Streit um Unterrichtsmaterialien zu "Harry Potter" ist noch nicht zu Ende
Der Streit um die vom Mühlheimer Verlag an der Ruhr herausgegebenen Unterrichtsmaterialien zu den "Harry Potter"-Romanen der britischen Erfolgsschriftstellerin Joanne Rowling ist offenbar noch nicht zu Ende. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAZ) berichtet am 16.2.2003, Rowling und ihr Verlag Time Warner hätten mittlerweile beim Landgericht Hamburg (LG) wie erwartet Klage in der Hauptsache eingereicht. Im einstweiligen Verfügungsverfahren waren die Kläger im vergangenen Jahr vor dem Landgericht Berlin (LG, vgl. ZUM 2003, 60 ff.) und dem Kammergericht (KG) erfolglos geblieben. Im Mittelpunkt des Rechtsstreits steht die Frage, ob die sogenannten "Literaturkarteien" des Verlags an der Ruhr freie Bearbeitungen der "Harry-Potter"-Romane darstellen oder fremde Urheberrechte verletzen. Der Fall hat grundsätzliche Bedeutung. Der Verlag an der Ruhr wird in dem Rechtsstreit vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Börsenverein) und dem ehemaligen Verband der Schulbuchverlage (VdS) unterstützt. Nach der Meldung der "FAZ" erklärten die Kläger nun, dass sie Kinder keineswegs davon abhalten wollten, "Harry Potter" in der Schule zu lesen. Sie wehrten sich aber Fall dagegen, dass in den Schulbüchern unter anderem Kreuzworträtsel, Frage-und-Antwort-Spiele und Zeichnungen zum Ausmalen enthalten sind, die auf den "Harry Potter"-Romanen basierten.
Rowling und Time Warner hatten es dem Verlag an der Ruhr Anfang Juni 2002 durch einstweilige Verfügung untersagen lassen, Literaturkarteien für Bücher aus der "Harry Potter"-Serie zu vervielfältigen oder zu verbreiten. Die Antragsteller warfen dem Verlag vor, gegen Urheber-, Titel- und Markenrechte verstoßen zu haben. Bei den sogenannten Literaturkarteien handele es sich um unfreie Bearbeitungen. Die Handreichungen übernähmen unter anderem Handlungsstränge, Namen und Charaktere von Rowlings Romanen. Für eine freie Bearbeitung fehle es an einer Interpretation oder Analyse der verwendeten Vorlage. Das LG Berlin kam dagegen Anfang Juli 2002 zu dem Schluss, dass es sich bei den Literaturkarteien um freie Bearbeitungen handele. Die Unterrichtsmaterialien knüpften lediglich an einzelne Elemente der Romane an und stellten im übrigen selbstständige geistige Schöpfungen dar. Zum selben Ergebnis kam auch das Gutachten Erdmanns. Der Urheberrechtlicher meint, Bearbeitungen eines literarischen Stoffes dürften lediglich nicht des "Lesegenuss" der Vorlage ersetzen. Die Beschäftigung mit Stoff, Figuren und Namen hingegen sei ebenso erlaubt wie Inhaltsangabe und die Nennung von Kapitelüberschriften. Einzelne Textelemente ständen nicht unter demselben Schutz wie die Fabel einer Erzählung, die nicht einfach nachgebildet werden darf. Die Allgemeinheit erhebe gerade im Bildungsbereich zu Recht den Anspruch, sich in angemessener Weise mit einem zeitgenössischen Werk auseinander zu setzen. Der Auffassung schloss sich Anfang Dezember 2002 auch das KG an.
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