NEUNTER ABSCHNITT
Urhebernachfolgevergütung
(Anm. d. Red.: Nicht in das UrhG übernommen.)
Es ist eine viel kritisierte Tatsache, daß Urheber kulturell wertvoller Werke zu ihren Lebzeiten aus ihren Werken keinen ausreichenden Nutzen ziehen können, während nach Ablauf der Schutzfrist, wenn sich die Werke durchgesetzt haben, Dritte diese Werke mit erheblichem Gewinn verwerten. Durch eine Verlängerung der Schutzfrist kann dieser Unbilligkeit nicht begegnet werden. Mit der im Entwurf vorgeschlagenen Einführung einer Urhebernachfolgevergütung soll versucht werden, sie für die lebenden Urheber wenigstens zu mildern.
Unter der Urhebernachfolgevergütung ist eine Vergütung zu verstehen, die für die Verwertung von urheberrechtlich nicht oder nicht mehr geschützten Werken zu entrichten ist und zur Unterstützung und Förderung der zeitgenössischen Urheber verwandt werden soll. Die Einrichtung der Urhebernachfolgevergütung beruht auf dem Gedanken, daß den Urhebern von Werken bleibender Bedeutung gleichsam im Vorgriff auf ihre für spätere Zeit der Allgemeinheit zugute kommenden Leistungen ein Ausgleich aus der Verwertung bereits frei gewordener Werke verstorbener Urheber gewährt werden sollte.
Die Bestrebungen, eine Urhebernachfolgevergütung einzuführen, sind alt und nicht auf Deutschland beschränkt. Der Gedanke stammt aus Frankreich und wird unter der Bezeichnung "domaine public payant" in fast allen Kulturstaaten erörtert. Sowohl die Brüsseler Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft von 1948 wie auch die Genfer Urheberrechtskonferenz von 1952, die zur Unterzeichnung des Welturheberrechtsabkommens führte, haben sich mit dem Problem der Urhebernachfolgevergütung befaßt und übereinstimmend folgende Entschließung gefaßt:
"Die Konferenz erkennt die Bedeutung an, welche die Errichtung und Gründung von Wohlfahrts- und Unterstützungskassen aus Mitteln einer abgabepflichtigen Nutzung gemeinfreier Werke im Interesse der Verbesserung der Lebensbedingungen und der Arbeitsmittel für zeitgenössische Autoren literarischer und künstlerischer Werke haben kann, dankt für die Initiative, die in verschiedenen Staaten schon von öffentlicher oder privater Seite ergriffen worden ist, und drückt den Wunsch aus, daß in allen Staaten, in denen sich die Institutionen zur Anwendung einer solchen Maßnahme bereit erklären, die Möglichkeit der Verwirklichung des "domaine public payant" gemäß den Gegebenheiten des jeweiligen Staates erwogen wird."
In verschiedenen Staaten bestehen bereits gesetzliche Regelung des "domaine public payant", z. B. in Argentinien, Chile, Frankreich, Italien, Jugoslawien, Mexiko, Spanien, der Tschechoslowakei, Ungarn, Uruguay und Venezuela. Die Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung ist je nach den nationalen Gegebenheiten allerdings sehr unterschiedlich. Zum Teil sind nur bestimmte Formen der Verwertung freigewordener Werke vergütungspflichtig (z. B. in Italien nur die Aufführung, die Sendung und die verlagsmäßige Verwertung) oder es ist nur für die Verwertung bestimmter Werkarten eine Vergütung zu zahlen (z. B. in Frankreich nur für die Verwertung literarischer Werke). Weitere Unterschiede bestehen hinsichtlich der Berechnung und der Höhe der Vergütung sowie hinsichtlich des für ihre Einziehung vorgesehenen Verfahrens. In der Regel fließen die Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung selbständigen Kultur- oder Urheberfonds zu, deren Aufgabe - nicht immer ausschließlich, jedoch meist überwiegend - die Unterstützung und Förderung verdienter Urheber ist. Teilweise sind die Verwertungsgesellschaften der Urheber mit der Einziehung und Verwendung der Urhebernachfolgevergütung unter staatlicher Aufsicht beauftragt (z. B. in Mexiko). In Italien und Spanien erhält der Staat die Einnahmen, der dafür seinerseits gewisse Zuschüsse an Hilfsorganisationen der Urheber zahlt; diese Zuschüsse sind in Italien erheblich niedriger als die Einkünfte aus der Urhebernachfolgevergütung. Soweit selbständige Kultur- oder Urheberfonds bestehen, werden diese vielfach neben den Einkünften aus der Verwertung gemeinfreier Werke zusätzlich aus weiteren Quellen gespeist, z. B. aus Beiträgen der Urheber selbst (Chile, Frankreich, Tschechoslowakei), aus Staatszuschüssen (Argentinien, Frankreich, Tschechoslowakei) oder aus einer Kulturabgabe für die Verwertung geschützter und ungeschützter Werke (Argentinien). In einigen Staaten, die keine Urhebernachfolgevergütung kennen, bestehen Kulturfonds, die ausschließlich Einkünfte aus solchen anderen Quellen beziehen, z. B. in Bulgarien. In der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands wurde 1949 ein Kulturfonds errichtet, dem ursprünglich neben einer Kulturabgabe auch Einkünfte aus der Verwertung gemeinfreier Werke zuflossen, der jedoch seit 1960 allein durch eine Kulturabgabe finanziert wird, d. h. durch Aufschläge auf die Rundfunkgebühren, die Kaufpreise für Schallplatten und die Eintrittspreise für bestimmte Veranstaltungen, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um freie oder geschützte Werke handelt.
In Deutschland wurde die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung bereits bei den Beratungen zum LUG erörtert, damals jedoch abgelehnt, insbesondere unter Hinweis auf die praktischen Schwierigkeiten der Einziehung und Verteilung und die Gefahr, daß die dadurch verursachten Kosten die Einnahmen übersteigen könnten. Auch in den vor 1945 ausgearbeiteten Entwürfen zur Urheberrechtsreform waren keine Bestimmungen über eine Urhebernachfolgevergütung vorgesehen. Nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Einführung der Urhebernachfolgevergütung wiederum lebhaft erörtert. Die gesamte Urheberschaft trat nachhaltig für sie ein. Auch der damalige Bundespräsident, Professor Heuss, befürwortete in Brief an Walter von Molo vom einem offenen 15. April 1952 (Bulletin der Bundesregierung 1952 S. 507) den Gedanken, die ,frei gewordenen Dichter oder Schriftsteller in gewissem Umfange zu Mitwirkenden bei der Sicherung der Lebensarbeit und der Lebenswürde ihrer Nachfolger zu machen". Nachdem der Referentenentwurf von 1954 noch eine abwartende Stellung bezogen und von Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung wegen noch nicht ausreichender Klärung der Frage abgesehen hatte, enthielt der Ministerialentwurf von 1959 in den §§ 69 bis 74 formulierte Vorschläge für die Einführung der Urhebernachfolgevergütung.
Die Erörterung dieser Vorschläge hat gezeigt, daß die stets befürchteten Schwierigkeiten der praktischen Durchführung überwindbar erscheinen und insbesondere die Kosten des Einziehungs- und Verteilungsverfahrens auf einen geringen Bruchteil der zu erwartenden Einnahmen beschränkt werden können. Der vorliegende Entwurf hält daher an dem Vorschlag der Einführung der Urhebernachfolgevergütung fest.
Das Ziel der Urhebernachfolgevergütung, eine Hilfe für die Urheber zu ermöglichen, die sich um das deutsche Kulturschaffen verdient gemacht haben und wirtschaftliche Not leiden, wird allgemein als berechtigt anerkannt. Es ist das Anliegen, das zur Zeit bereits die 1953 auf Veranlassung des damaligen Bundespräsidenten gegründete "Deutsche Künstlerhilfe", allerdings mit unzureichenden Mitteln, verfolgt. Der Künstlerhilfe, die neben Urhebern auch notleidende ausübende Künstler betreut, stehen zur Zeit rund 750 000,- DM zur Verfügung, von denen etwa 600 Personen laufende Zuwendungen von 100,- DM monatlich erhalten; aus dem verbleibenden Restbetrag werden einmalige Zuwendungen in Sonderfällen gezahlt. Da die unterstützten Künstler nach strengen künstlerischen Anforderungen ausgewählt und nur Fälle einer wirklichen Notlage berücksichtigt werden, ist es offensichtlich, daß die Deutsche Künstlerhilfe - jedenfalls in ihrer jetzigen Form - den verdienten Urhebern keine wirksame Hilfe bieten kann.
Es werden indessen Bedenken dagegen erhoben, die als notwendig erkannte Verstärkung der Hilfe für verdiente Urheber durch die vorgesehene Urhebernachfolgevergütung, d. h. durch eine Belastung der Verwertung freier Werke mit einer Vergütungspflicht, zu erreichen. Es wird eingewandt, die Urheberhilfe sei eine Aufgabe des ganzen Volkes und dürfe nicht auf die kleine Gruppe der Verwerter freier Werke abgewälzt werden. Die Einführung der Urhebernachfolgevergütung werde zu einer Verteuerung gerade der wertvollen Kulturgüter führen, und die Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung als einer Nachwirkung des Urheberrechts nach Ablauf der Schutzfrist sei auch rechtsdogmatisch bedenklich, weil das Urheberrecht nur individuelle Rechte der Urheber oder ihrer Erben begründen könne. Richtiger sei es, die notwendigen Mittel zur Unterstützung der Urheber aus allgemeinen Steuergeldern oder durch Einführung einer Kulturabgabe zu beschaffen, d. h. durch Erhebung eines Aufschlags auf die Eintrittspreise für kulturelle Veranstaltungen, auf die Rundfunkgebühren und die Kaufpreise von Büchern und Schallplatten, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um freie oder noch geschützte Werke handelt. Teilweise wird auch vorgeschlagen, den Urhebern lediglich bei dem Aufbau einer eigenen berufsständischen Altersversorgung durch staatliche Zuschüsse zu helfen.
Gegen eine Finanzierung der Urheberhilfe aus allgemeinen Steuergeldern, die etwa durch Erhöhung der bisher nur geringen öffentlichen Zuschüsse zur Deutschen Künstlerhilfe erreicht werden könnte, spricht die Unsicherheit einer solchen Maßnahme, die darin besteht, daß die notwendigen Mittel von Jahr zu Jahr sowohl dem Grunde wie der Höhe nach von den zuständigen Stellen neu bewilligt werden müßten.
Dieser Nachteil würde bei Einführung einer zweckgebundenen Kulturabgabe vermieden werden können. Die Einführung einer Kulturabgabe wäre jedoch Sache der Länder. Es ist ungewiß, ob und wann eine Regelung auf Länderebene verwirklicht werden kann. Da eine ausreichende Urheberhilfe jedoch ein dringliches Anliegen der Gegenwart ist, muß die Möglichkeit einer Finanzierung der Urheberhilfe über eine Kulturabgabe zur Zeit außer Betracht bleiben.
Auch der weitere Alternativvorschlag zur Urhebernachfolgevergütung, der Aufbau einer berufsständischen Altersversicherung der Urheber mit staatlicher Unterstützung, erscheint nicht durchführbar. Die freischaffenden Urheber bilden in ihrer Gesamtheit keinen organisierten oder organisierbaren Berufsstand. Es steht nicht zu erwarten, daß es zu einem Zusammenschluß der Urheber in einer kollektiven Versicherungseinrichtung kommt, selbst wenn ihnen hierfür ein Zuschuß aus öffentlichen Mitteln in Aussicht gestellt werden würde. Hinzu kommt, daß sich eine solche Altersversicherung in ihrem Kern stets auf freiwillige regelmäßige Beitragszahlungen der Urheber stützen müßte, die meisten selbständigen Urheber aber wegen der geringen Höhe und der Unbeständigkeit ihres Einkommens zu solchen Beitragszahlungen nicht in der Lage sein dürften. Aus diesem Grunde muß auch die Einführung einer Pflichtversicherung etwa durch Einbeziehung der Urheber in die Sozialversicherung außer Betracht bleiben. Einen gewissen Ansatzpunkt für eine eigenständige Altersversicherung der Urheber bieten die Verwertungsgesellschaften der Urheber. Die GEMA, die Verwertungsgesellschaft der Komponisten, Textdichter und Musikverleger, hat eine Sozialkasse geschaffen, aus der ihren Mitgliedern eine angemessene Versorgung im Alter (200,- bis 500,- DM monatlich) und Unterstützung bei Krankheit und anderen Notfällen gewährt wird. In § 8 des Entwurfs eines Verwertungsgesellschaftengesetzes ist eine Bestimmung vorgesehen, die allgemein den Verwertungsgesellschaften die Schaffung derartiger Versorgungseinrichtungen nahegelegt. Es erscheint jedoch fraglich, ob sich für alle Bereiche des geistigen Schaffens Verwertungsgesellschaften bilden werden und ob, wenn dies der Fall sein sollte, diese Verwertungsgesellschaften sämtlich so hohe Einkünfte erzielen werden, daß der Aufbau von Versorgungseinrichtungen möglich wird.
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, sind die anderen vorgeschlagenen Möglichkeiten zur Finanzierung einer Urheberhilfe entweder überhaupt nicht oder zur Zeit nicht erfolgversprechend. Somit bleibt, wenn man dem Anliegen der Urheberschaft Rechnung tragen will, nur die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung in der vom Entwurf vorgeschlagenen Form, die wegen ihres Sachzusammenhangs mit dem Urheberrecht im Rahmen der Urheberrechtsreform als Teil des Urheberrechtsgesetzes geregelt werden kann und damit Aussicht auf eine baldige Verwirklichung bietet.
Die gegen die Urhebernachfolgevergütung als solche erhobenen Bedenken rechtspolitischer und rechtsdogmatischer Art erscheinen nicht durchschlagend. Der Einwand, die Urheberhilfe sei eine Aufgabe des ganzen Volkes und dürfe nicht auf den kleinen Kreis der Verwerter gemeinfreier Werke abgewälzt werden, übersieht, daß die Urhebernachfolgevergütung nicht immer und ausschließlich zu einer Belastung der Verwerter, d. h. der Verleger, der Schallplattenhersteller, der Bühnenunternehmen usw., führt, sondern auch von der Allgemeinheit in Gestalt höherer Preise für den Erwerb oder den Genuß freier Werke zu tragen sein wird.
Die Befürchtung, daß durch ein solches Ansteigen der Preise der Zugang der Allgemeinheit gerade zu den bedeutenden Kulturgütern erschwert werde, erscheint übertrieben. Bei einer Vergütung in Höhe von nur 1/10 der sonst üblichen Urhebertantieme, d. h. bei Büchern und Schallplatten 1 vom Hundert des Ladenpreises (vgl. § 76), dürfte sich die etwaige Preiserhöhung in zumutbaren Grenzen halten. Dem Einwand der Verteuerung der Kulturgüter ist zudem entgegenzuhalten, daß dem kulturellen Interesse der Allgemeinheit durch die mit der Urhebernachfolgevergütung ermöglichte Förderung des zeitgenössischen Kulturschaffens im Ergebnis weit mehr gedient sein dürfte als durch die unbeschränkte Freigabe der Verwertung gemeinfreier Werke.
Auch die rechtsdogmatischen Bedenken, die gegen eine Regelung der Urhebernachfolgevergütung im Rahmen des Urheberrechtsgesetzes geltend gemacht werden, treffen nicht zu. Es ist zwar richtig, dass die Urhebernachfolgevergütung kein Urheberrecht im Sinne des individuellen subjektiven Rechts des einzelnen Urhebers an seinem Werk beinhaltet. Sie knüpft jedoch zeitlich an das Erlöschen des individuellen Urheberrechts an und stellt gewissermaßen eine Nachwirkung des Urheberrechts nach Ablauf der Schutzfrist dar. Hieraus ergibt sich die sachliche Zugehörigkeit der Urhebernachfolgevergütung zum Urheberrecht im objektiven Sinne, d. h. zum Rechtsgebiet des Urheberrechts, dessen Gesamtregelung Aufgabe des Urheberrechtsgesetzes ist. Demzufolge ist die Einführung der Urhebernachfolgevergütung in Deutschland stets im Zusammenhang mit der Urheberrechtsreform erörtert worden, so schon bei den Beratungen zum LUG (vgl. Reichtagsdrucksachen 10. Legislaturperiode, II Session 1900 - 1902, zweiter Anlageband, Aktenstück Nr. 214 S. 1312 ff.). Soweit im Ausland bereits eine Urhebernachfolgevergütung eingeführt ist, wird sie ebenfalls überwiegend in den Urheberrechtsgesetzen geregelt. Sondergesetze sind nur dort erlassen, wo die errichteten Kultur- oder Urheberfonds neben der Urhebernachfolgevergütung noch andere Einkünfte erhalten, insbesondere Einkünfte aus einer auch die geschützten Werke erfassenden Kulturabgabe, die allerdings im steuerlichen Bereich liegt und in einem Urheberrechtsgesetz nicht geregelt werden kann. Da auch der Begriff "Urheberrecht" in Artikel 73 Nr. 9 des Grundgesetzes, durch den dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für dieses Gebiet zugewiesen wird, in dieser Sicht auszulegen ist, ist die Zuständigkeit des Bundes für die Regelung der Urhebernachfolgevergütung gegeben.
Was die finanziellen Ergebnisse der Urhebernachfolgevergütung anlangt, so ist nach vorläufigen Schätzungen zu erwarten, daß die Einnahmen für den Urheberfonds bei Zugrundelegung eines Satzes von 1/10 der üblichen Urhebervergütung für den Anfang insgesamt etwa 2 1/2 bis 3 Millionen DM jährlich betragen werden; eine spätere Erhöhung der Einnahmen nach Erfassung aller vergütungspflichtigen Verwertungsvorgänge erscheint nicht ausgeschlossen. Die Summe stellt etwa das Vierfache des Betrages dar, der zur Zeit der Deutschen Künstlerhilfe für ihre Aufgaben zur Verfügung steht. Sie kann nahezu unvermindert für die vorgesehenen Zwecke verwandt werden, da sowohl für die Einziehung der Vergütung bestehende Institutionen (Verwertungsgesellschaften) als auch für die Auswahl der begünstigten Personen vorhandene Gremien (Ausschüsse bei den Kultusministerien der Länder) herangezogen werden können. Der Entwurf begrenzt demzufolge den zur Deckung der für den Urheberfonds unvermeidbar entstehenden Unkosten erforderlichen Betrag auf höchstens 5 vom Hundert der Einnahmen (vgl. § 78 Abs. 2).
Zu der Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung im einzelnen ist folgendes zu bemerken:
Zu § 73 - Allgemeines
Absatz 1 enthält den Grundsatz, daß jeder, der ein urheberrechtlich nicht geschütztes Werk öffentlich wiedergibt, also insbesondere öffentlich vorträgt, aufführt, vorführt oder durch Funk sendet, oder der Vervielfältigungsstücke eines solchen Werkes gewerbsmäßig verbreitet, eine Vergütung an den Urheberfonds (§ 79) zu zahlen hat. Hierbei soll es nicht darauf ankommen, ob es sich um ein gemeinfreies Werk - sei es das Werk eines klassischen Dichters, das niemals urheberrechtlich geschützt gewesen ist, sei es ein erst gemeinfrei gewordenes Werk - handelt oder um das Werk eines ausländischen Urhebers, das zwar in seinem Heimatstaat geschützt wird, mangels eines internationalen Abkommens zwischen seinem Heimatstaat und der Bundesrepublik jedoch nicht den Schutz des Urheberrechtsgesetzes in Anspruch nehmen kann. Andere Verwertungsarten als die genannten sollen nicht erfaßt werden. Insbesondere soll keine gesonderte Vergütung für die Vervielfältigung gezahlt werden; sie bereitet nur die Verbreitung vor, aus der erst der Gewinn gezogen wird. Ferner soll die Verbreitung von Originalen nicht vergütungspflichtig sein, weil insoweit auch bei Bestehen des Urheberrechtsschutzes regelmäßig keine besondere Vergütung an den Urheber gezahlt wird. Der Entwurf erfaßt auch die Verfilmung nicht; es erscheint ausreichend, die Urhebernachfolgevergütung hier bei der Vorführung des Films zu erheben.
Selbstverständlich soll in den Fällen, in denen während des Laufs der Schutzfrist die Benutzung eines Werkes ohne Rücksicht auf das noch bestehende Urheberrecht vergütungsfrei zulässig ist, auch keine Urhebernachfolgevergütung zu zahlen sein. Infolgedessen bestimmt Absatz 2, daß die Urhebernachfolgevergütung insoweit nicht entrichtet zu werden braucht, als auch ein urheberrechtlich geschütztes Werk nach den Bestimmungen des Sechsten Abschnitts frei benutzt werden darf.
Zu § 74 - Verbreitung von Vervielfältigungsstücken
Absatz 1 sieht vor, daß nur für die im Wege der Veräußerung in Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücke die Vergütung zu entrichten ist und daß sie für jedes Vervielfältigungsstück nur einmal gezahlt zu werden braucht. Damit ist die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs sowohl dann ausgeschlossen, wenn das Vervielfältigungsstück nur vermietet wird, wie es z. B. mit dem Aufführungsmaterial für Bühnenwerke geschieht, als auch dann, wenn ein Vervielfältigungsstück unter Entrichtung der Urhebernachfolgevergütung erworben worden ist und anschließend weiterverbreitet wird.
Absatz 2 stellt eine Übergangsregelung für die Vervielfältigungsstücke dar, die vor Bekanntmachung der Errichtung des Urheberfonds (§ 79 Abs. 2) hergestellt sind. Da bei der Kostenberechnung für diese Vervielfältigungsstücke die Urhebernachfolgevergütung noch nicht berücksichtigt zu werden brauchte, erscheint es angemessen, die gewerbsmäßige Verbreitung hier vergütungsfrei zu lassen.
Zu § 75 - Ausnahmen
Absatz 1 sieht in bestimmten Ausnahmefällen eine Freistellung von der Urhebernachfolgevergütung vor. Nach Nummer 1 soll für die Verwertung bestimmter Werke, deren erleichterte Verbreitung besonders im allgemeinen Interesse liegt, keine Urhebernachfolgevergütung zu zahlen sein. Nummer 2 stellt klar, daß für die Verwertung geschützter Ausgaben freier Werke (§§ 80 und 81) keine Urhebernachfolgevergütung zu entrichten ist. Nummer 3 nimmt Ausgaben von Werken, deren Ladenpreis weniger als 2,50 DM beträgt, von der Urhebernachfolgevergütung aus, deren Betrag in diesem Fall verschwindend gering sein würde. Unter die Ausnahme fallen Kleinbuchreihen (z. B. Taschenbücher), Notenhefte und ähnliche billige Ausgaben.
Absatz 2 stellt darüber hinaus dem Urheberfonds frei, in besonderen Ausnahmefällen auf die Urhebernachfolgevergütung zu verzichten. Hierbei ist z. B. an den Fall gedacht, daß die Gesamtausgabe der Werke eines klassischen Dichters nur mit beträchtlichen Subventionen veranstaltet werden kann, die bei Geltendmachung des Anspruchs auf die Urhebernachfolgevergütung noch erhöht werden müßten.
Zu § 76 - Höhe der Urhebernachfolgevergütung
Die Urhebernachfolgevergütung soll die Verbreitung gemeinfreier Werke nicht unbillig erschweren. Es erscheint angemessen, sie grundsätzlich auf 1/10 derjenigen Vergütung festzusetzen, die während der Schutzfrist an den Urheber oder seine Rechtsnachfolger gezahlt wird (Absatz 1 Satz 1).
Absatz 1 Satz 2 enthält eine Sonderregelung für die gewerbsmäßige Verbreitung von Vervielfältigungsstücken. In diesem Fall soll die Vergütung 1 vom Hundert des Ladenpreises betragen. Diese Regelung beruht auf der Erwägung, daß während des Bestehens des Urheberrechts an den Berechtigten durchschnittlich 10 vom Hundert des Ladenpreises abgeführt werden. Um die Abrechnung nicht durch Pfennigbeträge zu erschweren, sieht der Entwurf eine Abrundung vor; danach beträgt z. B. die Urhebernachfolgevergütung für die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken bei einem Ladenpreis von 12,50 DM 15 Pf, bei einem Ladenpreis von 12,40 DM 10 Pf.
Absatz 2 bestimmt die Höhe der Vergütung in den Fällen, in denen ein gemeinfreies Werk bearbeitet worden ist und die noch geschützte Bearbeitung mit Einwilligung des Bearbeiters verwertet werden soll. Da hier zugleich das der Bearbeitung zugrunde liegende Werk verwertet wird, muß die Urhebernachfolgevergütung grundsätzlich gezahlt werden. Mit Rücksicht auf die an den Bearbeiter zu entrichtende Urhebervergütung soll sie jedoch nur die Hälfte der in Absatz 1 vorgesehenen Sätze betragen.
Absatz 3 verpflichtet den Urheberfonds zum Abschluß von Pauschalverträgen über die Höhe der Urhebernachfolgevergütung, wenn die Einzelabrechnung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde. Dies wird insbesondere im Buch- und Musikverlag weitgehend der Fall sein. Durch die pauschale Bemessung der Urhebernachfolgevergütung soll eine unbillige finanzielle und arbeitsmäßige Belastung der Verwerter freier Werke verhindert werden.
Zu § 77 - Einziehung der Urhebernachfolgevergütung
Die Bestimmung verfolgt ebenso wie § 76 Abs. 3 das Ziel, die mit der Einziehung der Urhebernachfolgevergütung verbundenen Unkosten möglichst niedrig zu halten.
Gläubiger der Urhebernachfolgevergütung ist nach § 73 der Urheberfonds. Diesem obliegt ihre Geltendmachung und Einziehung, insbesondere sind von ihm die in § 76 Abs. 3 vorgesehenen Pauschalvereinbarungen über die Höhe der zu entrichtenden Beträge mit den Verwertern zu treffen. Soweit in einzelnen Verwertungsbereichen dem Urheberfonds nur wenige Verwerter gegenüberstehen, wie etwa auf dem Gebiet der Funksendung, der Schallplattenproduktion und der verlagsmäßigen Verwertung freier Werke, sind mit der Einziehung der Urhebernachfolgevergütung keine wesentlichen Unkosten verbunden. Anders liegt es bei Vorträgen, Aufführungen und Vorführungen freier Werke, die durch eine Vielzahl einzelner Verwerter vorgenommen werden. Bei der geringen Höhe der Urhebernachfolgevergütung würde sich hier der Aufbau eines selbständigen Überwachungssystems zur Erfassung aller Verwertungsfälle nicht lohnen. Der Entwurf ermächtigt daher in Satz 1 den Urheberfonds, die Einziehung der Urhebernachfolgevergütung insoweit den Verwertungsgesellschaften zu überlassen, die jeweils die entsprechenden Nutzungsrechte oder Vergütungsansprüche an urheberrechtlich geschützten Werken wahrnehmen und hierzu bereits die notwendigen Überwachungs- und Inkassosysteme errichtet haben. Die Mitwirkung der Verwertungsgesellschaften soll sich dabei auf die bloße Einziehung beschränken; die Pauschalsätze für die Höhe der Urhebernachfolgevergütung soll auch in diesen Fällen - gegebenenfalls auf Grund von Gesamtverträgen mit den betreffenden Verwerterorganisationen - durch den Urheberfonds festgesetzt werden.
Durch die Einziehung der Urhebernachfolgevergütung werden den Verwertungsgesellschaften in der Regel keine zusätzlichen Kosten entstehen, da die Urhebernachfolgevergütung als Aufschlag auf die für die Verwertung geschützter Werke ohnehin zu zahlende Urhebertantieme berechnet werden kann. Dennoch könnten an sich die Verwertungsgesellschaften zu Recht als Entschädigung für die Einziehungshilfe eine angemessene Beteiligung des Urheberfonds an den allgemeinen Unkosten des Kontroll- und Inkassosystems verlangen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß ein dringendes Interesse daran besteht, die Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung möglichst ungeschmälert dem vorgesehenen Zweck der Unterstützung und Förderung der Urheber zuzuführen, und daß die Verwertungsgesellschaften als Interessenvertretungen der Urheber selbst hierauf bedacht sein sollten. Dieser besonderen Lage versucht die in Satz 2 vorgesehene Regelung dadurch gerecht zu werden, daß den Verwertungsgesellschaften grundsätzlich kein Unkostenersatz geleistet, dafür jedoch ein Zuschuß zu den von ihnen geschaffenen Versorgungseinrichtungen zur Verbesserung der Versorgung verdienter Urheber gewährt werden soll.
Zu § 78 - Verwendung der Urhebernachfolgevergütung
Absatz 1 regelt die Verwendung der Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung. Die vorgesehene Zweckbestimmung entspricht der in der Vorbemerkung zu diesem Abschnitt dargelegten Zielsetzung der Urhebernachfolgevergütung.
Auf die Zuwendungen aus der Urhebernachfolgevergütung soll, ebenso wie es heute bereits bei den Zuwendungen aus der Deutschen Künstlerhilfe der Fall ist, kein Rechtsanspruch für den einzelnen Urheber oder dessen Hinterbliebene bestehen. Demzufolge werden die Zuwendungen nicht auf Unterstützungen und sonstige Sozialleistungen anzurechnen sein. Die Gewährung von Steuerfreiheit für diese Zuwendungen bleibt der Steuergesetzgebung vorbehalten.
Dem Vorschlag, eine Bindung hinsichtlich der Verteilung der Urhebernachfolgevergütung in der Weise zu schaffen, daß die Einnahmen jeweils den Urhebern derjenigen Kunstgattung zufließen sollen, aus der sie stammen, folgt der Entwurf nicht. Eine solche Bestimmung hätte zur Folge, daß der weitaus größte Teil der Urhebernachfolgevergütung den Komponisten zugute käme, die bildenden Künstler dagegen fast leer ausgingen. Gerade bei den bildenden Künstlern aber ist nach den Erfahrungen der Deutschen Künstlerhilfe die Not am größten. Man würde also durch eine spartenmäßige Verteilung der Urhebernachfolgevergütung das mit dieser Einrichtung verfolgte Ziel nur unvollkomemn erreichen.
Die Einführung der Urhebernachfolgevergütung erscheint nur vertretbar, wenn die Einnahmen daraus ohne wesentlichen Unkostenabzug zur Ausschüttung gelangen können. Absatz 2 schreibt daher zwingend vor, daß der Urheberfonds zur Deckung von Unkosten höchstens 5 vom Hundert der Einnahmen einbehalten darf. Bei den nach vorläufiger Schätzung zu erwartenden Einnahmen in Höhe von 2 1/2 bis 3 Millionen DM entspricht dies einem Betrag von etwa 125 000,- DM. Geht man davon aus, daß der Urheberfonds sich für die Einziehung der Urhebernachfolgevergütung gemäß § 77 weitgehend der kostenlosen Hilfe der Verwertungsgesellschaften bedient und die Verteilung der Urhebernachfolgevergütung bestehenden Einrichtungen, beispielsweise der Deutschen Künstlerhilfe, überlassen kann, so dürfte diese Summe zur Unkostendeckung ausreichen.
Zu § 79 - Errichtung des Urheberfonds
Wie sich aus den §§ 73 bis 78 ergibt, soll der Anspruch auf die Urhebernachfolgevergütung einem Fonds zustehen, dem Urheberfonds, dem es obliegt, den Anspruch geltend zu machen, einzuziehen und die Einnahmen zu verteilen. § 79 regelt die Errichtung dieses Urheberfonds, für den die Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts vorgesehen ist, die der privatrechtlichen Gestaltung der Urhebernachfolgevergütung am besten entspricht (Absatz 1 Satz 1).
Der Entwurf geht davon aus, daß der Urheberfonds unter Beteiligung aller Länder errichtet wird, und bestimmt daher, daß in einem Organ der Stiftung alle Länder vertreten sein müssen (Absatz 1 Satz 2). Diese Beteiligung aller Länder erscheint geboten, da die Urhebernachfolgevergütung im ganzen Bundesgebiet geltend gemacht und an Begünstigte verteilt werden soll, gleichviel, an welchem Ort sie beheimatet sind. Durch die Beteiligung der Länder können zugleich die Erfahrungen der Ausschüsse nutzbar gemacht werden, die bei den Kultusministerien der Länder zur Auswahl der für eine Unterstützung durch die Deutsche Künstlerhilfe in Betracht kommenden Personen bestehen.
Eine Verpflichtung der Länder, den Urheberfonds zu errichten oder sich an der Errichtung zu beteiligen, wird durch § 79 nicht begründet. Gleichwohl wird davon ausgegangen werden können, daß die Länder von der durch den Entwurf gebotenen Möglichkeit der Unterstützung verdienter Urheber und Förderung begabter Urheber Gebrauch machen werden.
Nach Absatz 2 Satz 1 ist die Errichtung des Urheberfonds durch den Bundesminister der Justiz im Bundesanzeiger bekanntzumachen, sobald das vorgesehene Organ der Stiftung, in dem die Länder vertreten sein müssen, gebildet ist, d. h. sobald sichergestellt ist, daß sich alle Länder an der Stiftung beteiligen. Um klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, soll erst vom Zeitpunkt dieser Bekanntmachung an die Verpflichtung zur Zahlung der Urhebernachfolgevergütung bestehen (Absatz 2 Satz 2).