US-Markenrecht verletzt TRIPS-Abkommen
Bestimmungen des US-amerikanischen Markenrechts sind unvereinbar mit dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS). Das geht aus einem Bericht eines Ausschusses der Welthandelsorganisation (WTO) hervor, der am 6.8.2001 in Brüssel bekannt wurde. Der Ausschuss gibt der Europäischen Union (EU) darin Recht, dass Abschnitt 211 des US-amerikanischen Omnibus Appropriations Act von 1998 bestimmte Markeninhaber daran hindere, ihre Rechte gerichtlich geltend zu machen. Die Entscheidung wird es voraussichtlich dem europäischen Unternehmen Pernod-Ricard ermöglichen, die Rechte an seiner Marke "Havana Club" in den USA durchzusetzen.
Abschnitt 211 des Omnibus Appropriations Act verwehrt Markeninhabern den Zugang zu den US-amerikanischen Gerichten, wenn die Marke früher auf einen kubanischen Bürger eingetragen war, der im Zuge der Revolution auf Kuba enteignet wurde. Die Bestimmung war vom US-Kongress im Jahr 1998 auf Drängen der auf den Bermudas ansässigen Firma Bacardi verabschiedet worden. Bacardi wollte damals verhindern, dass das Unternehmen Havana Club Holdings, ein Joint Venture von Pernod-Ricard, die Marke "Havana Club" in den Vereinigten Staaten anmeldete. Der WTO-Ausschuss, der bereits im September 2000 eingesetzt worden war, kam nun zum Schluss, dass die Regelung unvereinbar mit Artikel 42 des TRIPS-Abkommens sei.
Die Europäische Kommission (EK) begrüßte die Entscheidung. Gleichzeitig kündigte sie aber an, gegen den WTO-Beschluss Rechtsmittel einlegen zu wollen. Grund dafür ist, dass der WTO-Ausschuss in seiner Entscheidung auch feststellt, dass Handelsmarken grundsätzlich nicht unter das TRIPS-Abkommen fielen und dass das Übereinkommen auch nicht regele, wie der Inhaber von Rechten an geistigem Eigentum zu ermitteln sei. Die Kommission befürchtet, diese Auslegung des TRIPS-Übereinkommens könne den Schutz von Handelsmarken weltweit erheblich schmälern. Sei die Auffassung des Ausschusses richtig, könne jedes WTO-Mitglied völlig frei beschließen, wie der Inhaber einer Handelsmarke zu ermitteln sei, solange die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens beachtet würden.
Die USA sind mit den Europäern in der Vergangenheit schon öfters wegen unzureichender Umsetzung des TRIPS-Abkommens aneinander geraten. Erst Ende Juli 2001 verständigten sich die EU und die USA auf ein Verfahren, um über eine Entschädigung der USA für die europäische Musikindustrie zu verhandeln. Den Europäern waren wegen des US-amerikanischen Urheberrechts, das kleinere Gewerbebetriebe von der Zahlung von Urheberrechtsabgaben für gespielte Musik befreit, Lizenzgebühren in Millionenhöhe entgangen. Ein Ausschuss der WTO hatte bereits im vergangenen Jahr entschieden, dass die USA auch durch diese Regelungen ihre Verpflichtungen nach dem TRIPS-Abkommen verletzt hatten.
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