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DRITTER ABSCHNITT
Schutz des ausübenden Künstlers

(Anm. d. Red.: Entspricht §§ 73 bis 84 der endgültigen Gesetzesfassung.)

Das geltende Recht regelt den Schutz des ausübenden Künstlers in § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und § 11 LUG. Danach wird die Übertragung eines Werkes der Literatur oder Tonkunst auf "Vorrichtungen für Instrumente, die der mechanischen Wiedergabe für das Gehör dienen", d. h. Schallplatten, Tonbänder und dergleichen, als Bearbeitung angesehen, wenn sie durch persönlichen Vortrag bewirkt wird. Als Bearbeiter gilt der "Vortragende", worunter auch der Aufführende, also jeder ausübende Künstler zu verstehen ist. Diese Regelung widerspricht, wie bereits zu §§ 3 und 16 hervorgehoben, dem beherrschenden Grundsatz des Urheberrechts, daß nur die schöpferische, nicht aber die lediglich nachschaffende Leistung urheberrechtlichen Schutz genießen kann. Die Aufnahme der Darbietung eines ausübenden Künstlers auf Tonträger stellt keine Bearbeitung, sondern eine Vervielfältigung des Werkes dar. Die Regelung des geltenden Rechts erscheint somit für den Schutz des ausübenden Künstlers ungeeignet, zumal sie auch infolge ihrer verfehlten systematischen Einordnung zu zahlreichen Zweifelsfragen über den Kreis der Berechtigten und über die Reichweite des Schutzes geführt hat. Der Entwurf übernimmt daher nicht die in § 2 Abs. 2 LUG vorgesehene Regelung, sondern gewährt dem ausübenden Künstler ein besonderes Leistungsschutzrecht.

Es ist die Auffassung vertreten worden, dieses Schutzrecht sei überflüssig, da sich der ausübende Künstler bereits durch eine entsprechende Ausgestaltung seines Arbeitsvertrages ausreichend gegen eine unberechtigte Ausnutzung seiner Leistung schützen könne. Dabei wird jedoch verkannt, daß der ausübende Künstler auf Grund des Arbeitsvertrages immer nur Ansprüche gegen seinen Vertragspartner, nicht gegen einen Dritten geltend machen kann, der unbefugt seine Darbietung verwertet, indem er z. B. ein Konzert, bei dem der Künstler mitwirkt, aufnimmt und Vervielfältigungen dieser Aufnahme verbreitet. Um sich gegen derartige Verletzungen schützen zu können, bedarf der Künstler eines besonderen Leistungsschutzrechts, das als absolutes Recht gegen jeden wirkt. Insoweit genügt zur Wahrung der Interessen des ausübenden Künstlers auch nicht das von der Rechtsprechung anerkannte allgemeine Persönlichkeitsrecht. Zwar wird sich der ausübende Künstler auf Grund dieses Rechts im allgemeinen einer ungenehmigten Aufnahme seiner Darbietung auf Tonträger widersetzen können; jedoch schützt ihn das Persönlichkeitsrecht nicht gegen eine Verwertung seiner Darbietung, wenn dadurch nur seine Vermögensinteressen berührt werden, wie es z. B. bei der Vervielfältigung eines von ihm bespielten Tonträgers oder bei der Verwendung eines solchen Tonträgers zu einer öffentlichen Wiedergabe in der Regel der Fall sein wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist auch deshalb für die mit der Gewährung eines Leistungsschutzrechts verfolgten Zieles unzureichend, weil es seiner Natur nach nicht übertragbar ist und deshalb dem ausübenden Künstler nicht die Möglichkeit verschaffen kann, durch Abtretung seiner Rechte seine Darbietung wirtschaftlich zu nutzen.

Auch im Hinblick auf die internationale Entwicklung empfiehlt es sich, dem ausübenden Künstler ein besonderes Schutzrecht an seiner Leistung zu gewähren. Das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen, das in Rom am 26. Oktober 1961 von 18 Staaten, darunter auch der Bundesrepublik, unterzeichnet worden ist, sieht im Grundsatz ein absolutes Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler an ihren Darbietungen vor. Die Bundesrepublik hat bei den langjährigen vorbereitenden Verhandlungen stets den Abschluß eines solchen Abkommens befürwortet. Eine baldige Ratifizierung des Abkommens durch die Bundesrepublik wäre daher zu begrüßen; sie setzt voraus, daß das neue Urheberrechtsgesetz entsprechende Schutzrechte gewährt. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß den ausübenden Künstlern bereits nach geltendem deutschen Recht absolute Schutzrechte zustehen, mögen diese auch systematisch anders gestaltet sein als das im Entwurf vorgesehene Leistungsschutzrecht. Den ausübenden Künstlern diese Befugnisse ersatzlos zu nehmen, dürfte nicht zu rechtfertigen sein.

Abweichend vom geltenden Recht (§ 2 Abs. 2 LUG), das nach der ihm vom Bundesgerichtshof in vier Grundsatzentscheidungen vom 31. Mai 1960 (BGHZ 33 S. 1, 20, 38 und 48, Anlagen 7 bis 10) gegebenen Auslegung dem ausübenden Künstler ein umfassendes ausschließliches Recht an allen Arten der Nutzung seiner Leistung gewährt, unterscheidet der Entwurf hinsichtlich des Umfangs des Leistungsschutzrechts zwischen der unmittelbaren Verwertung der Darbietung des ausübenden Künstlers durch Lautsprecherübertragung, Aufnahme auf Bild- oder Tonträger oder Funksendung und der mittelbaren Verwertung durch Benutzung der Bild- oder Tonträger oder der Funksendung zu öffentlichen Wiedergaben der Darbietung. Nur in den Fällen der unmittelbaren Verwertung soll der ausübende Künstler ähnlich wie der Urheber ein ausschließliches Recht erhalten, d. h. nur insoweit soll er jede unerlaubte Verwertung seiner Darbietung verbieten können. Dagegen sieht der Entwurf für den Fall der öffentlichen Wiedergabe der auf Bild- oder Tonträger fixierten oder durch Funk gesendeten Darbietung lediglich einen Vergütungsanspruch vor. Diese Regelung erscheint notwendig, um eine Beeinträchtigung der Interessen der Urheber zu verhindern. Die Urheber erhalten aus der öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke mittels Bild- oder Tonträger und der öffentlichen Wiedergabe von Funksendungen ihrer Werke oft beträchtliche Einnahmen. Sie sind daher an einer weitgehenden Verwendung der Bild- oder Tonträger interessiert. Anders liegt es bei den ausübenden Künstlern. Diese fühlen sich durch die zunehmende Verwendung "mechanischer Musik" in ihrer Existenz bedroht und haben zu erkennen gegeben, daß sie ihre Verbotsrechte benutzen könnten, um die Verwendung der mechanischen Musik einzuschränken. Dadurch würden aber die Urheber in der Auswertung ihrer Werke empfindlich behindert. Im übrigen erscheint es bedenklich, die Entscheidung über das äußerst schwierige und vielschichtige Problem der "Mechanisierung" der Kunst in die Hände der ausübenden Künstler, also einer Interessentengruppe selbst zu legen.

Dagegen dürfte die weitere aus Urheberkreisen ausgesprochene Befürchtung, daß schon die Gewährung eines Vergütungsanspruchs an die ausübenden Künstler die Rechte der Urheber beeinträchtigen könnte, nicht begründet sein. Bei Vorträgen oder Aufführungen eines Werkes durch persönliche Darbietung muß der Veranstalter schon jetzt neben der Vergütung an die Urheber auch ein Entgelt an die ausübenden Künstler zahlen. Es dürfte für den Veranstalter kein Anlaß bestehen, die an die Urheber zu zahlende Vergütung bei öffentlichen Wiedergaben ihrer Werke mittels Bild- oder Tonträger deshalb geringer zu bemessen, weil in Zukunft auch die auf diesen Bild- oder Tonträgern aufgenommenen Künstler ein Entgelt erhalten, das im übrigen niedriger sein wird als bei ihrer persönlichen Mitwirkung.

Ebenso wie hinsichtlich des Umfangs der Rechte des ausübenden Künstlers (teilweise Abschwächung zu einem Vergütungsanspruch) sieht der Entwurf auch hinsichtlich der Schutzfrist eine Einschränkung der dem ausübenden Künstler formal nach geltendem Recht zustehenden Befugnisse vor. Während sich nach § 2 Abs. 2 LUG aus der für das "fiktive Bearbeiterurheberrecht" des ausübenden Künstlers vorgesehenen entsprechenden Anwendung, urheberrechtlicher Grundsätze eine Schutzfrist von 50 Jahren nach dem Tode des ausübenden Künstlers ergibt, soll die Schutzfrist nach dem Entwurf (§ 92) wie bei den sonstigen Leistungsschutzrechten nur 25 Jahre betragen.

Die Einschränkungen der Befugnisse des ausübenden Künstlers gegenüber dem geltenden Recht sind eine Folge der neuen richtigeren systematischen Einfügung des Rechts des ausübenden Künstlers in die Gruppe der Leistungsschutzrechte, die es ermöglicht, Umfang und Dauer des Rechts unabhängig von der Ausgestaltung des Urheberrechts nach eigenen, der besonderen Interessenlage entsprechenden Grundsätzen zu entwickeln. Ein unbilliger oder gar unzulässiger, dem Gesetzgeber verfassungsrechtlich verwehrter Eingriff in "wohlerworbene Rechte" kann darin nicht gesehen werden.

Zu § 83 - Ausübender Künstler

Nach der in dieser Vorschrift enthaltenen Begriffsbestimmung versteht der Entwurf unter einem "ausübenden Künstler" nur denjenigen, der ein Werk im Sinne des § 2 vorträgt oder aufführt oder bei dem Vortrag oder der Aufführung eines solchen Werkes künstlerisch mitwirkt, also den Musiker, Sänger, Schauspieler, Tänzer und jeden anderen Werkinterpreten. Nicht vorausgesetzt wird, daß das Werk Urheberrechtsschutz genießt; der ausübende Künstler soll auch dann geschützt sein, wenn das Urheberrecht an dem vorgetragenen Werk infolge Ablaufs der Schutzfrist schon erloschen ist oder wenn es sich um das Werk eines Ausländers handelt, das im Inland nicht geschützt ist. Von einer Erweiterung des Schutzes auf Darbietungen, die nicht Vorträge oder Aufführungen eines Werkes darstellen, wie in der Regel Zirkus- und Varietévorführungen, sieht der Entwurf ab. Wenn auch ein Schutzbedürfnis für solche Darbietungen in gewissem Umfang nicht schlechthin zu verneinen sein dürfte, so fehlt es doch für eine gesetzliche Regelung zur Zeit an der notwendigen Klärung und Abgrenzung dieses Problems.

Die Fassung des Entwurfs stellt klar, daß nicht nur die unmittelbar das Werk Vortragenden oder Aufführenden, wie die Sänger, Musiker, Schauspieler oder Tänzer, als ausübende Künstler im Sinne des Gesetzes anzusehen sind, sondern auch die sonst bei dem Vortrag oder der Aufführung künstlerisch Mitwirkenden, also insbesondere der Dirigent und der Regisseur. Da Voraussetzung für den Schutz stets eine künstlerische Mitwirkung ist, wird das technische Personal nicht erfaßt.

Handelt es sich um Ensembledarbietungen eines Werkes wie Chor-, Orchester- und Bühnenaufführungen, so sollen alle Mitwirkenden gleichermaßen als ausübende Künstler geschützt sein, also nicht lediglich der Dirigent, der Regisseur und die Solisten, sondern auch jedes einzelne Orchester- oder Chormitglied. Dies entspricht der bereits für das geltende Recht zu § 2 Abs. 2 LUG vom Bundesgerichtshof vertretenen Auffassung (vgl. Entscheidung vom 31. Mai 1960, BGHZ 33 S. 48, Anlage 10 [IV]). Der Entwurf sieht jedoch in den §§ 90 und 93 Abs. 2 gewisse Einschränkungen für die Geltendmachung der Rechte der Ensemblemitglieder vor.

Zu § 84 - Bildschirm- und Lautsprecherübertragung

Die Bestimmung soll es dem ausübenden Künstler ermöglichen, eine heimliche Erweiterung des Teilnehmerkreises von Veranstaltungen durch Bildschirm- und Lautsprecherübertragungen seiner Darbietung in Räume außerhalb der Veranstaltung zu verbieten oder nur gegen Zahlung einer zusätzlichen Vergütung zu gestatten. Die Regelung entspricht der für den Urheber in § 19 Abs. 3 vorgesehenen Bestimmung.

Der Anregung, dem ausübenden Künstler ein Verbietungsrecht auch für Lautsprecherübertragungen zuzubilligen, die in dem Veranstaltungsraum selbst durchgeführt werden, kommt der Entwurf nicht nach. In diesen Fällen dient die Einschaltung des Lautsprechers lediglich der Verbesserung der Akustik, nicht einer Erweiterung des Hörerkreises.

Zu § 85 - Vervielfältigung

Abweichend von § 2 Abs. 2 LUG, der dem ausübenden Künstler nur Rechte an der von ihm bespielten mechanischen Vorrichtung, nicht aber das ausschließliche Recht zur Aufnahme seines Vortrags auf solche Vorrichtungen gewährt, soll nach Satz 1 bereits die Aufnahme der Darbietung des ausübenden Künstlers nur mit seiner Einwilligung zulässig sein. Der Bundesgerichtshof hat dieses Recht in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1960 (BGHZ 33 S. 20, Anlage 8 [11] ) bereits für das geltende Recht aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Künstlers und den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen des Verbots sittenwidriger Vermögensschädigung und unlauteren Wettbewerbs abgeleitet. Wie die Aufnahme auf Bild- oder Tonträger vorgenommen wird, ob unmittelbar oder mittelbar unter Empfang einer Rundfunksendung der Darbietung, macht für den Schutz des ausübenden Künstlers nach Satz 1 keinen Unterschied.

Darüber hinaus gewährt Satz 2 dem ausübenden Künstler das Recht zur Vervielfältigung der Bild- oder Tonträger, auf die seine Darbietung aufgenommen ist. Gegen das Vervielfältigungsrecht ist eingewandt worden, der ausübende Künstler könne mit demjenigen, dem er die Aufnahme seiner Darbietung auf Bild- oder Tonträger gestatte, also z. B. dem Schallplattenhersteller oder dem Rundfunkunternehmen, vertragliche Vereinbarungen über die Zulässigkeit und die Bedingungen der Herstellung von Vervielfältigungsstücken seiner Darbietung treffen. Indessen ist zu berücksichtigen, daß die mit Einwilligung des ausübenden Künstlers hergestellten Bild- oder Tonaufnahmen in unberufene Hände gelangen und von Personen vervielfältigt werden können, mit denen der ausübende Künstler nicht in Vertragsbeziehungen steht. Für diese Fälle muß der ausübende Künstler ein gegen jedermann durchsetzbares Verbietungsrecht haben. Dieses Recht reicht aber zur Wahrung seiner Belange auch aus; eines besonderen Verbreitungsrechts bedarf es darüber hinaus nicht.

Es ist der Vorschlag gemacht worden, eine Ausnahmebestimmung einzufügen, nach der Vervielfältigungen ohne Einwilligung des ausübenden Künstlers zulässig sein sollen, wenn und soweit der ausübende Künstler die Aufnahme seiner Darbietung auf Bild- oder Tonträger gerade zum Zweck der Vervielfältigung der, Bild- oder Tonträger gestattet hat, wie es insbesondere bei dem für einen Schallplattenhersteller oder ein Rundfunkunternehmen tätigen Künstler regelmäßig der Fall ist. Für eine solche Ausnahme ist jedoch ein ernstliches Bedürfnis nicht anzuerkennen, da sich in derartigen Fällen der Vertragspartner des ausübenden Künstlers das Vervielfältigungsrecht zugleich mit dem Aufnahmerecht vertraglich einräumen lassen kann. Durch § 88 ist sichergestellt, daß der ausübende Künstler die Möglichkeit, die Vervielfältigung zu gestatten, selbst dann stets behält, wenn er seine Rechte einem Dritten, z. B. einer Verwertungsgesellschaft, im voraus übertragen hat. Soweit der ausübende Künstler in einem Arbeits- oder Dienstverhältnis tätig ist, bestimmt sich nach der in § 89 vorgesehenen Regelung der Umfang des Vervielfältigungsrechts des Arbeitgebers oder Dienstherrn nach dem Wesen des Betriebs- oder Dienstverhältnisses, wenn keine besonderen Vereinbarungen über die Einräumung des Vervielfältigungsrechts getroffen worden sind. Eine Einschränkung des Vervielfältigungsrechts erscheint um so weniger geboten, als dieses Recht seit Einfügung des § 2 Abs. 2 in das LUG im Jahre 1910 uneingeschränkt und unstreitig bestanden hat und sich bisher aus der Notwendigkeit der vertraglichen Einräumung dieses Rechts für Schallplattenindustrie und Rundfunk offenbar keine wesentlichen Schwierigkeit ergeben haben.

Zu § 86 - Funksendung

Der in Absatz 1 enthaltene Grundsatz, daß Darbietungen des ausübenden Künstlers nur mit seiner Einwilligung durch Funk gesendet werden dürfen, entspricht dem geltenden Recht. Zwar ergibt sich aus § 2 Abs. 2 LUG ein Senderecht des ausübenden Künstlers nur hinsichtlich seiner auf Tonträger aufgenommenen Darbietungen (vgl. Entscheidung des Reichsgerichts vom 14. November 1936, RGZ 153 S. 1); die herrschende Meinung leitet jedoch darüber hinaus aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des ausübenden Künstlers seine Befugnis ab, auch die unmittelbare Sendung (Live-Sendung) seiner Darbietung zu verbieten. Es entspricht der natürlichen Rechtsauffassung, dem ausübenden Künstler die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob seine Darbietung nur einem überschaubaren, durch persönliche Anwesenheit mit ihm verbundenen Teilnehmerkreis oder einer unbegrenzten Öffentlichkeit zugänglich sein soll.

Absatz 2 schränkt das ausschließliche Senderecht des ausübenden Künstlers aus den bereits in der Vorbemerkung zu diesem Abschnitt dargelegten Gründen für den Fall ein, daß ein erschienener Bild- oder Tonträger, auf den die Darbietung des Künstlers aufgenommen ist (z. B. eine im Handel erhältliche Schallplatte), zur Funksendung benutzt wird. Der ausübende Künstler hat hier kein schutzwürdiges Interesse daran, die Funksendung zu verbieten, weil in diesem Fall seine Darbietung durch die Funksendung keiner wesentlich größeren oder andersartigen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, als es schon durch Vervielfältigung und Verbreitung des Bild- oder Tonträgers geschehen ist. Die Zuerkennung eines Verbotsrechts hinsichtlich der Benutzung von Industrieschallplatten zu Sendezwecken würde andererseits zu einer Gefährdung der Interessen der Urheber führen können.

Allerdings erscheint es nicht gerechtfertigt, die Benutzung der Bild- oder Tonträger zu Sendezwecken kostenlos zu gestatten. Der ausübende Künstler soll daher insoweit einen Anspruch auf angemessene Vergütung erhalten, an der er, soweit es sich um Tonträger handelt, nach § 96 den Hersteller des Tonträgers angemessen zu beteiligen hat.

Die Ausnahmevorschrift des Absatzes 2 ist auf die Verwendung erschienener, d. h. mit Zustimmung des ausübenden Künstlers der Öffentlichkeit angebotener oder in Verkehr gebrachter Bild- oder Tonträger (vgl. § 6 Abs. 2) beschränkt. Soweit andere Bild- oder Tonträger, insbesondere die von den Sendeunternehmen selbst hergestellten, lediglich zur Erleichterung des Sendebetriebs bestimmten Bild- oder Tonträger benutzt werden, soll das Einwilligungsrecht des ausübenden Künstlers nach Absatz 1 unberührt bleiben. Es erscheint nicht gerechtfertigt, dem ausübenden Künstler auch hinsichtlich dieser nicht zur Verbreitung bestimmten Festlegungen seiner Darbietung die weitere Kontrolle über ihre Verwendung zu entziehen. Er muß beispielsweise die Benutzung solcher Bild- oder Tonträger durch andere Sendeunternehmen oder ihre Weiterverwendung nach seiner Entlassung aus dem Dienst des Sendeunternehmens verhindern können. Der Schutz dieser Interessen kann auf vertraglicher Grundlage allein nicht wirksam gesichert werden, weil durch Vertrag keine Verbotsrechte gegenüber Dritten begründet werden können. Andererseits ist es dem Sendeunternehmen zuzumuten, sich zugleich mit der ohnehin erforderlichen Einwilligung des ausübenden Künstlers zur Aufnahme seiner Darbietung auf Bild- oder Tonträger auch das Recht der Benutzung der Bild- und Tonträger zur Funksendung in dem erforderlichen Umfang einräumen zu lassen. Für festangestellte ausübende Künstler in Arbeits- oder Dienstverhältnissen bestimmt sich der Umfang der Nutzungsbefugnis, wenn keine besonderen Vereinbarungen getroffen sind, nach der in § 89 vorgesehenen Regelung nach dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses.

Der Entwurf unterscheidet nicht zwischen der Erstsendung und der sog. Anschluß- oder Weitersendung, d. h. der Übernahme und gleichzeitigen Ausstrahlung einer Funksendung durch ein anderes Sendeunternehmen. Beide Sendearten werden in Übereinstimmung mit der Begriffsbestimmung des Senderechts des Urhebers (§ 20) von dem Begriff "Funksendung" erfaßt. Für Weitersendungen gelten somit die gleichen Grundsätze wie für die Erstsendung der Darbietung. Handelt es sich bei der Erstsendung um eine Live-Sendung, so unterliegt auch die Weitersendung dem ausschließlichen Recht des ausübenden Künstlers nach Absatz 1, d. h. die Weitersendung soll entsprechend dem auch der Regelung in § 84 zugrundeliegenden Gedanken, daß dem ausübenden Künstler die Bestimmung über den unmittelbaren Wirkungsbereich seiner Darbietung stets in vollem Umfang vorzubehalten ist, nur mit seiner Einwilligung zulässig sein. Handelt es sich bei der Erstsendung jedoch um eine nach Absatz 2 ohne Einwilligung des ausübenden Künstlers zulässige Sendung mittels erschienener Bild- oder Tonträger, so soll auch die Weitersendung nicht der Einwilligung des ausübenden Künstlers bedürfen, allerdings wie die Erstsendung vergütungspflichtig sein. Dies kommt in der Formulierung des Absatzes 2 dadurch zum Ausdruck, daß nicht auf die - bei der Weitersendung nur mittelbare - Benutzung der Bild- oder Tonträger zur Funksendung, sondern auf die Sendung (Erst- oder Weitersendung) der auf ihnen aufgenommenen Darbietung abgestellt wird.

Zu § 87 - Öffentliche Wiedergabe

Für das geltende Recht hat der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen vom 31. Mai 1960 (BGHZ 33 S. 1 und 38, Anlagen 7 [C I] und 9 [II]) aus dem "fiktiven Bearbeiterurheberrecht" nach § 2 Abs. 2 LUG das Recht des ausübenden Künstlers abgeleitet, auch die öffentliche Wiedergabe seiner Darbietung mittels Tonträger und die öffentliche Hörbarmachung von Funksendungen seiner Darbietung zu verbieten. Danach ist die öffentliche Wiedergabe von Schallplatten und Rundfunkmusik, beispielsweise in Gaststätten, nur mit Einwilligung des ausübenden Künstlers zulässig.

Der Entwurf sieht, hiervon abweichend, aus den gleichen Gründen wie bei der Funksendung mittels Bild- oder Tonträger (§ 86 Abs. 2) für diese weiteren Fälle der Zweitverwertung der Darbietung des ausübenden Künstlers lediglich einen Vergütungsanspruch vor. Die ausübenden Künstler sollen zwar ein angemessenes Entgelt auch für die mittelbare Verwertung ihrer Leistung erhalten, diese jedoch nicht verbieten können, weil die Gefahr besteht, daß sie ein solches Verbotsrecht dazu benutzen könnten, die Verwendung "mechanischer Musik" zum Nachteil der Urheber einzuschränken oder ganz zu untersagen. Für die ausübenden Künstler bedeutet diese Regelung keine wesentliche Schlechterstellung gegenüber dem geltenden Recht, denn der Bundesgerichtshof hat in der Begründung zu der ersten der beiden erwähnten Entscheidungen vom 31. Mai 1960 (Anlage 7 [C I 3 b]) bereits angedeutet, daß sich die ausübenden Künstler dem Vorwurf eines Rechtsmißbrauchs aussetzen könnten, falls sie die nach geltendem Recht erforderliche Einwilligung in die Benutzung der von ihnen bespielten Tonträger selbst dann versagen würden, wenn ihnen ein angemessenes Entgelt angeboten wird. Das Ziel auch der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ist es also letztlich nur sicherzustellen, daß die ausübenden Künstler eine angemessene Vergütung für die Ausnutzung ihrer Leistung erhalten.

Handelt es sich um die öffentliche Wiedergabe von Darbieturigen mittels Tonträger, so hat der ausübende Künstler den Hersteller des Tonträgers wie im Falle des § 86 Abs. 2 an der ihm zustehenden Vergütung angemessen zu beteiligen (§ 96).

Zur praktischen Verwirklichung der Vergütungsansprüche aus § 87 haben sich die ausübenden Künstler bereits zu Verwertungsgesellschaften zusammengeschlossen, an denen zum Teil auch die Schallplattenindustrie beteiligt ist. Eine gemeinsame Wahrnehmung der Vergütungsansprüche mit den entsprechenden Rechten der Urheber wird angestrebt. Voraussichtlich wird die GEMA für alle Beteiligten das Inkasso übernehmen, so daß der einzelne Musikveranstalter oder sonstige Verwerter durch eine einzige Zahlung sämtliche an einer Schallplatten- oder Rundfunkwiedergabe bestehenden Rechte und Ansprüche abgelten kann.

Zu § 88 - Abtretung

Die Bestimmung stellt zunächst klar, daß die dem ausübenden Künstler nach den §§ 84 bis 87 zustehenden Einwilligungsrechte und Vergütungsansprüche an Dritte, d. h. insbesondere auch an Verwertungsgesellschaften, abgetreten werden können. Für die Vergütungsansprüche, die reine Vermögensrechte sind, soll dieser Grundsatz uneingeschränkt gelten. Eine besondere Lage besteht jedoch hinsichtlich der Einwilligungsrechte wegen ihres persönlichkeitsrechtlichen Einschlags. Die Vollabtretung wurde hier zu einer bedenklichen Einschränkung der Verfügungsmacht des ausübenden Künstlers über seine Arbeitskraft führen. Hat beispielsweise der ausübende Künstler sein Recht nach § 85 Satz 1, die Aufnahme seiner Darbietung auf Bild- oder Tonträger zu gestatten, oder sein Einwilligungsrecht zu Funksendungen seiner Darbietung nach § 86 Abs. 1 für alle seine Darbietungen im voraus auf eine Verwertungsgesellschaft übertragen, so könnte er bei unbeschränkter Wirksamkeit einer solchen Abtretung niemals mehr ohne Zustimmung der Verwertungsgesellschaft für eine Schallplattenfirma oder ein Sendeunternehmen tätig werden. Diese Bindung erscheint unzumutbar. Der Entwurf sieht daher im Interesse des ausübenden Künstlers, aber auch im Interesse seiner Vertragspartner vor, daß der ausübende Künstler stets, auch wenn er seine Einwilligungsrechte nach den §§ 84, 85 und 86 Abs. 1 voll abgetreten hat, die Befugnis behält, Einwilligungen auch selbst zu erteilen. Der Anregung, einen völligen Ausschluß der Abtretbarkeit der Einwilligungsrechte vorzusehen, folgt der Entwurf nicht. Dem ausübenden Künstler soll die Möglichkeit, sich zur Wahrnehmung seiner Rechte einer Verwertungsgesellschaft zu bedienen, nicht grundsätzlich genommen werden.

Die Regelung des Entwurfs schränkt lediglich die dingliche Wirkung einer Abtretung der Einwilligungsrechte ein. Die Wirksamkeit schuldrechtlicher sog. Exklusivverträge, durch die sich der ausübende Künstler verpflichtet, nur für bestimmte Schallplattenfirmen oder Rundfunkunternehmen tätig zu werden, bleibt unberührt.

Zu § 89 - Ausübende Künstler in Arbeits- oder Dienstverhältnissen

Auch der ausübende Künstler, der seine Darbietung in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis erbringt, erwirbt nach der Regelung des Entwurfs die sich aus den §§ 84 bis 87 ergebenden Rechte. Der Entwurf unterscheidet ebenso wie bei den Urhebern (vgl. § 43) auch bei den ausübenden Künstlern insoweit nicht zwischen Freischaffenden und Arbeitnehmern. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Anstellungsverträge der ausübenden Künstler in Arbeits- oder Dienstverhältnissen, Z. B. die Verträge der bei Schallplattenfirmen, Rundfunkanstalten oder Konzert- und Theaterunternehmen fest angestellten Künstler, häufig keine ausdrücklichen Vereinbarungen darüber enthalten, in welchem Umfange der Arbeitgeber der Dienstherr die Darbietung benutzen und gegebenenfalls anderen ihre Benutzung gestatten darf; denn die langfristigen, zuweilen unkündbar auf Lebenszeit Iaufenden Verträge sind meist zu einer Zeit abgeschlossen worden, als der Umfang der Rechte der ausübenden Künstler noch umstritten und ihre künftige gesetzliche Ausgestaltung nicht abzusehen war. Es liegt auf der Hand, daß sich in diesen Fällen aus dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses auch ohne besondere Vereinbarung die Befugnis des Arbeitgebers oder Dienstherrn ergeben muß, die Darbietung des ausübenden Künstlers entsprechend dem unmittelbaren Vertragszweck zu verwenden: Eine Rundfunkanstalt muß beispielsweise zur Sendung der Darbietungen seiner angestellten Musiker befugt sein, eine Schallplattenfirma zur Aufnahme der Darbietung auf Tonträger und zur Vervielfältigung der Tonträger. In Sonderfällen kann sich darüber hinaus, wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31. Mai 1960 (BGHZ 33 S. 20, Anlage 8 [VI) ausgesprochen hat, aus dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses die Verpflichtung des ausübenden Künstlers ergeben, gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung auch eine über den unmittelbaren Vertragszweck hinausgehende Verwertung seiner Darbietung zu dulden. In der erwähnten Entscheidung, die allgemeine Zustimmung gefunden hat, handelte es sich um die Duldung der Aufnahme und der Rundfunksendung einer Opernaufführung durch die bei einer Städtischen Oper fest angestellten Musiker. Mit der in § 89 vorgesehenen Bestimmung soll dieser Gedanke, dass sich bei fest angestellten ausübenden Künstlern der Umfang der Nutzungsbefugnisse des Arbeitgebers oder Dienstherrn nach dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu bestimmen hat, wenn Vereinbarungen darüber fehlen, gesetzlich festgelegt werden.

Es bedarf keiner besonderen Erwähnung im Gesetz, daß sich aus dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nur ein Verfügungsrecht des Arbeitgebers oder Dienstherrn über die Leistung des ausübenden Künstlers ergeben kann. Dritten gegenüber, denen der Arbeitgeber oder Dienstherr die Benutzung der Darbietung nicht gestattet hat oder nicht gestatten durfte, bleiben die Rechte auch des angestellten ausübenden Künstlers vollen Umfangs bestehen. Denn nach der Regelung des Entwurfs, die lediglich eine Auslegungsregel für den Übergang der Rechte auf den Arbeitgeber oder Dienstherrn darstellt, wird, wie eingangs schon hervorgehoben, das Entstehen der Rechte in der Person des ausübenden Künstlers nicht berührt.

Dem Vorschlag, die Rechte der bei einem Unternehmen fest angestellten ausübenden Künstler von vornherein uneingeschränkt dem Inhaber des Unternehmens zuzusprechen, folgt der Entwurf nicht. Eine solche Regelung würde eine unbillige Benachteiligung der ausübenden Künstler in Arbeits- oder Dienstverhältnissen bedeuten und erscheint auch zur Wahrung der Interessen der Arbeitgeber oder Dienstherren nicht notwendig, selbst für den Fall, daß die ausübenden Künstler ihre Rechte im voraus einer Verwertungsgesellschaft übertragen haben. Denn für diesen Füll ergibt sich aus § 88, daß dem ausübenden Künstler stets die Befugnis verbleibt, die zur vertragsmäßigen Nutzung ihrer Leistung durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn erforderlichen Einwilligungen selbst zu erteilen.

Zu § 90 - Chor-, Orchester- und Bühnenaufführungen

Die Bestimmung enthält eine Sonderregelung für Ensembledarbietungen. Wirkt, bei einer Darbietung eine große Zahl ausübender- Künstler mit, wie es bei Chor-, Orchester- und Bühnenaufführungen der Fall ist, so muß sich der einzelne im Interesse der Gesamtheit gewisse Beschränkungen seines Leistungsschutzrechtes gefallen lassen. Es wäre unangemessen, wenn ein einzelner ausübender Künstler z. B. die Aufnahme oder die Funksendung eines Konzertes verbieten und auf diese Weise seine Kollegen um eine vielleicht erwünschte zusätzliche Einnahme aus ihrer Leistung bringen könnte. Auch die Rechtssicherheit und die Erleichterung des Rechtsverkehrs erfordern in diesen Fällen eine einheitliche Wahrnehmung der Leistungsschutzrechte aller Mitwirkenden durch wenige Repräsentanten des Ensembles.

Absatz 1 sieht daher vor, daß in den Fällen der §§ 84, 85 und 86 Abs. 1, also zur Bildschirm- oder Lautsprecherübertragung, Vervielfältigung oder Funksendung einer Ensembledarbietung, neben der Einwilligung der Solisten, des Dirigenten und des Regisseurs, deren selbständige Rechte unberührt bleiben, die Einwilligung bestimmter Vertreter der mitwirkenden Künstlergruppen, wie Chor, Orchester, Ballett oder Bühnenensemble, genügen soll. Haben diese ihr Einverständnis zur Übertragung, Vervielfältigung oder Funksendung erteilt, so ist ein etwaiger Widerspruch einzelner Ensemblemitglieder unbeachtlich. Als Vertreter der Künstlergruppen sind nach dem Entwurf in erster Linie die gewählten Vorstände anzusehen. Besteht ausnahmsweise kein Vorstand, etwa weil sich die Beteiligten nicht auf gemeinsame Vertreter einigen konnten, so soll an dessen Stelle der Leiter der Gruppe treten, z. B. der Chordirektor, der Dirigent oder der Ballettmeister. Will also beispielsweise ein Rundfunkunternehmen eine Opernaufführung im Fernsehen übertragen, so bedarf es nach § 90 hierfür neben der Einwilligung der Solisten, des Dirigenten und der Regisseurs nur der Einwilligung des Chor- und Orchestervorstandes sowie der Vertreter des Bühnenensembles und gegebenenfalls des Balletts.

Absatz 2 enthält eine entsprechende Zusammenfassung der sonstigen Rechte der bei Ensembledarbietungen mitwirkenden ausübenden Künstler, d. h. der Vergütungsansprüche und der etwaigen, sich aus der Verletzung von Einwilligungsrechte ergebenden Unterlassungs-, Vernichtungs- oder Schadenersatzansprüche (vgl. §§ 107, 108). Zur Geltendmachung dieser Ansprüche soll für die Gesamtheit der betreffenden Künstlergruppen wiederum deren Vorstand bzw. Leiter allein ermächtigt sein. Um eine Wahrnehmung der Ansprüche durch eine Verwertungsgesellschaft zu ermöglichen, ist vorgesehen, daß die Ermächtigung auf eine Verwertungsgesellschaft übertragen werden kann. Die Ansprüche der Solisten, des Dirigenten und des Regisseurs werden von dieser Regelung nicht berührt. Sie sollen ebenso wie die Einwilligungsrechte nach Absatz 1 selbständig neben den zusammengefaßten Gruppenrechten geltend gemacht werden können.

Zu § 91 - Schutz des Veranstalters

Bei Darbietungen, die von einem Unternehmen (Bühnenunternehmen, Konzertunternehmen oder dergl.) veranstaltet werden, sind die wirtschaftlichen Interessen des Inhabers des Unternehmens zu berücksichtigen. Dieser muß dagegen geschützt werden, daß die von ihm mit Mühe und Kosten durchgeführten Darbietungen von anderen ohne seine Erlaubnis durch Bildschirm- oder Lautsprecherübertragung in Räume außerhalb der Veranstaltung, durch Aufnahme auf Bild- oder Tonträger und deren Vervielfältigung oder durch Funksendung ausgenutzt werden. In der Regel wird der Unternehmer eine solche Ausnutzung bereits auf Grund seines Hausrecht verhindern können. Es ist aber möglich, daß die Handlungen ohne sein Wissen vorgenommen werden. § 91 sieht daher vor, daß es bei Darbietungen, die von einem Unternehmen veranstaltet werden, in den Fällen der §§ 84, 85 und 81 Abs. 1 neben der Einwilligung des ausübenden Künstlers auch der Einwilligung des Inhabers des Unternehmens bedarf.

Zu § 92 - Dauer der Rechte

Der Bestimmung einer Schutzfrist für die Rechte des ausübenden Künstlers und des Veranstalters (§ 91) bedarf es nur für den Fall, daß die Darbietung auf Bild- oder Tonträger aufgenommen und dadurch einer wiederholten Verwertung zugänglich gemacht wird. Die Schutzfrist soll nach dem Entwurf in diesem Falle in Übereinstimmung mit der für den Lichtbildschutz und die Rechte der Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen vorgesehenen Regelung 25 Jahre betragen, und zwar grundsätzlich 25 Jahre nach dem Erscheinen des Bild- oder Tonträgers, hilfsweise 25 Jahre nach der Darbietung, wenn der Bild- oder Tonträger innerhalb dieser Frist nicht erschienen ist. Diese Schutzdauer dürfte ausreichen, um dem ausübenden Künstler eine angemessene wirtschaftliche Auswertung seiner Darbietung zu sichern.

Für den Schutz des ausübenden Künstlers gegen Entstellung seiner Darbietung ist die Schutzfrist in § 93 Abs. 3 besonders geregelt.

Zu § 93 - Schutz gegen Entstellung

Ebenso wie dem Urheber in Bezug auf sein Werk ein "droit moral“ zusteht, soll auch dem ausübenden Künstler ein solches Recht für seine künstlerische Leistung eingeräumt werden. In Anlehnung an die Vorschrift des § 14, die den Urheber einen Schutz gegen Entstellung seines Werkes gibt, bestimmt Absatz 1, daß der ausübende Künstler das Recht hat, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seiner Leistung zu verbieten, die geeignet ist, sein Ansehen oder seinen Ruf als ausübender Künstler zu gefährden. Ein weitergehender Schutz der ideellen Interessen des ausübenden Künstlers erscheint nicht erforderlich. Insbesondere ist kein Recht auf Namensnennung vorgesehen; denn der ausübende Künstler wird regelmäßig in der Lage sein, sich das Recht auf Namensnennung vertraglich auszubedingen.

Das vorgesehene Schutzrecht ist ein Ausschnitt aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des ausübenden Künstlers. Ebenso wie beim Urheberrecht (vgl. Vorbemerkung zu §§ 12 bis 14) besteht jedoch auch beim Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers eine so enge Beziehung zwischen dem droit moral und den vermögensrechtlichen Befugnissen, daß es trotz Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und selbst für den Fall einer umfassenden gesetzlichen Regelung des Persönlichkeitsschutzes richtiger erscheint, das droit moral des ausübenden Künstlers im Urheberrechtsgesetz gesondert zu regeln. Hierdurch wird zugleich ermöglicht, den Besonderheiten Rechnung zu tragen, die sich z. B. bei Ensembleaufführungen aus der Konkurrenz der Rechte einer Vielzahl von Mitwirkenden ergeben. Der Entwurf sieht in Absatz 2 für diese Fälle vor, daß die einzelnen ausübenden Künstler bei der Ausübung ihrer Rechte aus § 93 angemessene Rücksicht aufeinander zu nehmen haben. Dadurch soll auf eine gerechte Interessenabwägung hingewirkt werden, falls einer der Mitwirkenden die Verwertung der Aufführung wegen Entstellung seiner Leistung untersagen will, andere dagegen an dieser Verwertung gerade interessiert sind, um aus ihr zusätzliche Einnahmen zu erzielen.

Da es sich um einen Schutz ideeller Interessen des Künstlers handelt, ist es nicht gerechtfertigt, die Dauer dieses Schutzes auf 25 Jahre zu beschränken; der ausübende Künstler muß vielmehr während seines ganzen Lebens gegen die Entstellung seiner Leistung geschützt sein. Absatz 3 Satz 1 bestimmt daher, daß der Schutz gegen Entstellungen grundsätzlich erst mit dem Tode des ausübenden Künstlers erlischt. Die Schutzfrist soll jedoch nach Absatz 3 Satz 2 stets mindestens 25 Jahre betragen, auch wenn der ausübende Künstler früher verstirbt. Damit berücksichtigt der Entwurf in angemessenem Umfang das Interesse der nahen Angehörigen, Entstellungen der Darbietung des Künstlers, falls diese auf Bild- oder Tonträger aufgenommen ist, auch nach dessen Tode verhindern zu können.

Zu § 94 - Beschränkung der Rechte

Die Bestimmung erklärt die Vorschriften über die Schranken des Urheberrechts im Sechsten Abschnitt des Ersten Teils des Entwurfs (§§ 45 bis 63) für sinngemäß anwendbar. Die ausübenden Künstler sollen in ihren Rechten nicht besser gestellt sein als die Urheber, sondern den gleichen Einschränkungen im Interesse der Allgemeinheit unterliegen wie diese.

Der Anregung, hinsichtlich der Rechte der ausübenden Künstler entsprechend den Vorschriften der §§ 64 bis 66 gesetzliche Nutzungsrechte zugunsten der Tonträgerhersteller und der Sendeunternehmen vorzusehen, folgt der Entwurf nicht. Eine derartige Regelung läge weder im Interesse der Allgemeinheit noch im Interesse der Tonträgerhersteller und Sendeunternehmen und würde dem mit den gesetzlichen Nutzungsrechten an den Werken der Urheber verfolgten Ziel widersprechen. Sinn dieser Nutzungsrechte ist es, der Allgemeinheit urheberrechtlich geschützte Werke in möglichst vielfältiger Form, insbesondere in zahlreichen miteinander wetteifernden Interpretationen verschiedener ausübender Künstler, nahezubringen. Würde man auch die Darbietung des ausübenden Künstlers dem gesetzlichen Nutzungsrecht unterwerfen, so würde dies den Wettbewerb in der künstlerischen Qualität der Werkinterpretation gerade unterbinden.

S. Gesetzeswortlaut des dritten Abschnitts.