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03.02.2003; 21:24 Uhr
Abfrage der Personalausweisnummer doch ausreichend für Jugendschutz im Internet
Strafkammer spricht Provider in Berufung frei - Gesetzliche Regelung ungenügend

Die Abfrage einer Personalausweisnummer genügt möglicherweise doch als Altersnachweis und damit für den erforderlichen Jugendschutz bei jugendgefährdenden Angeboten im Internet. Das Landgericht Düsseldorf (LG) sprach am 31.1.2003 im Berufungsverfahren den Geschäftsführer eines Düsseldorfer Unternehmens frei, der wegen Verbreitung pornografischer Schriften im Internet angeklagt worden war. Das Amtsgericht Neuss (AG) hatte den 42jährigen deshalb im August 2002 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 70 Euro verurteilt. Das LG hob diese Entscheidung nun als rechtsfehlerhaft auf. Die Strafkammer begründete ihr Urteil im wesentlichen damit, dass aus dem Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte (GjSM) nicht klar hervorgehe, wann der dort vorgeschriebenen Alterskontrolle genügt sei. Welche Anforderungen an die vom Gesetz geforderten "technischen Vorkehrungen" zu stellen sei, die eine Verbreitung jugendgefährdender Inhalte an Jugendliche verhindern sollten, habe der Gesetzgeber offen gelassen. Die Entscheidung des LG ist nicht rechtskräftig.

Im Fall hatte das Düsseldorfer Unternehmen im Internet jugendgefährdende Inhalte angeboten. Eine Nutzung des Angebots durch Minderjährige sollte durch Abfrage der Personalausweisnummer verhindert werden, aus der sich verhältnismäßig einfach das Geburtsdatum des Ausweisinhabers ermitteln lässt. Der angeklagte Geschäftsführer hatte sich vor Gericht damit verteidigt, durch die Abfrage der Personalausweisnummer sei sichergestellt gewesen, dass kein Minderjähriger Zugriff auf die Seiten bekommen habe. Einen lückenloser Schutz könne von ihm nicht erwartet werden. In erster Instanz hatte der Geschäftsführer mit dieser Argumentation allerdings keinen Erfolg. Das Gericht schloss sich dort der Auffassung der Staatsanwaltschaft an, dass mit dem verwendeten Verfahren den Belangen des Jugendschutzes nicht ausreichend Rechnung getragen sei. Der Strafrichter meinte, Kinder und Jugendliche könnten sich einfach Zugang zu den Ausweisen ihrer Eltern verschaffen. Außerdem sei es ein Leichtes, sich über das Internet Ausweisnummern oder Anleitungen zum Erstellen brauchbarer Ziffernfolgen zu beschaffen.

Die neue zentrale Kommission für Jugendmedienschutz soll die Alterskontrolle bei jugendgefährdenden Angeboten im Internet schon bald "klar regeln". Das hat der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), vor kurzem angekündigt. Die bisherigen Zugangskontrollen ließen sich zu leicht umgehen. Sie könnten kaum verhindern, dass Kinder und Jugendliche Zugang zu jugendgefährdendem Material erhielten. Der SPD-Politiker erwartet nach eigenen Angaben, dass die Kommission nach Inkrafttreten des neuen Jugendschutzrechts zum April 2003 auch entsprechende Sperrungsverfügungen erlassen wird. "Die Zugangsanbieter fürs Internet müssen dann illegale Angebote herausfiltern", meinte Beck Ende Januar 2003 gegenüber dem "Focus". Falls sich der Ministerpräsident mit seinen Forderungen durchsetzen sollte, müssten die Benutzer von Sexangeboten im Internet in Zukunft ihr Alter möglicherweise gegenüber dem Betreiber durch Einsenden einer Ausweiskopie nachweisen. Branchenvertreter bezeichneten die Forderungen deshalb als "unverhältnismäßig". Der Vorsitzende des Interessenverbands Europäischer Webmaster (IVEW), Torsten Wenzel, warnte, viele Provider würden bei Inkrafttreten entsprechender Regelungen ins Ausland abwandern. Dort sei der Jugendschutz bei weitem nicht so streng wie in Deutschland.

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