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04.12.2002; 19:14 Uhr
Literaturkarteien zu "Harry Potter" dürfen vorerst weiter verkauft werden
Kammergericht bestätigt Entscheidung des Landgerichts Berlin

Die vom Verlag an der Ruhr herausgegebenen umstrittenen Literaturkarteien zu den "Harry-Potter"-Romanen der britischen Erfolgsschriftstellerin Joanne Rowling dürfen vorerst weiter verkauft werden. Das entschied das Berliner Kammergericht (KG) am 4.12.2002 im Berufungsverfahren. Die Richter bestätigten damit eine Entscheidung des Landgerichts Berlin (LG), das Anfang Juli 2002 eine einstweilige Verfügung Rowlings und ihres Verlags Time Warner gegen den Verlag an der Ruhr nach mündlicher Verhandlung wieder aufgehoben hatte. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht die Frage, ob die Unterrichtsmaterialien freie Bearbeitungen der "Harry-Potter"-Romane darstellen oder fremde Urheberrechte verletzen. Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung. Unterstützt wurde der Verlag an der Ruhr von dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) und dem ehemaligen Verband der Schulbuchverlage. Die Verbände hatten noch Anfang Oktober 2002 auf der Frankfurter Buchmesse ein Gutachten des Karlsruher Urheberrechtlers Willi Erdmann vorgelegt, das die Handreichungen für zulässig erklärte. Die Entscheidungen des KG und des LG ergingen im einstweiligen Verfügungsverfahren, eine Entscheidung in der Hauptsache steht noch aus.

Rowling und Time Warner hatten es dem Verlag an der Ruhr Anfang Juni 2002 durch einstweilige Verfügung untersagen lassen, Literaturkarteien für Bücher aus der "Harry Potter"-Serie zu vervielfältigen oder zu verbreiten. Die Antragsteller warfen dem Verlag vor, gegen Urheber-, Titel- und Markenrechte verstoßen zu haben. Bei den sogenannten Literaturkarteien handele es sich um unfreie Bearbeitungen. Die Handreichungen übernähmen unter anderem Handlungsstränge, Namen und Charaktere von Rowlings Romanen. Für eine freie Bearbeitung fehle es an einer Interpretation oder Analyse der verwendeten Vorlage. Das Landgericht Berlin kam dagegen Anfang Juli 2002 zu dem Schluss, dass es sich bei den Literaturkarteien um freie Bearbeitungen handele. Die Unterrichtsmaterialien knüpften lediglich an einzelne Elemente der Romane an und stellten im übrigen selbstständige geistige Schöpfungen dar. Zum selben Ergebnis kam auch das Gutachten Erdmanns. Der Urheberrechtlicher meint, Bearbeitungen eines literarischen Stoffes dürften lediglich nicht des "Lesegenuss" der Vorlage ersetzen. Die Beschäftigung mit Stoff, Figuren und Namen hingegen sei ebenso erlaubt wie Inhaltsangabe und die Nennung von Kapitelüberschriften. Einzelne Textelemente ständen nicht unter demselben Schutz wie die Fabel einer Erzählung, die nicht einfach nachgebildet werden darf. Die Allgemeinheit erhebe gerade im Bildungsbereich zu Recht den Anspruch, sich in angemessener Weise mit einem zeitgenössischen Werk auseinanderzusetzen.

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