Stoppt Brüssel Online-Pläne von ARD und ZDF?
Die privaten Rundfunkunternehmen in Deutschland werden wegen der Online-Pläne von ARD und ZDF möglicherweise Beschwerde bei der Europäischen Kommission (EK) einlegen. Entsprechende Berichte des Branchendienstes Der Kontakter bestätigte der Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) am 11.6.2001. Wie die Geschäftsführerin des Verbandes, Ursula Adelt, mitteilte, wird sich der Vorstand des VPRT auf einer Sitzung am 13.7.2001 mit der Frage befassen. Zunächst will der Verband Einfluss auf die Rundfunkkommission der Länder nehmen, die am 21.6.2001 das nächste Mal zusammentritt. Die Privaten verlangen, dass die Länder dem Internet-Engangement der Öffentlich-rechtlichen klare Grenzen setzen. Einig sind sich die Privatsender darin mit den deutschen Zeitungsverlegern, die bereits das bestehende Engagement der Öffentlich-rechtlichen im Internet für rechtswidrig halten und eine Ausweitung des Online-Angebots von ARD und ZDF verhindern wollen.
Nach Angaben des Kontakters will der VPRT durch eine mögliche Beschwerde erreichen, dass die Europäische Kommission bei Bund und Länder auf mehr Durchschaubarkeit bei der Verwendung von Rundfunkgebühren drängt. Zur Zeit sei nicht klar, welche Gelder in welche Kanäle fliessen. Bereits am 21.5.2001 hatte der Branchendienst unter Berufung auf ein Schreiben von ARD-Intendant Peter Voß (SWR) berichtet, ARD und ZDF wollten ihre Internet-Angebote massiv ausbauen. Statt der von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) für das Online-Engagement der ARD bewilligten 88 Millionen Mark wollten alleine die Landesrundfunkanstalten in den Jahren 2001 bis 2004 einen Betrag von 350 Millionen Mark in ihren Web-Auftritt stecken. Das ZDF wolle im gleichen Zeitraum rund 35 Millionen Mark für seine Internet-Seiten ausgeben.
Nach Auffassung der deutschen Zeitungsverleger sind bereits die bestehenden Online-Angebote von ARD und ZDF rechtswidrig. Schon am 27.3.2001 hatten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Zeitungsverlegerverband Nordrhein-Westfalen (ZVNRW) in Düsseldorf ein entsprechendes Gutachten des Leipziger Medienrechtlers Christoph Degenhart vorgelegt. Nach der Meinung mehrerer deutscher Ministerpräsidenten ist eine Ausweitung der Internet-Auftritte von der Öffentlich-rechtlichen dagegen denkbar. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) meinte am 10.5.2001 in Leipzig, er sei sich nicht sicher, ob es soweit bei den bisherigen Beschränkungen des Rundfunkstaatsvertrages bleiben könnte. Auch Sachsen-Anhalts-Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) hatte sich Anfang Mai in Leipzig dafür ausgesprochen, ARD und ZDF müssten bei ihren Online-Aktivitäten mehr Bewegungsfreiheit erhalten.
Dokumente:
- 12. Bericht der KEF vom Dezember 1999
- Gutachten von Prof. Dr. Christoph Degenhart vom Februar 2001
- Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) vom 31.8.1991 i. d. F. des 5. RfÄndStV vom 6.6.2000, konsolidierte Fassung
Institutionen:
- Der Kontakter
- Europäische Kommission (EK)
- Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT)
- Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands (ARD)
- Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
- Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF)
- Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
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