Deutsche Wirtschaft fordert Rechtsgrundlagen für digitales Rechtemanagement
Die deutsche Wirtschaft drängt die Bundesregierung darauf, bei Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in deutsches Recht die Grundlagen für digitales Rechtemanagement (DRM) und technische Schutzmaßnahmen gegen widerrechtliche Vervielfältigungen zu schaffen. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM) sprach am 10.12.2001 in Berlin von einer "großen Chance, das deutsche Urheberrecht den Zeichen der Zeit anzupassen und die nutzungsabhängige Vergütung wieder zu ermöglichen". Der Geschäftsführer des Verbandes, Bernhard Rohleder, erklärte, die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen müssten den Urhebern die Freiheit zurückgeben, die Nutzung ihrer Werke individuell zu bestimmen und abzurechnen. DRM-Systeme ständen zur Verfügung und seien vielerorts auch bereits im Einsatz. Verabschieden solle sich der Gesetzgeber dagegen von den pauschalen Urheberrechtsabgaben der "analogen Welt", die nicht ins digitale Zeitalter passten. BITKOM erhofft sich von DRM und technischen Schutzmaßnahmen nicht nur eine Unterbindung von Piraterieakten, sondern auch eine "massive Reduzierung von Verwaltungskosten". Gleichzeitig sprach sich der Verband dagegen aus, den Herstellern von Vervielfältigungsgeräten durch neue Geräteabgaben das Risiko unrechtmäßiger Vervielfältigungen aufzubürden.
Im Vorfeld der Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie setzt sich die europäische Informationswirtschaft auch in Brüssel massiv für die Abschaffung der in fast allen EU-Mitgliedsstaaten üblichen Urheberrechtsabgaben auf Vervielfältigungsgeräte ein. Die European Information, Communications and Consumer Electronics Technology Industry Assocation (EICTA) forderte am 6.11.2001, die Erhebung von Urheberrechtsabgaben dürfte nicht auch auf digitale Geräte wie PCs, Drucker, Scanner oder CD-Brenner ausgedehnt werden. Die technische Entwicklung sei inzwischen so weit fortgeschritten, dass mit digitalem Rechtemanagement (DRM) und technischen Schutzmaßnahmen vor unberechtigten Vervielfältigungen bessere Möglichkeiten zur Verfügung ständen, um den Urhebern eine angemessene Belohnung für die private Vervielfältigungen ihrer Werke zu sichern. Entsprechende Lösung seien auch gerechter als pauschale Abgaben, die auch die Geräte verteuerten, die nicht zur Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke genützt würden. Der Verband warnte, Urheberrechtsabgaben hätten nachteilige Auswirkungen für Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft. Außerdem würden sie elektronische Geräte für einen Teil der Verbraucher unerschwinglich machen und damit von der Teilhabe an der Informationsgesellschaft ausschließen. Vorteile hätte der Abschied von Urheberrechtsabgaben nach Auffassung der EICTA nicht nur für Wirtschaft und Verbraucher, sondern auch für die Urheber. Diese seien nicht mehr länger auf Verwertungsgesellschaften angewiesen, sondern könnten selbst "volle Kontrolle" über die Nutzung ihrer Werke übernehmen.
Nach der EU-Urheberrechtsrichtlinie dürfen die EU-Mitgliedsstaaten Vervielfältigungen urheberrechtlich geschützter Werke zu privaten Zwecken in begrenztem Umfang gesetzlich erlauben. Nach der Richtlinie muss aber unter anderem sichergestellt sein, dass die Urheber für diese Nutzung ihrer Werke in jedem Fall einen angemessenen Ausgleich erhalten. Bisher wird dieser Ausgleich in fast allen Ländern der EU durch pauschale Urheberrechtsabgaben gewährleistet, die auf Vervielfältigungsgeräte und -medien erhoben und über Verwertungsgesellschaften an die Urheber ausgezahlt werden. Unbekannt ist dieses System lediglich in Großbritannien, Irland und Luxemburg. Auch das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) erlaubt Vervielfältigungen zu privaten oder sonstigen eigenen Zwecken bisher in weitem Umfang, verpflichtet aber die Hersteller beispielsweise von Leerkassetten, Videobändern oder Fotokopierern zur Zahlung bestimmter Gebühren, die über Verwertungsgesellschaften wie die GEMA, die VG Wort und die VG Bild-Kunst eingezogen und an die jeweils betroffenen Urheber verteilt werden. Die Gerätehersteller halten pauschale Urheberrechtsabgaben seit langem für überholt. Sie verweisen auch darauf, dass die EU-Urheberrechtsrichtlinie Einzelvereinbarungen zwischen Urhebern und Verwertern den Vorzug gebe und die Mitgliedsstaaten keinesfalls zur Erhebung pauschaler Urheberrechtsabgaben zwinge.
Dokumente:
- EU-Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (EU-Urheberrechtsrichtlinie), 2001/29/EG, konsolidierte Fassung
- Urheberrechtsgesetz vom 17.12.1999 (UrhG)
Institutionen:
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