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21.03.2003; 18:58 Uhr
Nordrhein-Westfalen fordert bundesweites Vorgehen gegen rechtsradikale Internetangebote
Nach Bestätigung von Sperrungsverfügung durch Oberverwaltungsgericht Münster

Nach der gerichtlichen Bestätigung mehrerer Sperrungsverfügungen gegen Zugangsanbieter in Nordrhein-Westfalen wegen der Zugänglichmachung rechtsextremistischer ausländischer Internetangebote hat das Bundesland die zuständigen Behörden aufgefordert, bundesweit entschiedener gegen entsprechende Angebote vorzugehen. Der Leiter der Bezirksregierung Düsseldorf, Regierungspräsident Jürgen Büssow, erklärte am 21.3.2003 auf einer Pressekonferenz, man sehe die eigene Rechtsauffassung durch den jüngsten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster (OVG) bestätigt. Nach der Entscheidung könnten die anderen Bundesländer nicht mehr länger untätig bleiben. Büssow kündigte an, die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder werde sich schon bald mit der Frage eines einheitlichen Vorgehens gegen rechtsradikale und rassistische ausländische Internetangebote beschäftigen. Das betreffe auch die Bundesländer Hamburg und Hessen, in dem mit America Online (AOL) und T-Online die beiden größten deutschen Zugangsanbieter ansässig seien. Die beiden Bundesländer hatten sich bisher wegen des laufenden Rechtsstreits in Nordrhein-Westfalen bedeckt gehalten. Das Electronic Commerce Forum (eco), ein Verband der deutschen Internetwirtschaft, warnte unterdessen, den Beschluss des OVG als Bestätigung des Vorgehens der Bezirksregierung zu verstehen. Die Entscheidung sei "kein Freibrief für weitere Sperrungsverfügungen", erklärte der Verband, der bereits angekündigt hat, den Streit notfalls vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klären zu lassen. Kritik am Vorgehen der nordrhein-westfälischen Behörden geäußert hat in der Vergangenheit auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien (BITKOM). Befürwortet haben ein entschiedeneres Vorgehen gegen rechtsradikale ausländische Angebote unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und Bundespräsident Johannes Rau (SPD).

Die Bezirksregierung Düsseldorf hat im Februar 2002 knapp 80 Zugangsanbieter aus Nordrhein-Westfalen dazu verpflichtet, den Zugang zu zwei US-amerikanischen Internetangeboten mit rechtsextremistischem Inhalt zu sperren. Etwa die Hälfte der betroffenen Unternehmen legte gegen diese Anordnung Widerspruch ein. Die Bezirksregierung begann im Juli 2002 trotzdem damit, die Widersprüche zurückzuweisen. Daraufhin erhoben 17 Provider Klage zu den Verwaltungsgerichten. Um die aufschiebende Wirkung der Klagen zu beseitigen, erklärte die Bezirksregierung die Sperrungsverfügungen im September 2002 für sofort vollziehbar. In einigen Fällen wurde der Sofortvollzug von den Verwaltungsgerichten bestätigt, in anderen nicht. Vorerst beendet hat den Streit das OVG, das am 19.3.2003 erklärte, dass die Sperrungsverfügungen vorerst befolgt werden müssten. Zur Begründung führte das OVG aus, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sperrungsverfügung überwiege das Interesse des Zugangsanbieters, der Anordnung bis zur endgültigen Klärung ihrer Rechtmäßigkeit nicht nachkommen zu lassen. Es spreche im Übrigen einiges dafür, dass die Sperrungsverfügungen rechtmäßig gewesen seien. Sie hätten Internetangebote betroffen, die kriegsverherrlichend und volksverhetzend seien, Kennzeichen verfassungswidriger Vereinigungen verwendeten und offensichtlich geeignet seien, Kinder und Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Maßnahmen gegenüber den für die Internetangebote Verantwortlichen in den USA hätten sich als nicht durchführbar beziehungsweise nicht erfolgversprechend erwiesen. Deshalb habe die Bezirksregierung auch die Zugangsanbieter in Anspruch nehmen können. Die Sperrung sei auch technisch möglich und zumutbar. Auch wenn es für viele Internetnutzer möglich sei, die gesperrten Seiten trotz der Sperrung zu erreichen, handele es sich um einen "Schritt in die richtige Richtung" und damit um eine geeignete Maßnahme. Dem verhältnismäßig geringen Aufwand für die Zugangsanbieter stünden schwerwiegende Rechtsgutbeeinträchtigungen durch die gesperrten Internetangebote gegenüber.

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