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19.11.2001; 18:12 Uhr
ARD fordert im Streit um MHP-Einführung "klare Verhältnisse"
Pleitgen: Verhinderungsversuche von Liberty Media können nicht akzeptiert werden

Der Streit der deutschen Fernsehwirtschaft mit dem Kabelnetzbetreiber Liberty Media über die Einführung des digitalen Fernsehstandards Multimedia Home Platform (MHP) verschärft sich. Der ARD-Vorsitzende Fritz Pleitgen (WDR) forderte am 19.11.2001 in Köln im Interesse der Fernsehzuschauer "klare Verhältnisse". Die Versuche von Liberty Media, die Einführung eines einheitlichen Standards für das Fernsehen der Zukunft zu verhindern, könnten "nicht akzeptiert werden", meinte Pleitgen. Gleichzeitig begrüßte der ARD-Vorsitzende die Entscheidung US-amerikanischer Kabelnetzbetreiber, den MHP-Standard auch in den Vereinigten Staaten einzuführen. Die Cable Television Labaratories (CableLabs), ein Technikkonsortium führender US-amerikanischer Kabelgesellschaften, hatte sich vor wenigen Tagen für den Einsatz von MHP in den USA ausgesprochen. Pleitgen äußerte die Hoffnung, dieser Schritt werde der Schnittstelle auch in Europa endgültig zum Durchbruch verhelfen. Liberty Media hat Anfang September 2001 von der Deutschen Telekom für knapp elf Milliarden Mark sechs regionale Kabelnetze mit mehr als zehn Millionen Kabelanschlüsse übernommen und will die Breitbandnetze auf die zukunftsträchtige digitale Technik umstellen. Den Einsatz von MHP lehnt Liberty Media dabei bisher aber aus Kostengründen ab.

ARD, ZDF, RTL, die Kirchgruppe und die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) haben sich Mitte September 2001 auf MHP als einheitlichen, anbieterunabhängigen Standard für den Aufbau des digitalen Fernsehens in Deutschland geeinigt. Der Einsatz des MHP-Standards wäre Voraussetzung dafür, dass in Zukunft außer den Netzbetreibern auch andere Unternehmen die Kabelnetze für neue digitale Dienste ohne Einschränkungen nutzen könnten. Vor allem die Landesmedienanstalten drängen Liberty Media deshalb darauf, sich beim Ausbau der Kabelnetze für MHP zu entscheiden. Die damit verbundenen Mehrkosten sind nach Auffassung der Medienwächter der Preis, den man für die Marktoffenheit der Kabelnetze und die Vielfalt des Programmangebotes zahlen müsse. Das US-Unternehmen hat die Forderungen zurückgewiesen und seinerseits die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkunternehmen aufgefordert, den durch die Verwendung von MHP entstehenden Mehraufwand in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Mark zu übernehmen. Liberty Media warnt, der MHP-Standard würde die für neue digitale Dienste erforderlichen Dekoder um 60 bis 80 Euro (etwa 120 bis 160 Mark) pro Stück verteuern. Der Geschäftsplan des Unternehmens gebe diese Mehrkosten nicht her.

Liberty Media hat Anfang September 2001 die letzten sechs regionalen Kabelnetze der Deutschen Telekom übernommen. Das US-Medienunternehmen bekommt mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachen. Der vereinbarte Kaufpreis von 5,5 Milliarden Euro (etwa 10,8 Milliarden Mark) wird allerdings nur fällig, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt. Falls das Geschäft zustande kommt, will Liberty Media nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu 1,9 Milliarden Mark (ca. eine Milliarde Euro) in den Ausbau der Kabelnetze und den in den Aufbau neuer Angebote stecken. Dabei sollen in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden, unter anderem in München, wo die Deutschland-Zentrale des Unternehmens angesiedelt werden soll. Liberty Media will über die Breitbandnetze ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Die monatliche Gebühr dafür soll zwischen 20 und 30 Mark liegen, einschließlich der Miete für den zur Nutzung der Angebote erforderlichen Dekoder. Das Unternehmen rechnen nach eigenen Angaben damit, dass es etwa ein halbes Jahr dauern wird, bis die benötigten rund zehn Million Dekoder beschafft sind.

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