Medienanstalten drängen Liberty zum Einsatz des MHP-Standards
Die Landesmedienanstalten drängen den Kabelnetzbetreiber Liberty Media beim Ausbau der Kabelnetze zum Einsatz der Multimedia Home Platform (MHP). Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), Norbert Schneider, meinte am 23.10.2001 nach einer Sitzung in Erfurt, die wirtschaftlichen Belange von Liberty Media dürften keinen grundsätzlichen Vorrang vor den Interessen von Veranstaltern und Verbrauchern haben. Die Mehrkosten für den Einsatz des MHP-Standards seien der Preis, den man für die Marktoffenheit der Kabelnetze und die Vielfalt des Programmangebotes zahlen müsse. Liberty Media hatte vor kurzem angekündigt, beim Ausbau der deutschen Kabelnetze bis zu zehn Millionen sogenannte "Set-Top-Boxen" verschenken zu wollen, die zur Nutzung neuer digitaler Dienste über den Kabelanschluss erforderlich sind. Die Empfangsgeräte sollen aber aus Kostengründen nicht den MHP-Standard verwenden, auf den sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die privaten Fernsehsender Deutschlands vor kurzem geeinigt haben.
DLM-Vorsitzender Norbert Schneider betonte, beim Ausbau der Kabelnetze müssten die wirtschaftlichen Interessen der Veranstalter und der Verbraucher ins Gleichgewicht gebracht werden. Die Entwicklung eines Kaufmarktes für Set-Top-Boxen und damit mehr Auswahlmöglichkeiten für die Verbraucher seien nur möglich, wenn für die Geräte Vorgaben nach Art der MHP gemacht würden. Liberty Media müsste sich gerade als amerikanisches Unternehmen an diesen Vorgaben messen lassen, die für die Regulierung in den USA selbstverständlich seien. Schneider wies darauf hin, dass Grundlage des Erfolgs des Internets wie des Fernsehens gerade der offene Zugang für Veranstalter und die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher unter verschiedenen Anbietern sei. Die selben Grundsätze müssten deshalb auch Basis breitbandiger Plattformen sein, die Fernsehen und Internet miteinander verbänden. Gleichzeitig warnte Schneider davor, anzunehmen, dass Liberty Media die Empfangsgeräte tatsächlich "verschenken" wolle. Das Unternehmen wolle sich durch die Ankündigung die wirtschaftlich zentralen Kundenbeziehungen sichern, die bisher zum größten Teil noch bei der Wohnungswirtschaft und bei Unternehmen der Netzebene Vier lägen. Der Kabelnetzbetreiber erwarte selbstverständlich, dass die Verbraucher die vorgestreckten Kosten durch höhere Umsätze wieder hereinbrächten.
Die Deutsche Telekom hat sich Anfang September 2001 mit Liberty Media über den Verkauf ihrer letzten sechs regionalen Kabelnetze geeinigt. Liberty Media bekommt mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachen. Der vereinbarte Kaufpreis von 5,5 Milliarden Euro (etwa 10,8 Milliarden Mark) wird aber nur fällig, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt. Falls das Geschäft zustande kommt, will Liberty Media nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu 1,9 Milliarden Mark (ca. eine Milliarde Euro) in den Ausbau der Kabelnetze und den in den Aufbau neuer Angebote stecken. Dabei sollen in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden. Liberty Media will die Breitbandnetze auf die zukunftsträchtige digitale Technik umstellen und dort ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Die monatliche Gebühr dafür soll zwischen 20 und 30 Mark liegen, einschließlich des Dekoders. Das Unternehmen rechnen nach eigenen Angaben damit, dass es etwa ein halbes Jahr dauern wird, bis eine ausreichende Anzahl von entsprechenden Geräten beschafft ist.
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