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03.07.2001; 13:28 Uhr
Simonis: Für Online-Angebote von ARD und ZDF Rundfunkgebühren erhöhen
"Internet gehört zur Grundversorgung"

Die Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein, Heide Simonis (SPD), hat sich dafür ausgesprochen, zur Finanzierung der Online-Angebote von ARD und ZDF die Rundfunkgebühren zu erhöhen. Das meldet der Branchendienst Der Kontakter in seiner Ausgabe vom 2.7.2001. Die SPD-Politikerin habe im Gespräch mit dem Kontakter die Einführung einer Internetgebühr "als integralem Bestandteil der Rundfunkgebühr" gefordert. Bei der Überarbeitung des Rundfunkstaatsvertrags (RfStV), die zum 1.1.2005 anstehe, solle das Thema Internetgebühr auf die Tagesordnung. Wie der Kontakter weiter berichtet, habe Simonis die Auffassung vertreten, Internet-Angebote gehörten zur gesetzlich geforderten Grundversorgung. Die Frage, was online angeboten dürfe und was nicht, werde sich eines Tages ohnehin erübrigen, "weil dann alle Systeme nur noch über den PC laufen" würden.

Bereits einen Tag nach Erscheinen des Kontakters ruderte die Ministerpräsidentin allerdings wieder zurück. Für die Nutzung der Internet-Auftritte solle es "keine Extra-Internetgebühr oder keinen Gebührenzuschlag" geben, erklärte Simonis in einer Pressemitteilung. Soweit Internet-Angebote bei ARD und ZDF Zusatzkosten verursachten, müssten die Anstalten prüfen, inwieweit Ausgaben bei anderen Übertragungswegen und anderen Angeboten verringert werden könnten, damit die Gebührenlast für die Nutzer nicht zu schwer werde. Simonis betonte, ihr sei es um eine Zukunftssicherung der Rundfunkgebühr gegangen. Das Zusammenwachsen der verschiedenen Empfangsgeräte mache es unmöglich, die Aussetzung der Gebührenpflicht für rundfunkempfangstaugliche Rechner (das sogenannte "PC-Moratorium") auf Dauer aufrecht zu erhalten. Auf lange Sicht müsste für alle Empfangsgeräte, die in der Lage seien, das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu nutzen, Rundfunkgebühren erhoben werden, meinte die SPD-Politikerin.

Die Meldung des Kontakters hatte in der Medienwirtschaft einige Aufregung verursacht. Der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) kritisierte die Pläne zur Einführung von Internetgebühren am 3.7.2001 als "unnötig und schädlich". Ein Sprecher des VPRT erklärte, bevor die Politik wieder über mehr Geld für die Rundfunkanstalten nachdenke, solle sie erst den öffentlich-rechtlichen Auftrag klar eingrenzen. Eine öffentlich-rechtliche Grundversorgung im Internet sei dabei "in keiner Hinsicht notwendig". In den neuen Medien gebe es weder einen Mangel an Übertragungswegen noch sei eine Beeinträchtigung der Meinungsvielfalt zu befürchten. Wenn die Internet-Angebote der Öffentlich-rechtlichen zu einer "dritten Säule" neben Fernsehen und Hörfunk ausgebaut würden, würde das in einem wichtigen neuen Markt zu schwerwiegenden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Anbieter führen, warnte der VPRT. Der Verband erwägt wegen des gebührenfinanzierten Online-Engagements von ARD und ZDF inzwischen eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission (EK).

Ob die Internet-Angebote von ARD und ZDF unter ihren gesetzlichen Auftrag zur Grundversorgung fallen und mit Rundfunkgebühren finanziert werden sollen, ist umstritten. Der Landesvorsitzende der CDU in Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, hatte sich am 24.6.2001 in einem dpa-Gespräch ausdrücklich gegen eine Gebührenfinanzierung ausgesprochen. Wenn sich ARD und ZDF auf diesem Feld betätigen wollten, müssten sie sich dem allgemeinen Wettbewerb stellen. Zusätzliche Angebot müssten durch selbst erwirtschaftete Einnahmen finanziert werden. Rüttgers forderte, im Rundfunkstaatsvertrag müsse eindeutig geregelt werden, was zum öffentlich-rechtlichen Auftrag der Sender gehöre und was nicht. Einig ist Rüttgers in dieser Frage mit den deutschen Zeitungsverlegern, die bereits die bestehenden Angebote von ARD und ZDF für einen Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag halten und eine Ausweitung des Online-Engagements der Rundfunkanstalten verhindern wollen. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) hat bereits am 27.3.2001 ein entsprechendes Gutachten des Leipziger Medienrechtlers Christoph Degenhart vorgelegt.

ARD und ZDF wollen ihre Internet-Angebote nach Medienberichten massiv ausbauen. Allein die ARD möchte in den Jahren von 2001 bis 2004 in ihren Netz-Auftritt angeblich einen Betrag von 350 Millionen Mark stecken. Das wäre erheblich mehr als die 88 Millionen Mark, die ihr die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) für diesen Zeitraum bewilligt hat. Das ZDF will in derselben Zeit angeblich rund 35 Millionen Mark für seine Internet-Seiten ausgeben. Die Sendeanstalten bewegen sich dabei rundfunkrechtlich auf dünnem Eis. Der Rundfunkstaatsvertrag enthält keine näheren Regelungen, in welchem Umfang sich die Öffentlich-rechtlichen in den elektronischen Medien engagieren dürfen. Einige deutsche Ministerpräsidenten haben sich deshalb bereits Anfang Mai 2001 dafür ausgesprochen, den Rundfunkstaatsvertrag entsprechend anzupassen, um ARD und ZDF mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.

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