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17.09.2001; 15:14 Uhr
Verlage und Werbewirtschaft starten Kampagne gegen Urheberrechtsreform
Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften - Gewerkschaften: "Missbrauch von Medienmacht"

Die deutschen Verlage haben gemeinsam mit der Werbewirtschaft eine Kampagne gegen die von der Bundesregierung geplante Urheberrechtsreform gestartet. Mit Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften wollen der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) zusammen mit dem Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter (BVDA) und dem Gesamtverband Werbeagenturen (GWA) verhindern, dass der von Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin Anfang Juni 2001 vorgelegte Gesetzentwurf zur Reform des Urhebervertragsrechts im Bundestag verabschiedet wird. Vor den Verlegern hatten bereits die privaten und öffentlichen Rundfunksender und die deutschen Bühnen zum Teil heftige Kritik an dem Gesetzesvorschlag geäußert. Unterstützt wird die Initiative der Bundesregierung vor allem von den Gewerkschaften. Arbeitnehmervertreter sprachen am 17.9.2001 im Zusammenhang mit der Kampagne der Verwertungswirtschaft von einem "Missbrauch von Medienmacht".

Die Verbände warnen in ihrer Anzeigenkampagne "Kulturwirtschaft für ein anderes Urhebervertragsgesetz", die beabsichtigten Gesetzesänderungen würden zu einer "Prozessflut" und zum Verlust von Stellen gerade von freien Mitarbeitern führen. Vor allem die geplante Schaffung eines Anspruchs der Urheber auf angemessene Vergütung sei für die gesamte Verwertungswirtschaft eine "unkalkulierbares Risiko". Wegen noch Jahre nach Vertragsschluss drohender Nachforderungen müssten Verlage, Filmproduzenten und Rundfunksender in großem Umfang Rücklagen bilden. Dieses Geld würde dann an anderer Stelle fehlen, beispielsweise für die Qualitätssicherung in den Betrieben und für die Beschäftigung freier Mitarbeiter. Die Verbände kritisierten auch das Gesetzgebungsverfahren. Obwohl die Verwertungswirtschaft frühzeitig Änderungsvorschläge vorgelegt hätte, seien alle Einwände gegen den Gesetzentwurf ignoriert worden. In den Anzeigen nehmen unter anderen der Präsident des BDZV, Helmut Heinen, der Filmproduzent Artur "Atze" Brauner und der Berliner Verleger Christoph Links Stellung. Zu Wort kommen in der Kampagne aber auch die Urheber. In Anspielung auf die erklärte Absicht der Bundesregierung, mit der Reform deren rechtliche Stellung stärken zu wollen, meint eine freie Grafikerin in einer der Anzeigen, "es gibt keine Hilfe, die mir mehr schaden könnte".

Auf heftige Kritik gestoßen ist die Kampagne der Kulturwirtschaft bei den deutschen Gewerkschaften. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) und der Deutsche Journalistenverband (DJV) bewerteten die Aktion in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 17.9.2001 als "unverhohlene Drohung" gegenüber dem Gesetzgeber. "Mit ihrer Kampagne nutzen die Verwerter ihre Medienmacht schamlos aus", meinten die Gewerkschaften. Es werde Zeit, dass die Verlage durch das geplante Gesetz zur Beachtung der Rechte ihrer Beschäftigten veranlasst würden. Die Arbeitnehmervertreter verwiesen darauf, dass einzelne Urheber und ausübenden Künstler in Verhandlungen den Verwertern gegenüber regelmäßig wirtschaftlich unterlegen seien. Wer sich beispielsweise wehre, seinem Auftraggeber ohne oder nur gegen geringen Aufschlag alle Verwertungsrechte zur Online-Nutzung einzuräumen, müsse immer häufiger mit Auftragsentzug rechnen. Die Einkommenssituation bei freien Mitarbeitern sei dementsprechend ausgesprochen schlecht. Im freiberuflichen Journalismus werde durchschnittlich 1800 Euro Mark brutto im Monat verdient, Pressefotografie bringe knappe 1300 Euro monatlich, Literaturübersetzung gerade einmal 1000 Euro brutto im Monat.

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