mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht

Zu Artikel 7:

 

Art. 7 enthält die grundlegenden Vorschriften über die Zulassung und Finanzierung privaten Rundfunks. Er gilt nicht nur für bundesweiten, sondern auch für regionalen und lokalen privaten Rundfunk ohne Rücksicht auf die verwendete Übertragungstechnik. Seine Anwendung setzt voraus, dass der Landesgesetzgeber den Rundfunk für private Veranstalter geöffnet hat. Der Staatsvertrag beschränkt sich in diesem Falle darauf, zu fordern, dass private Veranstalter einer Zulassung der nach Landesrecht zuständigen Stelle bedürfen (Absatz 1).

 

Als vorrangige Finanzierungsquellen des privaten Rundfunks nennt Absatz 2 die Werbung und Entgelte der Teilnehmer. Zu den letzteren zählen Abonnements und Einzelentgelte. Finanzierungsquellen sind auch Eigenmittel und Mittel Dritter, z. B. von Spendern und Sponsoren. Da private Veranstalter keine Rundfunkgebühren erhalten, auch nicht in Form eines zusätzlichen Anteils (Art. 6 Abs. 3), ist ihnen Werbung in weit größerem Umfang gestattet, als dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Damit entspricht der Staatsvertrag der Zielsetzung seiner Präambel, dem privaten Rundfunk angemessene Einnahmequellen zu erschließen. Für den privaten Rundfunk gilt weder das Werbeverbot an Sonn- und Feiertagen noch eine tageszeitliche Begrenzung; Art. 7 Abs. 3 begrenzt vielmehr nur den Anteil der Werbung an der täglichen Sendezeit, und zwar auf 20 vom Hundert. Des weiteren sind Sponsorsendungen in einem weit größeren Rahmen erlaubt als beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Im Gegensatz zu Art. 3 Abs. 7 dürfen private Veranstalter durch Sponsorsendungen wirtschaftliche Vorteile haben, wenn nur der Inhalt dieser Sendungen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Interessen des Sponsors oder eines anderen steht (Art. 7 Abs. 7 Satz 1); anderenfalls wäre die Sponsorsendung selbst als Wirtschaftswerbung nach Art. 7 Abs. 3 bis 6 zu behandeln. Aus der grundsätzlichen Zulassung von Sponsorsendungen im privaten Rundfunk ergibt sich aber die Notwendigkeit weitergehender Ordnungsvorschriften als für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Sie dürfen nicht missbräuchlich politischen oder weltanschaulichen Interessen dienen; andere Sendungen dürfen durch sie nicht unterbrochen werden, sie dürfen ihrerseits nicht durch Werbung unterbrochen werden, der Sponsor ist am Anfang und am Ende der Sendung zu benennen, das übrige Programm darf inhaltlich nicht beeinflusst werden (Art. 7 Abs. 7 Sätze 2 bis 5).

 

Im übrigen entsprechen die Ordnungsvorschriften für Werbung im privaten Rundfunk nach Art. 7 Abs. 4 ff. weitestgehend denen für den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk nach Art. 3 Abs. 2 ff. Die für private Veranstalter nach Landesrecht zuständigen Stellen erlassen gemeinsame Richtlinien zur Durchführung des Art. 7 Abs. 3 bis 7 (Art. 7 Abs. 8). Wie bei Art. 3 Abs. 8 handelt es sich hier um gemeinsame Richtlinien zur einheitlichen Handhabung (vgl. auch Begründung zu Artikel 3).

 

Da Art. 7 für den gesamten Bereich des privaten Rundfunks gilt, ändert er unmittelbar anderweitige Regelungen des Landesrechts ab (vgl. auch Art. 16 Abs. 1).

 

Art. 7 Abs. 1 Satz 2 nennt – wie schon Art. 6 Abs. 1 Nr. 1 – die nach Landesrecht zuständigen Stellen. Diese Formulierung wird sodann in den folgenden Bestimmungen durchweg verwendet (vgl. Art. 7 Abs. 6 und 8, Art. 8 Abs. 2 und 4, Art. 10 Abs. 4, Art. 12). Sie wurde bewusst gewählt, um nicht in das nach den jeweiligen Verhältnissen vielfach unterschiedliche Organisationsrecht der einzelnen Länder einzugreifen. Es bleibt somit den Ländern überlassen zu bestimmen, welche Stelle jeweils zuständig ist. Nach Landesrecht können für ein und dieselbe Aufgabe sogar mehrere Stellen zuständig sein. Bereits bestehende Zuständigkeitsregelungen der einzelnen Länder werden auch nicht durch den Staatsvertrag als späteres Recht abgelöst. Dies gilt insbesondere auch für die bereits vorhandenen Zuständigkeitsbestimmungen im norddeutschen und im süddeutschen Staatsvertrag vom 20.3. bzw. 12.5.1986, die erhalten bleiben.

 

Zu Artikel 8:

 

Im Gegensatz zu den Art. 7 und 10 gilt Art. 8 nur für den bundesweit verbreiteten, d. h. in allen Ländern empfangbaren, privaten Rundfunk. Es stellt Mindestanforderungen zur Sicherung der Meinungsvielfalt auf und lässt Bestimmungen der Länder mit weitergehenden Anforderungen an die Sicherung der Meinungsvielfalt im bundesweit verbreiteten Rundfunk (wie z. B. die Verpflichtung zur Meinungsvielfalt in jedem Programm) sowie die Vorschriften der Länder zur Sicherung der Meinungsvielfalt in anderen privaten Rundfunkprogrammen unberührt (Absatz 7). Maßgebend ist dabei das Recht des Landes, in welchem nach Art. 7 Abs. 1 die Zulassung erteilt worden ist.

 

Absatz 1 enthält die Grundaussagen zum Erfordernis der Meinungsvielfalt entsprechend den Anforderungen, die das Bundesverfassungsgericht in seinem vierten Rundfunkurteil vom 4.11.1986 an den privaten Rundfunk gestellt hat. Hiervon bleibt die Möglichkeit unberührt, Programme mit gleichartigen Nutzungsinhalten (Spartenprogramme) anzubieten.

 

An Absatz 1 muss sich jedes einzelne private Rundfunkprogramm messen lassen, solange nicht mindestens drei Vollprogramme im Geltungsbereich des Grundgesetzes von verschiedenen privaten Veranstaltern bundesweit verbreitet werden (Absatz 2 Satz 1). Werden mindestens drei derartige Vollprogramme bundesweit verbreitet, so wird darauf abgestellt, ob das Gesamtangebot dieser Programme den Anforderungen an die Meinungsvielfalt nach Absatz 1 entspricht. Es muss sich um mindestens drei Hörfunkvollprogramme oder um mindestens drei Fernsehvollprogramme handeln. Das Gesamtangebot ist für die Meinungsvielfalt maßgebend, wenn und solange nicht die für diese Rundfunkprogramme nach Landesrecht zuständigen Stellen übereinstimmend feststellen, dass die Anforderungen an die Meinungsvielfalt durch das Gesamtangebot nicht erfüllt sind; bei einer solchen Feststellung ist jedes dieser Rundfunkprogramme zur Meinungsvielfalt nach Absatz 1 verpflichtet (Absatz 2). Wie diese Verpflichtung durchgesetzt wird, richtet sich nach Landesrecht (vgl. Art. 16 Abs. 1).

 

Solange jedes einzelne private Rundfunkprogramm zur Meinungsvielfalt nach Absatz 1 verpflichtet ist, also sowohl im Falle des Absatzes 2 Satz 1, als auch im Falle des Absatzes 2 Satz 3 letzter Halbsatz, hat jeder Veranstalter durch geeignete Vorkehrungen zu gewährleisten, dass eine vorherrschende Einwirkung auf die Meinungsbildung durch bundesweiten privaten Rundfunk ausgeschlossen ist (Absatz 6). Als Beispiel für eine geeignete Vorkehrung bezeichnet der Staatsvertrag die Bildung eines Beirates mit wirksamem Einfluss auf das Rundfunkprogramm. Bei einem von einer Veranstaltergemeinschaft veranstalteten Programm genügt ein vertraglich oder auf Satzung beruhender Ausschluss eines vorherrschenden Einflusses durch einen Beteiligten mit mehr als 50 vom Hundert der Kapital- und Stimmrechtsanteile.

 

Die Absätze 3 und 4 enthalten losgelöst, also unabhängig von den Absätzen 1 und 2, Regelungen zu den Programminhalten: Nach Absatz 3 darf ein einzelnes Programm die Bildung der öffentlichen Meinung in keinem Fall im hohen Maße ungleichgewichtig beeinflussen. Dies dient auch dem Schutz der anderen Veranstalter, die nicht zum Ausgleich völlig einseitiger Programme verpflichtet sind. Absatz 4 enthält eine Bemühensvorschrift zur Beteiligung von Interessenten mit kulturellen Programmbeiträgen an Veranstaltergemeinschaften- Rechtsansprüche der Beteiligten oder Dritter können daraus nicht abgeleitet werden. Der Staatsvertrag enthält keine Begriffsbestimmung zur Veranstaltergemeinschaft. Es bestehen keine Bedenken, die Begriffe der einzelnen Landesrundfunkgesetze hierzu zugrunde zu legen, wenn Sinn und Zweck des Staatsvertrages nicht entgegenstehen (Veranstaltergemeinschaft kann z. B. auch eine juristische Person des Privatrechts sein, an der mehrere Gesellschafter beteiligt sind).

 

Mit Absatz 5 soll der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht im Rundfunk und der Gefahr einer Konzentration entgegengewirkt werden: Ein Veranstalter darf im Geltungsbereich des Grundgesetzes bundesweit jeweils nur ein Vollprogramm und ein Spartenprogramm, und zwar sowohl im Hörfunk als auch im Fernsehen, verbreiten; bundesweit ortsüblich empfangbare deutschsprachige Programme werden dabei mitgezählt. Gleichzeitig legt die Vorschrift fest, wer dem Veranstalter unter dem Gesichtspunkt einer maßgeblichen Einwirkung oder eines maßgeblichen Einflusses rundunkrechtlich zuzurechnen ist; auf die Rechtsform der Verbindung kommt es dabei nicht an. Schließlich werden Fensterprogramme nach Maßgabe des jeweiligen Landesrechts für zulässig erklärt.

 

Zu Art.8 haben die Regierungschefs der Länder eine Protokollerklärung über eine Kooperation des öffentlich‑rechtlichen Rundfunks mit privaten Veranstaltern abgegeben.

 

Zu Artikel 9:

 

Wie Art. 8, gilt auch Art. 9 – im Gegensatz zu den Art. 7 und 10 – nur für bundesweit verbreiteten privaten Rundfunk (Absatz 6). Unberührt gemäß Art. 16 Abs. 1 bleiben also landesrechtliche Vorschriften für landesweite, regionale und lokale Programme.

 

Absatz 1 normiert die allgemeinen Programmgrundsätze entsprechend den für den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk geltenden Grundsätzen. Sie werden in Absatz 3 für Informationssendungen konkretisiert und ergänzt. Auch Absatz 3 lehnt sich an das geltende Recht in Landesrundfunkgesetzen und in anstaltsinternen Richtlinien für den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk an.

 

Für Rundfunkvollprogramme (ausgenommen Spartenprogramme) enthält Absatz 2 das Gebot, zur Darstellung der Vielfalt im deutschsprachigen und europäischen Raum mit einem angemessenen Anteil an Information, Kultur und Bildung beizutragen. Unabhängig hiervon sollen Vollprogramme einen wesentlichen Anteil an Eigen- und Auftragsproduktionen einschließlich Gemeinschaftsproduktionen aus dem deutschsprachigen und europäischen Raum enthalten. Es handelt sich um qualitative Auflagen, mit denen vor allem der besonderen Bedeutung des länderübergreifenden Rundfunks auch im Bereich des privaten Rundfunks Rechnung getragen werden soll (für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk enthält Art. 2 Abs. 1 und 2 eine Verpflichtung, im Satellitenrundfunk kulturelle Schwerpunkte zu setzen). Es handelt sich bei Art. 9 Abs. 2 um eine Soll-Vorschrift ohne Festlegung von Quoten; die Vorschrift ist hinreichend konkretisiert und damit im Rahmen der Aufsicht einer Kontrolle zugänglich. Dabei ist hinsichtlich der einzelnen Programmteile eine stufenweise Entwicklung möglich und zulässig.

 

Absatz 4, der gemäß Art. 16 Abs. 2 auch für den öffentlich‑rechtlichen Rundfunk gilt, schreibt vor, dass bei der Bekanntgabe der Ergebnisse von Meinungsumfragen im Rundfunk ausdrücklich anzugeben ist, ob sie repräsentativ angelegt sind und ein entsprechend abgesichertes Meinungsbild wiedergeben. Absatz 4 gilt nicht für Berichte über Meinungsumfragen, die außerhalb des Rundfunks durchgeführt werden; im Rahmen einer Berichterstattung hierüber ist aber die Beachtung der journalistischen Sorgfaltspflicht nach Absatz 3 geboten.

 

Entsprechend ihrer besonderen Stellung sind den beiden großen Kirchen und den jüdischen Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland nach Absatz 5 angemessene, d. h. zweckentsprechende Sendezeiten zur Übertragung religiöser Sendungen, einzuräumen. Unter religiösen Sendungen sind Übertragungen zu verstehen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Ausübung des jeweiligen Bekenntnisses oder dem Verkündigungsauftrag stehen. Mit der Kostenregelung hierzu wird ein angemessener Ausgleich geschaffen. Hiervon bleibt die Möglichkeit unberührt, mit den Veranstaltern Vereinbarungen über kostenfreie Sendungen zu treffen.

 

Politischen Parteien und politischen Vereinigungen müssen nach Absatz 5 angemessene Sendezeiten eingeräumt werden, wenn für sie ein Wahlvorschlag zum Deutschen Bundestag oder zum Europäischen Parlament zugelassen ist und die Sendezeiten zur Vorbereitung dieser Wahlen beansprucht werden. In diesem Fall gilt § 5 Abs. 1 bis 3 des Parteiengesetzes entsprechend, d. h. es ist der Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten, der je nach Bedeutung eine Abstufung der Sendezeiten zulässt. Entsprechend dem Umfang der jeweiligen Sendungen sind die Parteien und Vereinigungen auch bei der Kostenerstattung gleich zu behandeln.

 

 

 

Seitenanfang