Verhalten von Liberty nach Abmahnung durch Kartellamt unklar
Nachdem das Bundeskartellamt Vorbehalte gegen die Übernahme von sechs regionalen Kabelgesellschaften der Deutschen Telekom durch Liberty Media geäußert hat, ist das weitere Verhalten des US-Unternehmens unklar. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet am 4.2.2002, Liberty Media-Chef John Malone wolle nach wie vor mit der Deutschen Telekom ins Geschäft kommen. In den nächsten Tagen sollten deswegen Nachverhandlungen zwischen den beiden Unternehmen stattfinden, bei denen auch der vereinbarte Kaufpreis noch einmal auf den Prüfstand solle. Liberty Media habe sich solche Nachverhandlungen ausdrücklich vertraglich für den Fall vorbehalten, dass sich die Rahmenbedingungen für die Kabelnetzübernahme nach Vertragsschluss wesentlich veränderten. Das Münchener Nachrichtenmagazin "Focus" meldet dagegen in seiner Ausgabe vom gleichen Tag, das US-Unternehmen denke nach der Abmahnung durch das Bundeskartellamt darüber nach, auf anderem Weg einen Fuß in den deutschen Kabelmarkt zu bekommen. In Betracht gezogen werde dabei vor allem über eine Übernahme des Kabelnetzbetreibers TeleColumbus von der Deutschen Bank, berichtet "Focus" unter Berufung auf Liberty Media-Kreise. Das US-Unternehmen hat bis zum 15.2.2002 Zeit, sich zu den Bedenken des Bundeskartellamts zu äußern. Die Entscheidung über den Kabelnetzverkauf hat die Behörde für den 28.2.2002 angekündigt.
Das Bundeskartellamt hatte am 31.1.2002 mitgeteilt, dass es die Übernahme der Kabelnetze der Deutschen Telekom durch Liberty Media nach jetzigem Stand der Prüfung untersagen werde. Die Wettbewerbshüter begründeten ihre Abmahnung damit, dass das US-Unternehmen beim Zustandekommen des Geschäftes in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung im Endkundenmarkt, Einspeisemarkt und auf dem Signallieferungsmarkt erhalten würde. Das würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs in diesen Bereichen führen. Der Präsident der Behörde, Ulf Böge, wies darauf hin, dass es Liberty Media bisher auch nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass die nachteiligen Folgen für den Wettbewerb auf den Kabelmärkten durch eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten aufgewogen würden. Das Bundeskartellamt hatte vor allem darauf gehofft, dass der Einstieg von Liberty Media zu mehr Konkurrenz im Telefonortsnetz führen könnte, wo die Deutsche Telekom bisher noch weitgehend Alleinanbieter ist. Um über die Kabelnetze in Zukunft auch Internetzugänge oder Sprachtelefonie anzubieten, wären aber erhebliche Ausgaben erforderlich, die Liberty Media offenbar scheut. Stattdessen hatte das US-Unternehmen vorübergehend darüber nachgedacht, eine Minderheitsbeteiligung an Kirchs Bezahlfernsehsender Premiere World zu erwerben. Inzwischen hat der Medienkonzern diese Pläne aber wieder aufgegeben.
Liberty Media hat sich Anfang September 2001 mit der Deutschen Telekom über die Übernahme von sechs regionalen Kabelnetze geeinigt. Das US-Medienunternehmen bekäme mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachten. Der vereinbarte Kaufpreis von 5,5 Milliarden Euro (etwa 10,8 Milliarden Mark) wird allerdings nur fällig, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt. Liberty Media-Chef Malone ist es außerdem gelungen, umfangreiche Ausstiegsklauseln für den Fall durchzusetzen, dass sich die medien- oder wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Vorhaben verschlechtern. Falls das Geschäft zustande kommt, will Liberty Media nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu 1,9 Milliarden Mark (ca. eine Milliarde Euro) in den Ausbau der Kabelnetze und den in den Aufbau neuer Angebote stecken. Dabei sollen in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden, unter anderem in München, wo die Deutschland-Zentrale des Unternehmens angesiedelt werden soll. Liberty Media will die Breitbandnetze auf Digitaltechnik umstellen und dort ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Ob dabei der digitale Fernsehstandard Multimedia Home Platform (MHP) zum Einsatz kommen wird, ist noch unklar. ARD, ZDF, RTL und die Kirch-Gruppe drängen auf die Verwendung der offenen Schnittstelle, um auch den Zugang von Drittanbietern zu den Kabelnetzen sicherzustellen. Liberty Media möchte aus Kostengründen auf MHP verzichten.
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