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13.11.2001; 18:08 Uhr
Börsenverein: Bundesregierung lenkt bei Urhebervertragsrecht ein
Zusagen bereits bei "Kanzlerrunde" Anfang Oktober - Umfangreiche Änderungen

Im Streit um die Pläne zur Überarbeitung des Urhebervertragsrechts deutet sich ein Einlenken der Bundesregierung an. Nach einem Bericht des Börsenblatts für den Deutschen Buchhandel (Börsenblatt) vom 13.11.2001 hat das federführende Bundesjustizministerium auf einem Arbeitsgespräch mit Vertretern der Verlagswirtschaft Anfang November 2001 umfangreiche Änderungen an dem Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) angekündigt. Betroffen von den Änderungen seien vor allem die geplanten Vorschriften zur Einführung eines gesetzlichen Anspruchs der Urheber auf angemessene Vergütung, also der wichtigste Teil der neuen Regelungen. Wie das Börsenblatt weiter berichtet, erfüllt das Ministerium mit der Überarbeitung Zusagen, die Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) bereits Anfang Oktober 2001 gemacht habe. Für seine nächste Ausgabe kündigte das Börsenblatt ein Gespräch mit Däubler-Gmelin an, in der sich diese "verbindlich" über die vorgesehenen Änderungen des Regierungsentwurfs äußern werde. Am 21.11.2001 wolle sich die Bundesregierung zu den Änderungsempfehlungen des Bundesrates zu dem Gesetzesvorschlag äußern.

Nach dem Bericht des Börsenblattes hat bereits Anfang Oktober 2001 ein Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin und Staatsminister Julian Nida-Rümelin stattgefunden, die mit der Verlagswirtschaft "in wichtigen Punkten Einvernehmen über Änderungen am Regierungsentwurf herstellen wollten". Für die Verleger hätten an der "Kanzlerrunde" Florian Langenscheid, Wulf von Lucius, Gottfried Honnefelder und der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Harald Heker, teilgenommen. Die bei dem Treffen gemachten Zusagen seien anschließend Gegenstand eines Gesprächs auf Arbeitsebene gewesen, das Anfang November in Berlin mit dem für das Gesetzgebungsvorhaben zuständigen Beamten des Bundesjustizministeriums, Elmar Hucko, stattgefunden habe. Nach Darstellung des Justitiars des Börsenvereins, Christian Sprang, der bei dem Treffen anwesend gewesen sei, habe sich dem Gespräch eine Neufassung der Änderungsvorschläge zu den Paragraphen 32, 39, 43 und 132 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) "angedeutet". Damit wären die Kernbestandteile der Neuregelung betroffen, vor allem die geplante Einführung eines gesetzlichen Anspruchs der Urheber auf angemessene Vergütung.

Wie das Börsenblatt unter Berufung auf Sprang weiter schreibt, soll das bisher von der Bundesregierung geplante Nebeneinander von vertraglichem und gesetzlichem Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung nun doch entfallen. Stattdessen solle die vertragliche Vereinbarung für den Regelfall maßgeblich bleiben. Ein gesetzlicher Anspruch solle erst eingreifen, wenn die vertraglich vereinbarte Vergütung unangemessen sei. Eine "angemessene Vergütung" solle künftig dem entsprechen, was zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nach Art und Umfang der Nutzung im redlichen Geschäftsverkehr üblich war. Nach der Darstellung von Sprang habe das Bundesjustizministerium außerdem zugesichert, über eine "Minimalklausel" nachzudenken, die sicherstelle, dass nicht jede geringe Differenz zwischen vertraglich vereinbarter und im Geschäftsverkehr üblicher Vergütung gerichtlich eingeklagt werden könne. Der gesetzliche Anspruch auf angemessene Vergütung solle außerdem nur noch gegenüber Vertragspartnern des Urhebers gelten und nicht, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, gegenüber jedem Werknutzer. Aufgegeben habe das Ministerium auch die Pläne, die Änderungen rückwirkend in Kraft treten zu lassen.

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern am 1.6.2001 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, am 28.6.2001 wurde er im Bundestag in erster Lesung beraten. Nach dem Gesetzesvorschlag können Urheber von jedem, der berechtigterweise ihre Werke nutzt, eine nach Art und Umfang der Werknutzung "angemessene Vergütung" und die zu ihrer Geltendmachung erforderlichen Auskünfte verlangen. Die Höhe der Vergütung regelt der Gesetzentwurf nicht. Die Angemessenheit eines Nutzungsentgelts soll nach dem Entwurf aber vermutet werden, wenn das Entgelt in einem Tarifvertrag oder in "gemeinsamen Vergütungsregeln" festgelegt ist. Aufgestellt werden sollen diese gemeinsamen Vergütungsregeln von Urheber- und Werknutzervereinigungen, die "repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung ermächtigt" sein sollen. Im Streitfall soll über die Regeln ein Schiedsgericht entscheiden, gegen dessen Beschluss den Beteiligten die Klage zu den ordentliche Gerichten offen stehen soll. Verjähren sollen die gesetzlichen Vergütungsansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Urhebers von ihrem Entstehen, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt.

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