SPD soll nach Willen von Baden-Württemberg Medienbeteiligungen abgeben
Nach dem Willen von Baden-Württemberg soll sich die SPD von ihren umfangreichen Medienbeteiligungen trennen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) kündigte am 9.3.2002 an, sein Bundesland werde im Bundesrat noch vor der Bundestagswahl am 22.9.2002 einen entsprechenden Vorstoß unternehmen. Bei der Überarbeitung des Parteiengesetzes (PartG) müssten alle deutschen Parteien gezwungen werden, ihre Anteile an Zeitungen, Zeitschriften oder Rundfunksendern aufzugeben. Eine Ausnahme soll nach dem CDU-Politiker nur für reine Partei- oder Mitgliederzeitungen gelten. Teufel begründete seinen Vorschlag damit, Medienbeteiligungen von politischen Parteien verstießen "gegen Wortlaut und Sinn der Verfassung". Das Grundgesetz fordere für die Tätigkeit aller Parteien Transparenz und Chancengleichheit. Vor allem der Durchschaubarkeitsgrundsatz sei aber gefährdet, wenn eine Partei milliardenschwere Medienbeteiligungen verschleiere. Der Ministerpräsident verwies darauf, auch der bekannte Parteienkritiker Hans von Arnim habe diese Praxis als verfassungswidrig verurteilt. Teufel forderte, auch die "Täuschung der Leser" durch die SPD müsse ein Ende haben. "Wer weiß schon, dass etwa die Zeitschrift Ökotest der SPD gehört? Wo SPD drin ist, muss auch SPD drauf stehen", meinte der Regierungschef.
Die SPD ist über die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) an rund 20 Tageszeitungen mit einer täglichen Auflage von insgesamt über zwei Millionen Stück beteiligt, darunter an der Sächsischen Zeitung, der Leipziger Volkszeitung, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung und der Westfälischen Rundschau. Bis auf eine Ausnahme handelt es sich dabei allerdings durchweg um Minderheitsbeteiligungen. Außerdem hält die Partei über die DDVG Anteile an mehreren Rundfunksendern, darunter der Antenne Niedersachen und dem Rheinland-Pfälzischen Rundfunk. CDU und FDP haben keine vergleichbaren Stellung, die CSU kann der geballten Medienmacht der SPD nur ihre Wochenzeitschrift Bayernkurier entgegensetzen. Bei der Opposition auf Kritik gestoßen ist in der Vergangenheit vor allem, dass die SPD ihre Beteiligungen in ihren Rechenschaftsberichten zum sogenannten Buchwert und nicht zum wesentlich höheren Verkehrswert ansetzt. Im Rechenschaftsbericht der Partei für 1998 tauchen die Beteiligungen deshalb mit einem Wert von nur 17,8 Millionen Mark auf (etwa 9,1 Millionen Euro), obwohl der Marktwert der Anteile nach Unionsschätzungen möglicherweise bis zu 500 Millionen Mark (etwa 255,6 Millionen Euro) beträgt. Kritisiert worden war auch, dass die SPD in dem Rechenschaftsbericht Erträge aus den Beteiligungen mit Ausgaben an anderer Stelle verrechnete. Die Bundestagsverwaltung als zuständige Aufsichtsbehörde hat diese Praxis aber ausdrücklich gebilligt. Die nach dem geltenden PartG für die Rechenschaftsberichte vorgeschriebenen "Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung" mache es auch unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks nicht erforderlich, dass die SPD ihre Beteiligungen mit dem Verkehrswert angebe, entschied die Behörde von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) Mitte 2000.
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