US-Zugangsanbieter will Kundendaten von Tauschbörsennutzern weiter nicht herausgeben
Der US-Zugangsanbieter Verizon will die Kundendaten von Tauschbörsennutzern nach wie vor nicht an die Musikindustrie herausgaben. Das Unternehmen teilte am 30.1.2003 in Washington mit, es habe Berufung gegen die Entscheidung eines US-Bezirksgerichts eingelegt, das Verizon Ende Januar 2003 zur Offenlegung von Name und Anschrift eines mutmaßlichen Tauschbörsennutzers verurteilt hatte. Außerdem habe man die vorläufige Aussetzung der Vollziehung des erstinstanzlichen Urteils beantragt. Vorstandsmitglied John Thorne kündigte an, Verizon werde "alle rechtlichen Mittel nutzen, um die Privatsphäre seiner Kunden zu schützen". Bevor das Unternehmen zur Offenlegung von Kundendaten gezwungen werde, müsse das zuständige US-Berufungsgericht Gelegenheit bekommen, sich mit den schwierigen rechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragen zu befassen, die der Fall aufgeworfen habe. Thorne warnte, die Musikindustrie habe den Fall bewusst als Festfall für ihre "aggressiven rechtlichen Theorien" eingebracht. "Wenn dieses Urteil bestand hat, werden Verbraucher in einem digitalen Netz gefangen sein - nicht nur von den Plattenfirmen, die sich auf eine Verletzung ihrer Urheberrechtsmonopole berufen, sondern von jedem, der ein einfaches Formular ausfüllen kann", meinte Thorne.
Verizon war am 21.1.2003 vom U.S. District Court for the Disctrict of Columbia in Washington verurteilt worden, der Recording Industry Association of America (RIAA) die Kundendaten eines mutmaßlichen Tauschbörsennutzers mitzuteilen (Az. 02-MS-0323). Das Unternehmen hatte von Anfang an angekündigt, gegen die Entscheidung Berufung einlegen zu wollen. Dabei unterstützen wollen das Unternehmen die Electronic Frontier Foundation (EFF) und andere US-Bürgerrechtsorganisationen. Unternehmen und Bürgerrechtler halten eine Bestimmung des US-Urheberrechts für verfassungswidrig, auf die die RIAA ihre Klage gestützt hatte. Nach der Vorschrift können Zugangsanbieter beim Verdacht von Urheberrechtsverletzungen durch ihre Kunden von den betroffenen Rechteinhabern im Wege einer einstweiligen Verfügung zur Herausgabe von Kundendaten gezwungen werden. Die Regelung war im Jahr 1998 durch den Digital Millenium Copyright Act (DMCA) eingeführt worden. Nach Auffassung der Kritiker ist ein Auskunftsanspruch auf Grund eines bloßen Verdachts mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nach dem ersten Zusatz zur US-Verfassung nicht vereinbar.
Dokumente:
- Pressemitteilung von Verizon v. 30.1.2003
- Urteil des U.S. District Court v. 21.1.2003 (Az. 02-MS-0323)
- Digital Millenium Copyright Act (DMCA) von 1998
Institutionen:
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