Bundeskartellamt prüft Zusammenarbeit von ZDF und T-Online
Die Zusammenarbeit des ZDF mit der Telekom-Tochter T-Online im Rahmen des gemeinsamen Internet-Angebots heute.t-online.de gerät nun möglicherweise auch wettbewerbsrechtlich in schwieriges Fahrwasser. Nach einem Bericht des Handelsblatts vom 6.9.2001 bestätigte ein Sprecher des Bundeskartellamts gegenüber der Zeitung, dass die Behörde die Kooperation wegen möglicher Wettbewerbsverzerrungen untersuchen werde. Unter die Lupe nehmen wollen die Bonner Wettbewerbshüter vor allem den Lizenzvertrag, in dem das ZDF der Telekom-Tochter das Recht zur Nutzung der Marke "heute" eingeräumt hat. Gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) beschwichtigte ein Behördensprecher allerdings wenig später, es handele sich lediglich um eine "Routine-Prüfung". Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass bei der Zusammenarbeit der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung drohe.
Nach Angaben des Handelsblatts zahlt T-Online dem ZDF für die Nutzung der Marke "heute" und für die Verwertung von Nachrichten der heute-Redaktion 6,5 Millionen Mark. Der Mainzer Sender wolle das Geld zur Finanzierung seiner eigenen Online-Redaktion verwenden. Das ZDF erklärte zu den Vorwürfen, die Zusammenarbeit mit T-Online sei "wettbewerbsrechtlich unbedenklich". Der Sender hatte erst im Sommer seine langjährige Zusammenarbeit mit dem Nachrichtendienst MSNBC beim gemeinsamen Angebot zdf.msnbc.de beendet. Die Kooperation war rundfunkrechtlich in die Kritik geraten, weil der Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) das Sponsoring bei Nachrichtensendungen und Sendungen zum politischen Zeitgeschehen ausdrücklich untersagt. Bei dem im August 2001 vorgestellten neuen Nachrichten-Portal heute.t-online.de wird auf Werbeeinblendungen aus diesem Grund vollständig verzichtet. Das Angebot soll allerdings durch ständige Einblendungen seiner Internet-Adresse in den Nachrichtensendungen des ZDF beworben werden.
Die privaten Rundfunkanbieter in Deutschland fordern schon seit längerem eine Überprüfung der geplanten Zusammenarbeit des ZDF mit der Telekom-Tochter. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) äußerte bereits im Mai 2001 schwere rechtliche und politische Bedenken gegen das Vorhaben. Die geplante Zusammenarbeit gefährde die Unabhängigkeit der Berichterstattung und überschreite möglicherweise die Grenze zu verdecktem Sponsoring, warnte der Verband. Die Ausbaupläne von ARD und ZDF im Online-Bereich müsste durch eindeutige Regelungen im RfStV begrenzt werden. Bereits Mitte Juni 2001 kündigte der VPRT an, wegen der Angelegenheit falls erforderlich auch Beschwerde zur Europäischen Kommission zu erheben. Der Verband will durch eine mögliche Eingabe vor allem erreichen, dass die Kommission bei Bund und Länder auf mehr Durchschaubarkeit bei der Verwendung von Rundfunkgebühren drängt.
Nach Auffassung der deutschen Zeitungsverleger sind bereits die bestehenden Online-Angebote von ARD und ZDF rechtswidrig. Schon am März 2001 hatten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen (ZVNRW) in Düsseldorf ein entsprechendes Gutachten des Leipziger Medienrechtlers Christoph Degenhart vorgelegt. Nach der Meinung mehrerer deutscher Ministerpräsidenten ist eine Ausweitung der Internet-Auftritte von der Öffentlich-rechtlichen dagegen denkbar. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) meinte im Mai 2001 in Leipzig, er sei sich nicht sicher, ob es soweit bei den bisherigen Beschränkungen des Rundfunkstaatsvertrages bleiben könnte. Auch Sachsen-Anhalts-Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) hatte sich Anfang Mai in Leipzig dafür ausgesprochen, ARD und ZDF müssten bei ihren Online-Aktivitäten mehr Bewegungsfreiheit erhalten.
Dokumente:
- Gutachten von Prof. Dr. Christoph Degenhart vom Februar 2001
- Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) vom 31.8.1991 i. d. F. des 5. RfÄndStV vom 6.6.2000, konsolidierte Fassung
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