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04.06.2003; 16:17 Uhr
US-Gericht erklärt Abgabebeschränkungen für Videospiele für verfassungswidrig
"Vom Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt"

Ein US-Berufungsgericht hat eine kommunale Regelung für verfassungswidrig erklärt, die die Abgabe von Computerspielen mit gewalttätigen oder sexuellen Darstellungen an Minderjährige einschränkte. Der U.S. Court of Appeals für den 8. Rechtsprechungskreis in St. Louis entschied am 3.6.2003, eine Verordnung des St. Louis County Council aus dem Jahr 2000, die die Überlassung entsprechender Spielesoftware an Jugendliche bis 16 Jahren nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten erlaubte, verstoße gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung (Az. 02-3010). Der behauptete schädliche Einfluss gewalttätiger Computerspiele auf die psychische Gesundheit von Minderjährigen sei vor Gericht nicht bewiesen worden. Eine abweichende Entscheidung eines US-Bezirksgerichts, das die Verordnung im April 2002 bestätigt hatte, hob das Berufungsgericht auf. Vertreter von Einzelhandel und Softwareherstellern, die gerichtlich gegen die Verordnung vorgegangen waren, begrüßten die Entscheidung.

Die strittige Verordnung des St. Louis County Council war nach mehreren blutigen Amokläufen an US-Schulen erlassen worden, die mit gewalttätigen Computerspielen in Verbindung gebracht worden waren. Die Regelungen traten nie in Kraft, weil Softwareindustrie und Einzelhändler unmittelbar nach Verabschiedung der Verordnung vor Gericht gezogen waren. Das erstbefasste US-Bezirksgericht war nach Untersuchung von vier Programmen, darunter dem bekannten Computerspiel "Doom", zum Schluss gekommen, dass die Software keine Äußerungen enthalte, die als Meinungsäußerung ("speech") gelten könnten. Das Berufungsgericht stellte sich dieser Auffassung in seiner Entscheidung entgegen. Auf die Frage, ob gewalttätige Computerspiele in irgendeiner Weise zu gesellschaftlichen Belangen beitrügen, dürfe es nicht ankommen. Nach dem ersten Zusatz zur US-Verfassung käme die Software in den Genuß des gleichen Schutzes wie hohe Literatur, erklärten die Richter.

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