Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in der EU drängen ins Internet
Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in der Europäischen Union (EU) drängen ins Internet. Die Rolle der öffentlich-rechtlichen Sender in den neuen Medien müsse nachhaltig gestärkt werden, um auch im digitalen Zeitalter Demokratie und Pluralismus zu sichern, meinte der Präsident der European Broadcasting Union (EBU), Arne Wessberg, am 6.6.2001 in London. Die nationalen Gesetzgeber in der EU müssten dafür klare rechtliche Vorgaben schaffen und eine angemessene Finanzausstattung sicherstellen, forderte Wessberg. Neue Dienste dürften nicht nur durch Einsparungen bei bestehenden Angeboten möglich sein. In Deutschland ist eine Ausweitung des Online-Engagements von ARD und ZDF heftig umstritten.
Um die gesetzlich geforderte Grundversorgung der Bürger sicherzustellen, müssten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sich auch in den neuen Medien engagieren, meinte Wessberg. Damit sie ihren öffentlichen Auftrag erfüllen könnten, müssten die Angebote der Öffentlich-rechtlichen für alle Bürger in allen Medien erreichbar sein. Nur so könnten sie ihrer Rolle als wesentliche Stütze des demokratischen Meinungsbildungsprozesses gerecht werden. Wessberg warnte, ohne ein stärkeres Engagement der Öffentlich-rechtlichen im Internet werde der starke Einfluss amerikanischer Medien auf lange Sicht die Bewahrung des europäischen Kulturerbes gefährden und Pluralimus und kulturelle Vielfalt untergraben. Europa sei mehr als ein Markt, meinte der EBU-Präsident. Wenn die Medienpolitik es versäume, ein Gegengewicht zur Konvergenz im Medienbereich zu schaffen, werde die Lebensqualität und die Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen sinken, warnte Wessberg.
In Deutschland haben die Pläne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ihr Online-Engagement auszuweiten, heftige Kritik aus der Medienwirtschaft ausgelöst. Die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger halten bereits die bestehenden Internet-Angebote von ARD und ZDF für rechtswidrig, die deutschen Privatsender erwägen deshalb zur Zeit eine Beschwerde zur Europäischen Kommission (EK). Nach der Meinung mehrerer deutscher Ministerpräsidenten ist eine Ausweitung der Internet-Auftritte von der Öffentlich-rechtlichen dagegen denkbar. Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) meinte am 10.5.2001 in Leipzig, er sei sich nicht sicher, ob es soweit bei den bisherigen Beschränkungen des Rundfunkstaatsvertrages bleiben könnte. Auch Sachsen-Anhalts-Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD) hatte sich Anfang Mai in Leipzig dafür ausgesprochen, ARD und ZDF müssten bei ihren Online-Aktivitäten mehr Bewegungsfreiheit erhalten.
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