mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht
19.05.2003; 18:18 Uhr
US-Filmwirtschaft geht verstärkt gegen Software zum Kopieren von DVDs vor
Anerkennung technischer Schutzmaßnahmen wegen "ewigen Urheberrechtsschutzes" verfassungswidrig?

Nach den umstrittenen Filmtauschbörsen im Internet geht die US-Filmwirtschaft verstärkt gegen die Hersteller von Software zum Kopieren von DVDs vor. Die Hollywood-Studios Paramount und 20th Century Fox beantragten am 15.5.2003 bei einem Bundesgericht in New York eine einstweilige Verfügung, die fünf Unternehmen den Verkauf entsprechender Computerprogramme verbieten soll. Bereits im vergangen Jahr hatten sieben andere Studios, darunter Disney, Metro Goldwyn Mayer, Sony, Universal und Warner vor einem Bundesgericht in San Francisco einen ähnlichen Antrag eingereicht. Vorausgegangen war eine Klage des Softwareherstellers 321 Studios, LLC. gegen die Studios, der gerichtlich die Zulässigkeit seiner Programme feststellen lassen wollte. Die Filmwirtschaft wirft den Anbietern der Kopierprogramme einen Verstoß gegen den Digital Millenium Copyright Act (DMCA) von 1998 vor, der Herstellung und Verbreitung von Mitteln zur Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen urheberrechtlich geschützter Werke untersagt. Beim Kopieren von DVDs kommt es zwangsläufig zu einer solchen Umgehung, weil DVDs regelmäßig mit einem Kopierschutz, dem so genannten "Content Scrambling System" (CSS), ausgeliefert werden. Die Hersteller der Kopierprogramme berufen sich darauf, dass ihre Erzeugnisse Verbrauchern lediglich die Handlungen ermöglichen, die nach US-amerikanischem Urheberrecht in den Bereich des zulässigen so genannten "fair use" fallen, beispielsweise das Herstellen von Sicherungskopien.

Bei dem Verfahren in San Francisco stand vorübergehend die Frage im Mittelpunkt, ob die im DMCA vorgenommene gesetzliche Anerkennung technischer Schutzmaßnahmen möglicherweise gegen die US-Verfassung verstößt. Nach deren Bestimmungen darf der US-Kongress den Urhebern gesetzliche Rechte nur "für begrenzte Zeiträume" ("for limited times") einräumen. Die Hersteller der Kopierprogramme berufen sich darauf, durch die technischen Schutzmaßnahmen werde ein "ewiger Urheberrechtsschutz" möglich. Nach den Buchstaben des Gesetzes dürften technische Schutzmaßnahmen auch dann nicht umgangen werden, wenn der Urheberrechtsschutz für das geschützte Werkstück bereits abgelaufen sei. Das sei unvereinbar mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, nach denen ein Werk ab einem bestimmten Zeitpunkt in den Gemeingebrauch ("public domain") fallen müsse. Die mit dem Fall befasste Bundesrichterin Susan Illston hat bereits angedeutet, dass sie diese Auffassung jedenfalls für bedenkenswert erachtet. Die Filmstudios und die Motion Picture Association of America (MPAA), die dem Rechtsstreit auf Seiten der Studios beigetreten ist, verteidigen sich gegen die Vorwürfe mit dem Hinweis darauf, dass Urheber nicht verpflichtet seien, Werkstücke der Öffentlichkeit in einem ungeschützten Format zur Verfügung zu stellen.

Verfassungsrechtliche Bedenken im Zusammenhang mit der gesetzlichen Anerkennung technischer Schutzmaßnahmen gibt es auch in Deutschland. Ein Softwarehersteller aus Baden-Württemberg hat vor kurzem angekündigt, wegen der entsprechenden, vom Bundestag Anfang April 2003 beschlossenen Regelungen das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe anrufen zu wollen. Das Ulmer Unternehmen, mit dessen Programmen sich der Kopierschutz von DVDs und bestimmten Computerspielen umgehen lässt, befürchtet durch die Urheberrechtsreform eine "Enteignung". Die erheblichen Aufwendungen für die Entwicklung der Kopierprogramme, die daran erworbenen urheberrechtlichen Nutzungsrechte und der Lagerbestand noch nicht ausgelieferter Programmkopien würde wertlos, wenn es bei den geplanten gesetzlichen Regelungen bleibe, beklagt das Softwarehaus. Während das Unternehmen auf Hilfe aus Karlsruhe hofft, haben sich andere Hersteller von Kopierprogrammen inzwischen dazu entschlossen, Deutschland zu verlassen. Bereits Anfang 2002 wurde beispielsweise bekannt, dass die Firma Elaborate Bytes eine Verlagerung ihres Firmensitzes und aller Server in die Schweiz vornimmt. Das ehemals im oberbayerischen Lochhofen ansässige Unternehmen stellt das bekannte Kopierprogramm "CloneCD" her, mit dem unter anderem auch kopiergeschützte Musik-CDs vervielfältigt werden können. Der Gründer von Elaborate Bytes, Oliver Kastl, begründete den Schritt gegenüber der Computerzeitschrift "c't" mit dem in der Schweiz geltenden "entspannten Urheberrecht". Die Gesetze der Eidgenossen würden es dem Unternehmen ermöglichen, das Programm "CloneCD" auch in Zukunft im Internet zum Herunterladen anzubieten.

Dokumente:

Institutionen:

[IUM/jz]

Permanenter Link zu dieser News Nr. 1284:

https://www.urheberrecht.org/news/1284/


Zurück zur Liste


Der kostenlose Service unserer Online-Redaktion.

Das IUM dokumentiert die politischen und rechtlichen Entwicklungen aus dem Bereich des Urheber- und Medienrechts und gibt einen tagesaktuellen Newsletter heraus. Dieser informiert über neue Gerichtsentscheidungen und laufende Gesetzgebungsverfahren und ist dabei dem Gebot strikter Neutralität verpflichtet. Fördermitglieder erhalten den Newsletter vorab per E-Mail. Sein Inhalt wird hier dokumentiert.

Hier können Sie sich für den IUM Newsletter anmelden!

Gerne schicken wir Ihnen auch alle aktuellen Informationen per Mail.