Microsoft verweigert Kommission Offenlegung des Windows-Codes
In dem Kartellverfahren der Europäischen Kommission (Kommission) gegen Microsoft wegen angeblichen Missbrauchs einer beherrschenden Marktstellung hat das Softwareunternehmen sich geweigert, gegenüber Wettbewerbern den Code seines Betriebssystems "Windows 2000" offen zu legen. Das geht nach einer Meldung der New York Times (Times) vom 4.12.2001 aus einer vertraulichen, schriftlichen Stellungnahme des US-Unternehmens gegenüber der Kommission hervor, die vor wenigen Tagen der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) zugespielt wurde. Microsoft beruft sich nach dem Zeitungsbericht darauf, die Kommission würde internationale Urheberrechtsabkommen verletzen, wenn sie das Unternehmen zur Veröffentlichung der Programmanweisungen zwinge. Die Brüsseler Wettbewerbshüter ermitteln bereits seit August 2000 gegen Microsoft. Auslöser war eine Beschwerde von Sun Microsystems, die dem Konkurrenten aus Redmond bereits seit Ende 1998 missbräuchliche Gestaltung von Lizenzbedingungen und Vorenthaltung von Informationen über "Windows"-Schnittstellen vorwirft. Im August 2001 wurde das Kartellverfahren gegen Microsoft ausgeweitet. Die Kommission vermutet, dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung bei Betriebssystemen für Arbeitsplatzrechner auch auf den Markt für Betriebssysteme für Netzwerkserver ausweiten will. Außerdem beanstandet die Brüsseler Behörde, dass Microsoft rechtswidrig seinen "Media Player" an sein Betriebssystem "Windows" gekoppelt hat. EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti schätzt den europäischen Marktanteil von Microsoft bei Betriebssystemen für PCs auf etwa 95 Prozent.
Nach einem Bericht von AP vom 3.12.2001 befürchtet Microsoft bei einer Offenlegung des "Windows"-Quellcodes vor allem, dass die Konkurrenz mit verhältnismäßig wenig Aufwand annähernd gleiche Software auf den Markt bringen könnte. Entsprechende Pläne vermute Microsoft bei seinen Konkurrenten Sun Microssystems, aber auch bei Novell und Oracle, die sich ebenfalls bei der Kommission wegen angeblicher Wettbewerbsbeschränkungen beschwert haben. "Microsofts Wettbewerber sollten selbst innovativ werden und nicht einfach das übernehmen, was Microsoft erarbeitet hat", zitiert die Nachrichtenagentur aus der Stellungnahme des Softwareunternehmens. Es sei zwar richtig, dass einige Leistungsmerkmale von "Windows 2000" es erforderlich machten, dass das Betriebssystem sowohl auf auf den Arbeitsplatzrechnern als auch auf den Netzwerkservern laufe. Das sei aber "wettbewerbsrechtlich unerheblich" ("irrelevant to competition law"). Bezüglich der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Koppelung des "Media Players" an "Windows 2000" warnt Microsoft nach dem AP-Bericht die Kommission, Vorschriften darüber zu machen, wie Software gestaltet werden solle. Die Wettbewerbshüter sollten sich bewusst machen, was für Schäden "uneinheitliche Regulierung" verursachen könnten, mahnt das Softwareunternehmen in Anspielung auf die laufenden Kartellverfahren in den USA.
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