Änderung des US-Urheberrechts soll Anbieten von Musik im Internet erleichtern
Eine Änderung des US-amerikanischen Urheberrechts soll das Anbieten von Musik im Internet erleichtern und für mehr Wettbewerb sorgen. Das sind die wesentlichen Ziele eines überparteilichen Gesetzentwurfs, den die Abgeordneten Chris Cannon und Rick Boucher am 3.8.2001 in Washington vorstellten. Der von den beiden Politikern vorgeschlagene Music Online Competition Act (MOCA) soll durch Lockerungen des Urheberrechts vor allem verhindern, dass die großen Musikverleger das Geschäft im Internet unter sich aufteilen und unliebsame Mitbewerber mit Klagen wegen Urheberrechtsverletzungen aus dem Markt drängen. Erreichen will der Gesetzentwurf dies im Ergebnis vor allem durch die Einführung von Zwangslizenzen.
Cannon und Boucher warnten, es gebe beunruhigende Hinweise dafür, dass die großen Musikverleger aus taktischen Gründen keine Lizenzen für das Anbieten von Musik über das Internet erteilten. Offensichtlich sollten so die Erfolgsaussichten der eigenen Angebote gestärkt werden. Die beiden Abgeordneten wiesen daraufhin, dass die beiden Anbieter MusicNet und Pressplay gemeinsam 80 Prozent des Musikmarktes abdecken würden. MusicNet ist ein Gemeinschaftsunternehmen von BMG, EMI und Warner, hinter Pressplay stehen Sony und Universal. Das sich hier abzeichnende Duopol bei der Musikdistribution im Internet müsse verhindert werden. Die Anhörungen über den Gesetzentwurf sollen im Herbst nach der Sommerpause des US-Kongresses beginnen.
Die Reaktionen auf den Gesetzentwurf waren unterschiedlich. Die Digital Media Association (DiMA), ein Zusammenschluss verschiedener Internet-Anbieter, begrüßte die Vorlage als gelungene Weiterentwicklung des geltenden Urheberrechts. Ein Sprecher der DiMA meinte, die vorgeschlagenen Änderungen würden sicherstellen, dass die Verbraucher Zugang zu legalen, hochwertigen Inhalten bekämen, die Urheber schnell bezahlt würden und in Zukunft der Wettbewerb und nicht mehr die Gerichte die Entwicklung des Marktes bestimme. Die Recording Industry Association of America (RIAA) sprach dagegen im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf von einem "verheerenden Fehler". Die geplanten Regelungen seien eine Lösung des Problems, aber eine sehr schlechte. Der Gesetzgeber solle den Markt lieber sich selbst überlassen.
Nach dem Gesetzentwurf müssen Urheber, die Dritten das Anbieten von Musikstücke über das Internet gestatten, dies zu gleichen Bedingungen ("no less favorable terms") jedermann erlauben. Für die Nutzung sollen Urheberrechtsabgaben ("royalty fees") fällig werden, die nicht an die jeweiligen Urheber, sondern an das US-Copyright Office abgeführt werden müssen. Das Copyright Office soll die Abgaben anschließend ähnlich einer Verwertungsgesellschaft an Musiker und Musikverleger verteilt. Vertragsverhandlungen mit den einzelnen Rechteinhabern würden so überflüssig, Rechtsstreitigkeiten würden vermieden. Im Ergebnis führt der Gesetzentwurf eine Art Zwangslizenz ("compulsory licence") ein, die von der Internet-Wirtschaft immer wieder gefordert, von den Rechteinhabern in der Vergangenheit aber entschieden abgelehnt worden war.
Dokumente:
Institutionen:
Permanenter Link zu dieser News Nr. 308:
https://www.urheberrecht.org/news/308/
Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.
Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.
Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!
Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.