht eingegangen. Urheberrechtlich haben Autoren und Verleger weder in den USA noch in Deutschland eine Handhabe gegen den Internetbuchhändler. Nach der "first sale doctrine" des US-amerikanischen Urheberrechts erschöpft sich das Verbreitungsrecht des Urhebers an einem bestimmten Exemplar eines Buches mit der ersten entgeltlichen Entäußerung in den Markt. Der Verkauf eines gebrauchten Buches löst anschließend keine urheberrechtlichen Entgelt- oder Entschädigungsansprüche aus. In Deutschland gilt entsprechendes nach dem sogenannten Erschöpfungsgrundsatz.
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 592:
https://www.urheberrecht.org/news/592/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.