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22.08.2001; 18:20 Uhr
Privatsender hoffen nach Verkauf der Kabelnetze auf Gesetzgeber
VPRT befürchet Verdrängung aus Sendeplätzen - "Medienrechtliche Perspektive zu spät erkannt"

Nach dem Verkauf der Kabelnetze der Deutschen Telekom an ausländische Anleger hoffen die privaten Rundfunksender auf den Gesetzgeber. "Wir müssen verhindern, dass deutsche Anbieter diskriminiert werden", sagte der Präsident des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT), Jürgen Doetz, nach einer Vorabmeldung der Wochenzeitung DIE ZEIT vom 21.8.2001. Doetz befürchtet, dass nach einer Digitalisierung der Kabelnetze "deutsche Sender zu Gunsten amerikanischer Veranstalter, die mit dem Netzbetreiber liiert sind, aus dem Kabel verdrängt werden". Das gelte vor allem mit Blick auf die britisch-amerikanische Unternehmensgruppe Liberty Media, die am weltgrößten Medienkonzern AOL Time Warner beteiligt sei. Der VPRT-Präsident, der im Hauptberuf Geschäftsführer des Kirch-Senders SAT.1 ist, krisierte, die Landespolitik habe im Zusammenhang mit dem Verkauf der Kabelnetze "die ganze medienrechtliche Perspektive viel zu spät erkannt".

Vor Doetz hatte Mitte August schon der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) gefordert, die Länder sollten durch eine Änderung des Rundfunkstaatsvertrags (RfStV) die Programmvielfalt in den Kabelnetzen sichern. In einem Brief an die deutschen Ministerpräsidenten machte Beck am 14.8.2001 den Vorschlag, im RfStV festzuschreiben, dass künftig mindestens die Hälfte der über das Kabel angebotenen Programme oder Inhalte von solchen Anbietern kommen müsse, die nicht dem Kabelnetzbetreiber zuzurechnen seien. Nur so könne ein Ausgleich für die Aufhebung der Trennung von Netzbetrieb und Inhalteproduktion geschaffen werden, die der Verkauf der Kabelnetze an private Investoren mit sich gebracht habe. Außerdem will Beck regeln, dass Fernsehprogramme in den Kabelnetzen gegen den Willen des Veranstalters nicht zu Paketen geschnürt oder gegen Zusatzentgelt ausgestrahlt werden dürfen. Über die Vorschläge soll Ende Oktober in Saarbrücken beraten werden.

Die Verhandlungen der Deutschen Telekom über den Verkauf ihrer letzten sechs regionalen Fernseh-Kabelnetze mit mehr als zehn Millionen angeschlossenen Haushalten an Liberty Media verzögern sich unterdessen. Nach einem Bericht des Handelsblattes vom 22.8.2001 verlangt der Konzern vor Unterzeichnung der Kaufverträge eine Zusicherung der Bundesregierung, dass gegen die Übernahme der Kabelnetze keine kartellrechtlichen Bedenken beständen. Mit dem Kauf der regionalen Kabelgesellschaften hätte Liberty Media Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachen. Bereits vor zwei Jahren hatte die US-amerikanische Callahan-Gruppe von der Telekom die Kabelnetze in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg erworben. Die Investoren wollen die Breitbandnetze auf die zukunftsträchtige digitale Technik umstellen und dort in Zukunft auch Sprachtelefonie, Internetzugänge und interaktives Fernsehen anbieten. Voraussetzung für die Nutzung der neuen Angebote ist die Anschaffung digitaler Endgeräte. Weil für die neuen Dienste außerdem ein Rückkanal vom Verbraucher zum Anbieter erforderlich ist, muss die Kanalbelegung in den Kabelnetzen geändert werden. Das geht zu Lasten der bisher über das Kabel übertragenen analogen Programme, die nur zum Teil in bisher nicht genutze Frequenzbereiche verschoben werden können.

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