Berichte über Pläne für drastische Verschärfung des US-Urheberrechts
In den Vereinigten Staaten droht möglicherweise eine drastische Verschärfung des Urheberrechts. Nach einem Bericht der Wired News vom 7.9.2001 drängt die US-amerikanische Verwertungswirtschaft darauf, dass für alle Geräte zur Wiedergabe digitaler Inhalte Vorkehrungen zum Schutz gegen Urheberrechtsverletzungen zwingend vorgeschrieben werden sollen. Ein entsprechendes Bundesgesetz soll nach der Meldung noch im Herbst 2001 in den US-Kongress eingebracht werden. Nach dem im Entwurf vorliegenden Security Systems Standards and Certification Act (SSCA) würde sich beispielsweise schadensersatzpflichtig machen, wer CD-Spieler oder Personal Computer (PCs) herstellt oder verkauft, die keine behördlich zugelassenen Schutzvorrichtungen ("certified security technologies") beinhalten und benutzen. Für die Verbreitung urheberrechtlich geschützten Materials, bei dem Kopierschutzmechanismen umgangen wurden, drohen nach dem Entwurf bis zu fünf Jahren Freiheits- oder 500.000 US-Dollar Geldstrafe.
Nach dem Gesetzentwurf wäre es in den Vereinigten Staaten illegal, "interaktive digitale Geräte" herzustellen, zu verkaufen oder zu vertreiben, die keine vom US-Wirtschaftsministerium "zugelassenen Sicherheitstechnologien" beinhalten und benutzen. Die Behörde soll auch entsprechende Sicherheitsverfahren festlegen, falls sich die Verwertungswirtschaft nicht innerhalb von zwölf Monaten auf einen Standard einigt. Als "interaktiven digitalen Gerät" definiert der Gesetzesvorschlag alle Hard- oder Software, die in der Lage ist zum "Speichern, Laden, Verarbeiten, Ausführen, Übertragen, Empfangen oder Vervielfältigen von Informationen in digitaler Form". Betroffen von den neuen Regelungen wären damit nicht nur Geräte zur Wiedergabe digital aufgezeichneter Musik oder Filme, sondern beispielsweise auch Apparate zum Lesen elektronischer Bücher ("E-Books"). Für den Gesetzentwurf verantwortlich zeichnet der Vorsitzendes des Wirtschaftsausschusses des US-Senats, der demokratische Senator Fritz Hollings, und sein republikanischer Kollege Ted Stevens.
US-Bürgerrechtsorganisationen, darunter die Electronic Frontier Foundation (EFF) bezeichneten den Gesetzentwurf in ersten Stellungnahmen als "beispiellos". Es gebe im US-Bundesrecht keine vergleichbaren Regelungen, die so weitgehende Vorgaben für die technische Entwicklung machten. In verschiedenen "schwarzen Brettern" des Internets wurden unterdessen auch Vorwürfe laut, der Gesetzentwurf sei von der US-amerikanischen Verwertungswirtschaft "gekauft" worden. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen Senator Hollings, der den Gesetzentwurf angeblich in den US-Senat einbringen will. Nach einem Bericht des US-amerikanischen Center for Responsive Politics wurde der Politiker im zurückliegenden Wahlkampf in erheblichem Umfang von Medienunternehmen unterstützt. Eine Aufstellung von Einzelspenden an den Senator nennt auf den ersten zwanzig Plätzen unter anderem den Medienkonzern Time Warner, die News Corporation des australischen Unternehmers Rupert Murdoch, die National Association of Broadcasters (NAB) und die Walt Disney Corporation.
Dokumente:
- Security Systems Standards and Certification Act - Draft (SSCA - Draft) v. 6.8.2001
- Top Contributors to Sen. Ernest F. Hollings (D-S.C.)
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 368:
https://www.urheberrecht.org/news/368/
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