Auch Beck drängt Liberty Media zum Einsatz von MHP
Im Streit der deutschen Fernsehwirtschaft mit dem Kabelnetzbetreiber Liberty Media über die Einführung des digitalen Fernsehstandards Multimedia Home Platform (MHP) hat sich nun auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) eingeschaltet. Beck forderte am 20.11.2001 in Mainz, das US-Unternehmen solle sich bei der Umrüstung der deutschen Kabelnetze der kürzlich gefallenen Entscheidung führender US-amerikanischer Kabelnetzbetreiber für MHP anschließen. Die Cable Television Laboratories (CableLabs), ein Technikkonsortium führender US-amerikanischer Kabelgesellschaften, hatte sich vor kurzem für den Einsatz des offenen Standards beim Aufbau des digitalen Fernsehens in den Vereinigten Staaten ausgesprochen. Mitglied der CableLabs ist unter anderem Time Warner Cable, ein Tochterunternehmen des US-Medienkonzerns AOL Time Warner, an dem wiederum Liberty Media beteiligt ist. An die Adresse von Liberty Media-Chef John Malone meinte Beck, der als Vorsitzender der Rundfunkkommission die Medienpolitik der Länder koordiniert, wörtlich: "Was Herr Malone in den USA zugesteht, muss auch bei seinem Kabelnetzbetreiber Liberty Media in Deutschland möglich sein". Nur einen Tag vor Beck hatte ARD-Vorsitzender Fritz Pleitgen (WDR) im Interesse der Fernsehzuschauer "klare Verhältnisse" gefordert und die Versuche von Liberty Media, die Einführung von MHP in Deutschland zu verhindern, als unakzeptabel kritisiert.
ARD, ZDF, RTL, die Kirchgruppe und die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) haben sich Mitte September 2001 auf MHP als einheitlichen, anbieterunabhängigen Standard für den Aufbau des digitalen Fernsehens in Deutschland geeinigt. Der Einsatz des MHP-Standards wäre Voraussetzung dafür, dass in Zukunft außer den Netzbetreibern auch andere Unternehmen die Kabelnetze für neue digitale Dienste ohne Einschränkungen nutzen könnten. Vor allem die Landesmedienanstalten drängen Liberty Media deshalb darauf, sich beim Ausbau der Kabelnetze für MHP zu entscheiden. Die damit verbundenen Mehrkosten sind nach Auffassung der Medienwächter der Preis, den man für die Marktoffenheit der Kabelnetze und die Vielfalt des Programmangebotes zahlen müsse. Das US-Unternehmen, das Anfang September 2001 von der Deutschen Telekom für rund 11 Milliarden Mark sechs regionale Kabelnetze mit mehr als zehn Millionen Kabelanschlüsse übernommen hat, hat die Forderungen zurückgewiesen und seinerseits die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Rundfunkunternehmen aufgefordert, den durch die Verwendung von MHP entstehenden Mehraufwand in Höhe von bis zu 1,5 Milliarden Mark zu übernehmen. Liberty Media warnt, der MHP-Standard würde die für neue digitale Dienste erforderlichen Dekoder um 60 bis 80 Euro (etwa 120 bis 160 Mark) pro Stück verteuern. Der Geschäftsplan des Unternehmens gebe diese Mehrkosten nicht her.
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