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02.03.2001; 16:11 Uhr
WM-Rechte für Großbritannien: Kirch-Gruppe erhebt Klage beim EuGH
Medienunternehmen will an Pay-TV verkaufen - Britische Regierung besteht auf Übertragung im Free-TV

Während bei den Übertragungsrechte für die Fußball-WM 2002 und 2006 in Deutschland die Chancen für eine Einigung der Kirch-Gruppe mit ARD und ZFD wieder steigen, hat sich der Streit über die WM-Rechte für Großbritannien verschärft. Nachdem die britische Regierung darauf bestanden hatte, in Großbritannien müssten alle Spiele der WM im frei empfangbaren Fernsehen ("Free-TV") übertragen werden, hat die Kirch-Gruppe mittlerweile beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Klage gegen das Vereinigte Königreich erhoben.

Auslöser war nach einem Bericht des Magazins Focus ein Schreiben des britischen Sportministers Chris Smith an die Kirch-Gruppe, in dem Smith davor warnte, die Übertragungsrechte für die Fußball-WM 2002 und 2006 am das britische Pay-TV zu verkaufen. Das Münchner Medienunternehmen war wegen der WM-Rechte auch in Verhandlungen mit dem britischen Sender BSkyB, der nur mit einem kostenpflichtigen Decoder empfangen werden kann. BSkyB gehört zur Mediengruppe des Unternehmers Rupert Murdoch. Sollte sich die britische Regierung mit ihrer Auffassung durchsetzen, bliebe der Kirch-Gruppe nur die Möglichkeit, die Rechte an frei empfangbare britische Fernsehsender zu veräußern, z. B. die BBC.

Die britische Regierung beruft sich auf den britischen Broadcasting Act von 1996, nach dem "Ereignisse von nationalem Interesse" im frei empfangbaren Fernsehen ausgestrahlt werden müssen. Ereignisse von nationalem Interesse sind nach einer vom zuständigen Secretary of State aufgestellten Liste unter anderem alle Begegnungen bei Fußball-Weltleisterschaften. Die europäische Richtlinie zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (EU-Fernsehrichtlinie) erklärt entsprechende mitgliedsstaatliche Regelungen in seinem § 3a seit 1997 grundsätzlich für zulässig. Die Europäische Kommission (EK) hat die von Großbritannien aufgestellte Liste mit Sport-Großereignissen genehmigt. Trotzdem bestehen nach einem Bericht der British Broadcasting Corporation (BBC) auch im britischen Unterhaus Zweifel an der Vereinbarkeit der britischen Regelungen mit Gemeinschaftsrecht.

Die Kirch-Gruppe hat die europäischen Übertragsungsrechte für die Fußball-WM 2002 und 2006 bereits im Jahr 1996 für 1,7 Milliarden DM vom Weltfußballverband (FIFA) erworben. Im Jahr 1997 wurde durch Änderung der EU-Fernsehrichtlinie erstmals das Recht der EU-Mitgliedsstaaten anerkannt, für nationale Großereignisse die Übertragung im frei empfangbaren Fernsehen vorzuschreiben. Nach Auffassung der Kirch-Gruppe verstößt die britische Rechtslage gegen EU-Wettbewerbsrecht, weil sie zu einem de-facto-Kartell öffentlich-rechtlicher Anbieter führe und Eigentumsrechte verletze.

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