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10.01.2002; 16:21 Uhr
RTL will Werbung für "Kraft zum Leben" weiter senden
"Keine unzulässige Werbung" - Sender stellt sich gegen Landesmedienanstalten

Der Sender RTL will die Werbung für das umstrittene Buch "Kraft zum Leben" weiter senden. Eine Sprecherin des Unternehmens meinte am 10.1.2002 gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, bei dem Spot handele es sich nicht um Werbung für eine Religion oder eine Religionsgemeinschaft. Es werde nur ein Buch beworben, das zu einer persönlichen Beziehung zu Gott ermutige. Der Kölner Sender stellt sich damit offen gegen die Gemeinsame Stelle Werbung der deutschen Landesmedienanstalten (GSW). Deren Vorsitzender Wolfgang Thaenert hatte am 8.1.2002 in Kassel erklärt, das Buch "Kraft zum Leben" dürfe im Rundfunk nicht beworben werden. Politische, weltanschauliche und religiöse Werbung sei nach dem Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) im Fernsehen unzulässig. Diese Regelung schließe ein Werbeverbot für Veröffentlichungen ein, in denen für politische, weltanschauliche oder religiöse Inhalte geworben werde. Thaenert hatte angekündigt, die GSW werde den jeweils zuständigen Landesbehörden empfehlen, die weitere Ausstrahlung der Spots zu unterbinden. Die für RTL zuständige Landesmedienanstalt ist nach Auskunft des Senders allerdings noch nicht rechtsaufsichtlich tätig geworden.

Das Buch "Kraft zum Leben" wird von einer christlichen Stiftung, der in Florida ansässigen Arthur DeMoss Foundation, herausgegeben. Das 134 Seiten starke Buch wirbt für einen "persönlichen Glauben" an Jesus und will dazu anleiten, "Freundschaft mit Gott zu schließen". In Deutschland ist es den Herausgebern gelungen, eine Reihe von Prominenten zur Unterstützung ihrer Arbeit zu gewinnen, darunter den FC-Bayern-Spieler Paulo Sergio, den Golfprofi Bernhard Langer und den Sänger Cliff Richards. Die deutsche Internetpräsenz der Stiftung betreut die Christliche Internet-Arbeitsgemeinschaft e. V. (CINA), ein Missionswerk verschiedener freikirchlicher Einrichtungen. Die evangelische Kirche in Deutschland hat sich verhalten kritisch zu dem umstrittenen Buch geäußert. Ein Vertreter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZD), Michael Utsch, warnte vor kurzem in einem Interview mit heute.t-online.de, die DeMoss Foundation sei in den USA dem "rechtsevangelikalen Milieu" zuzuordnen. Dort würden unter anderem homosexuelle Menschen diskreditiert, Abtreibungsgegner massiv unter Druck gesetzt und die Evolutionstheorie gänzlich abgelehnt.

Nach § 7 Abs. 8 S. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RfStV) ist Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art unzulässig. Das Verbot gilt für öffentliche Rundfunkanstalten wie für private Rundfunksender gleichermaßen. Die Regelung soll Vielfalt und Ausgewogenheit der Programme sicherstellen und gewährleisten, dass bei inhaltlichen Beiträgen journalistische Grundsätze eingehalten werden. Unberührt bleibt von der Bestimmung allerdings die Regelung des § 42 RfStV. Nach dieser Vorschrift können die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche und die jüdischen Gemeinden von privaten Rundfunksendern verlangen, dass ihnen angemessene Sendezeit für religiöse Sendungen eingeräumt wird. Den gleichen Anspruch haben politische Parteien während ihrer Beteiligung an den Wahlen zum Deutschen Bundestag oder zum Europäischen Parlament. Eine entsprechende Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten enthalten die Rundfunkgesetze der Länder.

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