Hürriyet muss Gegendarstellung von Özdemir drucken
Die in Deutschland erscheinende türkische Tageszeitung Hürriyet hat im Streit mit dem Grünen-Politiker Cem Özdemir vor Gericht eine weitere Niederlage einstecken müssen. Das Landgericht Frankfurt am Main (LG) entschied am 29.6.2001, dass die Zeitung eine Gegendarstellung des türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten abdrucken muss (Az. 2-030197/01). Die Richter bestätigten damit eine einstweilige Verfügung vom 25.5.2001. Özdemir, der innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen ist, hatte der Zeitung "massive Stimmungmache" und grob verfälschende Berichterstattung vorgeworfen.
Die vom Verlag Dogan Media International herausgegebene Hürriyet hatte über die Teilnahme Özdemirs an einem armenischen Gottesdienst Ende März 2001 in Köln berichtet. Auf der Veranstaltung war des im Jahr 1915 vom Osmanischen Reich an den Armeniern gegangenen Völkermordes gedacht geworden, der von der Türkei bestritten wird. Die für ihre stramm türkisch-nationale Berichterstattung bekannte Hürriyet hatte Özdemir für die Teilnahme an den Feierlichkeiten heftig kritisiert. Die Zeitung behauptete, der Grünen-Politiker habe auf dem Gottesdienst die Hand eines armenischen Priesters geküsst, und unterstellte ihm, er habe das getan, um bei den Armeniern Wählerstimmen zu sammeln. Nach türkischem Verständnis gilt ein Handkuss als Demutsgeste. Özdemir hatte den Handkuss bestritten und erklärt, er habe sich vor dem armenischen Priester lediglich verneigt. Der Abgeordnete begrüßte die Entscheidung. Die Hürriyet sei mit ihrem Versuch gescheitert, die liberalen türkischstämmigen Kräfte in Deutschland zum Schweigen zu bringen.
Die in Deutschland erscheinende Europaausgabe der türkischen Hürriyet ist in der Vergangenheit bereits mehrmals wegen entstellender und verfälschender Berichterstattung in die Kritik geraten. Erst vor kurzem hatte der Präsident des Deutschen Orient-Instituts, Udo Steinbach, gegen die Tageszeitung Strafanzeige wegen Beleidigung und übler Nachrede gestellt. Steinbach war nach eigenen Angaben in mehreren Artikeln der Volksverhetzung gegen Türken und Muslime bezichtigt worden. Unter Überschriften wie "Steinbach: Die größte Gefahr ist der Islam" und "Wer gebietet Udo Einhalt" seien seine Aussagen in der Zeitung "auf gröbste Weise" entstellt worden, beklagte der Wissenschaftler. Mitte Juni 2001 hatte auch der Deutsche Presserat eine Rüge gegen die Hürriyet ausgesprochen. Damals hatte die Zeitung fälschlicherweise drei Wissenschaftler beschuldigt, geheimdienstlich gegen den türkischen Staat zu arbeiten.
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