AOL: Kein Schadensersatz wegen Handel mit Kinderpornografie
Mit knapper Mehrheit hat der Supreme Court of Florida (Supreme Court) am 8.3.2001 eine Schadensersatz-Klage gegen den Internet-Provider America Online (AOL) wegen Beihilfe zum Handel mit Kinderpornografie abgewiesen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, nach dem amerikanischen Communications Decency Act von 1995 könne das Unternehmen nicht für rechtswidrige Handlungen seiner Kunden verantwortlich gemacht werden, weil AOL keine Kenntnis von deren Rechtsverstößen gehabt hätte. Der Supreme Court bestätigte damit eine Entscheidung des Bezirksgerichts von Palm Beach, die in zweiter Instanz bereits vom Berufungsgericht für den vierten Bezirk bestätigt worden war.
Im Fall war im Jahr 1994 die auf Video aufgezeichnete Vergewaltigung eines elfjährigen Jungen aus Florida in einem AOL-Chatroom für Pädophile öffentlich zum Kauf angeboten worden. Der Inhalt des Videos wurde dabei genau beschrieben. Nachdem der Täter wegen der Tat zu 22 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war, verklagte die Mutter des inzwischen 18jährigen Jungen AOL auf acht Millionen US-Dollar Schadensersatz. Sie begründete die Klage damit, AOL wäre verpflichtet gewesen, den Handel mit dem offensichtlich rechtswidrigen Video zu verhindern. AOL berief sich im Prozess darauf, nach den Haftungsregelungen des Communications Decency Act scheide eine Haftung aus, weil AOL keine positive Kenntnis von dem Angebot gehabt habe.
Während sich vier von sieben Richtern des Supreme Court dieser Auffassung anschlossen, äußerten drei Richter in einer abweichenden Meinung ("dissenting opinion") ungewöhnlich harte Kritik an der Entscheidung und an den Regelungen des Communications Decency Act. Das Gesetz stehe im Gegensatz zu bewährten Rechtsgrundsätzen und stelle technisches "Wortgesummse" ("technology buzz words") und wirtschaftliche Überlegungen in nicht zu rechtfertigender Weise über Sicherheit und Allgemeinwohl der Bevölkerung. Während AOL das Urteil begrüßte, hat der Anwalt der Klägerin bereits angekündigt, die Entscheidung angreifen zu wollen.
Dokumente:
- Entscheidung des Florida Supreme Court vom 8.3.2001
- Communications Decency Act of 1995
- 47 U. S. Code - Telephones, Telegraphs und Radiotelegraphs
Institutionen:
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