Baden-Württemberg erneuert Forderung nach Beschränkung der Internetangebote von ARD und ZDF
Das Bundesland Baden-Württemberg hat seine Forderung nach einer Beschränkung der Internet-Angebote von ARD und ZDF erneuert. Der baden-württembergische Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) sagte am 9.5.2003 in Baden-Baden auf einem Treffen von südwestdeutschen Zeitungsverlegern, bisher gebe es im Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) "keine wirklich beschränkenden" Vorschriften für die Onlineaktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Teufel schlug eine Neuregelung vor, die sicherstelle, dass ARD und ZDF in Zukunft nur noch "ausschließlich programmbezogene Angebote" im Internet unterhielten. Der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Voß, wies die Forderungen Teufels umgehend zurück. Er erklärte, die ARD übe im Online-Bereich "größte Zurückhaltung". Sie betreibe dort keine Werbung, nehme kein Sponsoring in Anspruch und biete kein E-Commerce an. Gleichzeitig warnte Voß vor einer "Überregulierung, die auf eine Strangulierung hinausläuft" und gegen die sich die ARD wehren werde. Mit Blick auf Baden-Württemberg meinte der SWR-Intendant, das Land habe andere Sorgen, als den öffentlich-rechtlichen Rundfunk "einmal mehr nach Karlsruhe zu treiben".
Der baden-württembergische Staatsminister Christoph Palmer (CDU) hatte bereits im Februar 2002 gefordert, die Internetauftritte von ARD und ZDF sollten auf programmbezogene Angebote beschränkt werden. Eine uferlose Ausweitung des Onlinebereichs sei den Gebührenzahlern nicht länger zuzumuten, meinte der Staatssekretär. Falls die Sender ihre Angebote nicht von sich aus einschränkten, müssten erforderlichenfalls die gesetzlichen Vorgaben im RfStV geändert werden. Vor Palmer hatte im Januar 2002 bereits die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (KEF) gefordert, die ARD müssten Kriterien für die Begrenzung ihrer Onlineaktivitäten entwickeln. Die Kommission warnte, schon aus den Möglichkeiten des Internets ergebe sich "eine Tendenz zur unbegrenzten Ausweitung der Onlineangebote". Dem müsse mit Blick auf die Rundfunkgebühr entgegengewirkt werden. Die Forderungen der KEF decken sich mit denen der Europäischen Kommission (Kommission). Die Brüsseler Behörde hatte schon im Herbst 2001 klargestellt, die EU-Mitgliedsstaaten müssten den Auftrag ihres öffentlich-rechtlichen Rundfunks klar regeln.
Die ARD hat sich im November 2002 in einer "medienpolitischen Standortbestimmung" dazu bekannt, die Möglichkeiten zur Wahrnehmung ihres Programmauftrags im Internet "systematisch ausschöpfen" zu wollen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei verpflichtet, dem Wandel des Informations- und Kommunikationsverhaltens der Gesellschaft bei der Wahrnehmung seines Auftrags zu folgen. Wenn ganze Altersgruppen bereits mit dem Massenmedium Internet aufwüchsen, seien Hörfunk und Fernsehen gefordert, darauf "medienadäquat" zu reagieren. In dem Papier heißt es weiter, der Medienverbund Hörfunk, Fernsehen, Internet sei möglicherweise der einzige Weg, mit einem öffentlich-rechtlichen Programmangebot vor allem die jüngeren, mit dem Internet und anderen schnellen Informations- und Kommunikationsmedien aufwachsenden Generationen zu erreichen. Angesichts der Inhaltevielfalt müsse der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch im Netz Orientierung bieten, schreiben die ARD-Anstalten in ihrer "Online-Strategie". Daher sei es erforderlich, im Internet die Bereiche Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung und damit die ganze Bandbreite des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags widerzuspiegeln, und zwar in derselben Qualität, wie sie für das Hörfunk- und Fernsehprogramm gelte.
Das Strategiepapier der ARD lässt an einigen Stellen aber auch erkennen, dass die Rundfunkanstalten der Kritik an den Internetaktivitäten der Rundfunkanstalten Rechnung tragen. So bekennt es sich ausdrücklich dazu, dass die Onlineangebote "vorwiegend programmbezogen" sein müssten. Hingewiesen wird auch darauf, dass die Internetauftritte der ARD "frei von Werbung und Sponsoring" seien. Im elektronischen Handel wollen sich ARD und Landesrundfunkanstalten überhaupt nicht betätigen. Onlineaktivitäten dürften "nicht über das hinaus gehen, was als Merchandising im klassischen Rundfunk erlaubt" sei, heißt es in dem Papier. Auch letzteres dürfe nicht mit "zielgerichteten Gewinnerwartungen" betrieben werden, sondern lediglich zur Publikumsbindung. Auch zu den ebenfalls umstrittenen Hinweisen in öffentlich-rechtlichen Internetangeboten auf die Seiten kommerzieller Anbieter nimmt die ARD in ihrer Online-Strategie Stellung. In manchen Bereichen, so im Zusammenhang mit Ratgeber-, Service-, Wirtschafts-, Reise- und Koch-Sendungen sei es schwierig, eine scharfe Grenzlinie zu ziehen, weil das Publikum verbraucherorientierte Informationen erwarte. Verknüpfungen seien "Standard" im Netz und erzeugten gerade den Mehrwert von programmbezogenen Mediendiensten. Trotzdem müsse die Abgrenzung zum kommerziellen Bereich "im Bereich des technisch Machbaren" gewährleistet werden.
Dokumente:
- Rede von Erwin Teufel v. 9.5.2003
- Rundfunkstaatsvertrag (RfStV) v. 31.5.1991 i. d. F. d. 5. RfÄndStV v. 6.6.2000
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