Fernsehwerbung für Buch "Kraft zum Leben" unzulässig
Die seit einigen Tagen von allen deutschen Fernsehsendern ausgestrahlte Werbung für das kostenlos vertriebene Buch "Kraft zum Leben" ist nach Auffassung der Gemeinsamen Stelle Werbung (GSW) der Landesmedienanstalten nach geltendem Rundfunkrecht unzulässig. Der Vorsitzende der GSW, Wolfgang Thaenert, wies am 8.1.2002 in Kassel darauf hin, dass nach dem Rundfunkstaatsvertrag politische, weltanschauliche und religiöse Werbung im Fernsehen unzulässig sei. Die Regelung schließe ein Werbeverbot für Veröffentlichungen ein, in denen für politische, weltanschauliche oder religiöse Inhalte geworben werde. Das Buch "Kraft zum Leben" dürfe deshalb im Rundfunk nicht beworben werden, erklärte Thaenert. "Das so genannte Verbot ideeller Werbung gilt unabhängig davon, welche inhaltliche Position vertreten wird und für wie berechtigt man das Anliegen hält", betonte der GSW-Vorsitzende. Man werde den zuständigen Landesmedienanstalten aus diesem Grund empfehlen, die weitere Ausstrahlung der Spots zu unterbinden.
Das Buch "Kraft zum Leben" wird von einer christlichen Stiftung, der in Florida ansässigen Arthur DeMoss Foundation, herausgegeben. Das 134 Seiten starke Buch wirbt für einen "persönlichen Glauben" an Jesus und will dazu anleiten, "Freundschaft mit Gott zu schließen". In Deutschland ist es den Herausgebern gelungen, eine Reihe von Prominenten zur Unterstützung ihrer Arbeit zu gewinnen, darunter den FC-Bayern-Spieler Paulo Sergio, den Golfprofi Bernhard Langer und den Sänger Cliff Richards. Die deutsche Internetpräsenz der Stiftung betreut die Christliche Internet-Arbeitsgemeinschaft e. V. (CINA), ein Missionswerk verschiedener freikirchlicher Einrichtungen. Die evangelische Kirche in Deutschland hat sich verhalten kritisch zu dem umstrittenen Buch geäußert. Ein Vertreter der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZD), Michael Utsch, warnte vor kurzem in einem Interview mit heute.t-online.de, die DeMoss Foundation sei in den USA dem "rechtsevangelikalen Milieu" zuzuordnen. Dort würden unter anderem homosexuelle Menschen diskreditiert, Abtreibungsgegner massiv unter Druck gesetzt und die Evolutionstheorie gänzlich abgelehnt.
Nach § 7 Abs. 8 S. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RfStV) ist Werbung politischer, weltanschaulicher oder religiöser Art unzulässig. Das Verbot gilt für öffentliche Rundfunkanstalten wie für private Rundfunksender gleichermaßen. Die Regelung soll Vielfalt und Ausgewogenheit der Programme sicherstellen und gewährleisten, dass bei inhaltlichen Beiträgen journalistische Grundsätze eingehalten werden. Unberührt bleibt von der Bestimmung allerdings die Regelung des § 42 RfStV. Nach dieser Vorschrift können die evangelischen Kirchen, die katholische Kirche und die jüdischen Gemeinden von privaten Rundfunksendern verlangen, dass ihnen angemessene Sendezeit für religiöse Sendungen eingeräumt wird. Den gleichen Anspruch haben politische Parteien während ihrer Beteiligung an den Wahlen zum Deutschen Bundestag oder zum Europäischen Parlament. Eine entsprechende Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten enthalten die Rundfunkgesetze der Länder.
Dokumente:
- Pressemitteilung der GSW der ALM v. 8.1.2002
- Pressemitteilung der EZW v. 8.1.2002
- Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) vom 31.8.1991 i. d. F. des 5. RfÄndStV vom 6.6.2000, konsolidierte Fassung
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