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21.02.2002; 17:01 Uhr
Verbot von Pornografie gilt nach BVerwG auch für Premiere
"Neuer Pornografiebegriff" abgelehnt - Entscheidung der HAM grundsätzlich bestätigt

Das grundsätzliche Verbot von Pornografie im von der Rechtsprechung entwickelten Sinn gilt auch für den Bezahlfernsehsender Premiere World. Das entschied am 20.2.2002 der sechste Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Berlin (Az. 6 C 13.01). Die Richter bestätigten damit grundsätzlich eine Entscheidung der Hamburgischen Anstalt für neue Medien (HAM) vom Oktober 1997 gegenüber dem Sender, die im Oktober 2000 bereits vom Verwaltungsgericht Hamburg (VerwG) gebilligt worden war. Einer Neubewertung des Begriffs der Pornografie erteilte das BVerwG eine klare Absage. Die Richter liessen allerdings offen, ob die Verschlüsselungstechnik von Premiere World zuverlässig verhindert, dass Jugendliche und Heranwachsende jugendgefährdende Filme sehen können. Diese Frage soll nun das VG klären, an das das BVerwG die Sache zur anderweitigen Entscheidung zurückverwies. Bereits die Hamburger Richter hatten die von Premiere World geforderten "jugendschutzorientierten" Auslegung des Pornografiebegriffs abgelehnt. Das VG stellte sich auf den Standpunkt, der Gesetzgeber habe festgelegt, dass jeder Fall von Pornografie ein Fall schwerer Jugendgefährdung sei. Es verbiete sich deswegen, die Frage nach dem Vorliegen von Pornografie danach zu beantworten, ob eine Darstellung jugendgefährdend sei.

Nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sind im privaten wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk Sendungen unzulässig, wenn sie gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen (StGB). Angesprochen ist damit vor allem § 184 Absatz 2 StGB, der die Verbreitung pornografischer Darbietungen durch Rundfunk verbietet. Der Begriff der Pornografie selbst ist gesetzlich nicht geregelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist eine Darbietung dann pornografisch, wenn unter Hintansetzung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrunde gerückt werden und dies ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung sexueller Reize abzielt. Dabei soll es nach der Rechtsprechung anderer deutscher Obergerichte vor allem darauf ankommen, dass die Darstellung einen Menschen zum bloßen auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde oder Betätigigung jedweder Art degradiert, ohne dass ein Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen verbleibt. Falls eine Darstellung keine Pornografie darstellt, aber geeignet ist, das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen, darf sie nach § 3 Absatz 2 des RStV nur gesendet werden, wenn der Veranstalter aufgrund der Sendezeit oder auf andere Weise Vorsorge trifft, daß Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen die Sendungen üblicherweise nicht wahrnehmen.

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